Rhein-Sieg-Kreis – Ein Busfahrer bei der kreiseigenen RSVG startet mit 2059 Euro Einstiegsgehalt im Monat. Er wird nach dem Tarifvertrag Nahverkehr („Verdi-Tarif“) bezahlt. Nach 17 Jahren kommt er auf 2623 Euro brutto monatlich. Viele seiner Busfahrer-Kollegen im Kreisgebiet bekommen aber weniger. Nämlich in der ersten Stufe 1975 Euro und frühestens nach zwei, spätestens nach sechs Jahren nur 2014 Euro. Und das dann berufslebenslang.
So steht es im Tarifvertrag für private Omnibusunternehmen, falls sie nicht eigene Haustarife haben. Diese Firmen bedienen im Auftrag der RSVG nach Fahrkilometern immerhin 45 Prozent des RSVG-Netzes. Doch die Bezahlung soll sich ab Februar 2013 landesweit ändern. Auch im Rhein-Sieg-Kreis wird das Millionen zusätzlich kosten.
Gleicher Lohn für gleiche Arbeit, entschied gestern NRW-Arbeitsminister Guntram Schneider, dass alle im öffentlichen Nahverkehr eingesetzten Busfahrer nach dem höheren Verdi-Tarif bezahlt werden müssen. Was Fahrer freut, macht Arbeitgebern Sorge (siehe Seite 5). Abseits des moralischen Anspruchs hat das arge finanzielle Folgen, die nun im Siegburger Kreishaus mitten in die Aufstellung des Entwurfs für den Doppelhaushalt 2013/2014 des Kreises platzen. Ohnehin schon ist der Öffentliche Nahverkehr im Kreis mit einem hohen Defizit belastet, 2012 allein mit 23,6 Millionen Euro. Die Zahl dürfte steigen. Die Kreispolitiker müssen überlegen, wie sie damit umgehen. Denn höhere Fahrpreise für Bus und Bahn oder Streichungen im Busangebot kommen bei den Fahrgästen nicht gut an.
Auf Seite 356 im laufenden Kreishaushalt 2012 steht allein für die im rechtsrheinischen Kreisgebiet verkehrende RSVG (Rhein-Sieg-Verkehrsgesellschaft) ein Defizit von 13,4 Millionen Euro. Auf Anfrage befürchtet deren Geschäftsführer Bernd Lescrinier, dieses Defizit könne durch die angekündigte Änderung um bis zu drei Millionen Euro steigen. Was bei den anderen draufkommt, ist noch unklar. Die anderen, das sind die SSB, Betreiber der Stadtbahnlinie 66 Siegburg–Bonn, die 2012 ein Defizit von 4,3 Millionen einfährt, die RVK (Regionalverkehr Köln), die im linksrheinischen Kreisgebiet fährt und mit 3,5 Millionen Minus veranschlagt ist, sowie die KVB (Kölner Verkehrs Betriebe), die mit den Stadtbahnlinien 16 und 18 im linksrheinischen Kreis zwischen Köln und Bonn fahren. Macht zusammen 23,6 Millionen Miese. Bezahlt wird das über die ÖPNV-Umlage ungefähr zur Hälfte von den ohnehin gebeutelten 19 Städten und Gemeinden sowie vom Kreis.
Noch einmal zurück zur RSVG. Die hat nicht nur Subunternehmen beauftragt, sondern auch Töchter mit nach Haustarifen geringer bezahlten Busfahrern. Die Situation: Die RSVG hat aktuell 113 Busfahrer im Verdi-Tarif. Ihre Tochter RBV (Rheinischen Busverkehrsgesellschaft), die 2004 die RVK-Fahrer aus dem Rechtsrheinischen übernahm, hat 50 Fahrer, die 16 Prozent weniger als im Verdi-Tarif verdienen. Die zweite Tochter BBV (Bus- und Bahnverkehrsgesellschaft) hat 130 Fahrer, die 25 Prozent weniger verdienen. Gegründet wurden Bus-Töchter vielerorts im Rheinland, weil Franzosen, Engländer und Skandinavier mit Billig-Mitarbeitern und Billigangeboten auf den Markt drängen. Ein Wettbewerb wie bei den Billigfliegern. Nach Lage der Dinge müsste die Auslandskonkurrenz in NRW dann ebenfalls den Verdi-Tarif zahlen.