Mut-Tour in SiegburgMenschen mit und ohne Depressionen radeln durch Deutschland

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Die Mut-Tour machte Station in Siegburg. 

Siegburg – „Wir zeigen uns und haben den Mut, hier zu sein“, Herbert Ritter und Jürgen Trösken sind am Morgen in Wesseling los geradelt und am Nachmittag in der Kreisstadt angekommen. Sie sind Teilnehmer der Mut-Tour 2022.

Zum zehnten Mal sind hunderte Menschen mit und ohne Depressionserfahrung in Deutschland unterwegs. Jeweils drei Tandem-Teams sind in zwölf Etappen vom 18. Juni bis zum 10. September dabei. Dazu kommen drei Wander-Etappen. In Siegburg waren auch Gäste dabei, so eine Rikscha von „Radeln ohne Alter“ aus Bonn.

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Herbert Ritter (l.) und Jürgen Trösken sprechen über ihre Depressionserfahrungen. 

Ritter aus Erlangen und Trösken aus Bochum sind in Nordrhein-Westfalen dabei, 250 Kilometer von Duisburg bis Siegen. Beide haben selbst an Depressionen gelitten, sind aber im Moment nicht akut erkrankt. Beide sind in Selbsthilfegruppen aktiv und geben ihre eigenen Erfahrungen an andere weiter.

„Beruflich angestellt und depressiv zu sein, das ist ein schwieriges Thema“, sagte Trösken, der durch seine Erkrankung im Job als Maschinenbautechniker Rückschläge hat erleben müssen. „Das Thema wird aber immer mehr erkannt und anerkannt“, ergänzte Ritter.

„Wir sind vor allem Mutspender“, erklärten sie beide. Denn es gehöre schon Mut dazu, sich die Krankheit einzugestehen, sie zu äußern. Das indes ist der erste und wichtigste Schritt. „Ich bin krank, ich brauche Hilfe“, diese Selbsterkenntnis sei der Anfang. Gerade Männer täten sich schwer, sie versteckten sich öfter.

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Die Radler zeigen auf ihrer Kleidung, wofür sie stehen. 

„Es gibt ein Besserwerden für die, die sich dazu bereit finden“, so Ritter. „Lasst euch helfen, es gibt viele Möglichkeiten.“ Behandlung und Selbstfürsorge können zu einem guten Leben mit der Krankheit führen. „Das sind ja Dinge, die in einem verborgen sind“, beschrieb Trösken das Besondere an psychischen Erkrankungen.

Therapeuten und Selbsthilfegruppen würden helfen beim Sich-Eingestehen. Sie stabilisieren und geben Sicherheit sowie Zukunft, denn: „Du bist nicht allein. Depression ist behandelbar, sie hat viele Gesichter und äußert sich ganz unterschiedlich“, meinte Ritter.

Das Spektrum der Erkrankungen ist groß

Alters- und Einsamkeitsdepressionen, Arbeitsübereifer, der im Burnout gipfelt, bipolare Störungen – das Spektrum der Erkrankungen sei groß. In diesem Jahr steht insbesondere die Auseinandersetzung mit der Perspektive der Angehörigen von Menschen mit psychischen Erkrankungen im Fokus.

„Die stehen vor einem großen Berg und müssen einen Umgang finden mit den Depressiven“, wies Ritter auf den Schwerpunkt der diesjährigen Tour hin. „Es geht darum, wieder ein möglichst normales Leben zu finden so wie vor der Erkrankung.“

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Die Tandems sind mit Informationsmaterial bestückt. 

Ganz wichtig sei die Integration der Erkrankten, sie dürften nicht allein gelassen werden. „Es ist gut, unterwegs zu sein“, freute sich Trösken. „Wir werden angesprochen und machen Öffentlichkeitsarbeit.“

Eine Woche sind sie mit Gleichgesinnten zusammen, lernen sich kennen und können offen sprechen. „Wir erleben ganz oft, wie viele Menschen in Deutschland depressiv sind. Wir können nur jedem empfehlen, die Mut-Tour mal mitzumachen.“

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Sebastian Burger organisiert die Aktion, die von DAK und Barmer, der Deutschen Rentenversicherung, dem Landschaftsverband Rheinland, der Aktion Mensch und mehreren Stiftungen finanziert wird.

Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer leisten mit ihrer Öffentlichkeitsarbeit den notwendigen Eigenanteil für die Finanzierung. Nicht allein zum Geldsparen, sondern auch für die Selbstwirksamkeit wird gezeltet, gerne auf Wiesen und Feldern. Burger sucht stets Teilnehmende, um das Thema voranzubringen.

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