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Veranstalter geben aufDie Kirmes auf dem Siegburger Stallberg ist nach 70 Jahren Geschichte

Lesezeit 4 Minuten
Nach 70 Jahren gibt es keine Kirmes in Siegburg-Stallberg mehr, zuletzt wurde 2023 gefeiert

Nach 70 Jahren gibt es keine Kirmes in Siegburg-Stallberg mehr, zuletzt wurde 2023 gefeiert

Das Kirmes-Geloog tat sich schwer Nachwuchs für die Fortführung des Fests zu finden und wirft der Stadt mangelnde Unterstützung vor.

Zum 70. Mal sollte eigentlich in diesem Jahr auf dem Siegburger Stallberg Kirmes gefeiert werden, doch daraus wird nichts mehr: „Wir haben fertig, leider“, teilt Marc Demmer mit, der erste Vorsitzende des Kirmes-Geloogs Siegburg Stallberg, das zuletzt die Regie bei der beliebten Traditionsveranstaltung innehatte.  

Nach 70 Jahren und 67 Veranstaltungen werde es keine Kirmes mehr geben. Zweimal war das Fest wegen Corona ausgefallen. Im vergangenen Jahr hatte das Geloog die Kirmes abgesagt, nachdem ein elf Jahre alter Realschüler vom Stallberg bei einem Unfall auf der Zeithstraße ums Leben gekommen war.

Energie ging in den letzten fünf Jahren aus

„Trotz jahrelangen Anfragen, Aufforderungen und Animationen ist es uns leider nicht gelungen, für Nachfolger zu sorgen. Die Energie ist uns in den letzten fünf Jahren ausgegangen“, so Demmer weiter.  Man habe versucht, mit einem Veranstalter und durch Kooperationen weiterzumachen, damit aber keinen Erfolg gehabt. Gleichwohl hätten Sponsoren und Unterstützer das Geloog nie hängengelassen.

Marc Demmer, erster Vorsitzender des Kirmes-Geloogs Siegburg Stallberg

Marc Demmer, erster Vorsitzender des Kirmes-Geloogs, bei der letzten Auflage des Fests 2023.

Vorwürfe erhebt Demmer gegenüber der Kreisstadt. „Seit Jahren haben wir versucht, einen festen Stromanschluss auf dem Stallberg, um die jährliche Auf- und Abbaupauschale von rund 2500 Euro einzusparen.“ In anderen Stadteilen gebe es solche Anschlüsse. Mit nicht nachvollziehbaren Aussagen, angeblich durch den Energieversorger, habe man diesen Anschluss verwehrt.

Stadt ließ Nutzung des Pfarrer-Rupprecht-Saals nicht zu

Den Pfarrer-Rupprecht-Saal neben der Kirche habe man für die Dauer der Kirmes nicht anmieten dürfen, da das Gebäudemanagement der Stadt Siegburg „Verwüstung und Zerstörung der Einrichtung befürchtete“.  Demmer hält dem entgegen, dass jährlich eine Haftpflichtversicherung mit einer Deckung von einer Million Euro für Sachschäden abgeschlossen werde. So habe man jedes Jahr für 1200 Euro Toilettenwagen mieten müssen, während der Saal nur 400 Euro Miete koste. 

„Das Aus für die Stallberger Kirmes ist bedauerlich, weil ein Stück Veedelskultur verlorengeht“, sagt Stadtsprecher Jan Gerull auf Anfrage dieser Zeitung. Die Aussagen der verbliebenen Organisatoren zeigten einmal mehr, welche Manpower vonnöten sei, um dem Stadtteil ein Feierwochenende zu bescheren. Umso bedauerlicher sei es aber, dass die Verantwortlichen im Vorfeld nicht mit der städtischen Ehrenamtsbeauftragten oder dem Bürgermeisterbüro Kontakt aufgenommen hätten.

Tambourscorps „In Treue Fest“

Auf die Unterstützung durch das Tambourcorps „In Treue Fest“ konnte sich das Kirmes Geloog verlassen.

Gespräche zum Stromanschluss mit den Vertretern aus den Stadtteilen liefen seit mindestens sechs Jahren, teilt Gerull weiter mit. An drei Standorten seien in den vergangenen Jahren nach und nach Anschlüsse entstanden. „Bislang war der Stallberg nicht dabei, was nicht heißt, dass dies in Zukunft so bleiben muss“, so der Stadtsprecher, der aber darauf aufmerksam macht, dass die Anschlüsse nicht ausreichten, um größere Fahrgeschäfte wie Autoscooter zu betreiben. „Es muss immer eine mobile Stromzufuhr zugekauft werden.“

Dass der Pfarrer-Rupprecht-Saal nicht genutzt werden durfte, bestätigt Gerull: „Wir haben einen Vertrag mit einer in der Vereinswelt bestens vernetzten Person, die als Betreiber des Gemeinschaftshauses fungiert. Beide Seiten, die Stadt und ihr Vertragspartner, haben in der Vergangenheit tatsächlich davon abgesehen, die sanitären Anlagen zur Kirmes aufzuschließen, da hohe Folgekosten für Reinigung und gegebenenfalls Instandsetzung befürchtet wurden.“

Die Stadt sei über den Bauhof massiv im Siegburger Brauchtum involviert und helfe, wo sie könne. Gerull nennt als Beispiel den Einsatz zur anstehenden Wolsdorfer Kirmes vom 13. bis 15. Juni, dazu kämen die Martins- und die Karnevalszüge. „Von Absperrlogistik bis Abfallbeseitigung – es gibt kaum ein Wochenende ohne Arbeitsstunden für die Vereinswelt.“

Zugezogene beschwerten sich über Einschränkung durch die Kirmes

Demmer moniert jedoch auch, dass in den vergangenen Jahren immer wieder Zugezogene und Anwohner über die Einschränkungen durch die Absperrungen für die Kirmes, den umgeleiteten Verkehr und Lärmbelästigungen über drei Tage beschwert hätten. „So ist das leider heute in Deutschland. Feiern wollen alle, aber niemand will helfen!“ 


Im Mittelpunkt der Kirmes stand die Kirche St. Mariä Empfängnis mit ihrer markanten Betonästhetik, die am 20. Juli 1974 eingesegnet wurde. Zuvor hatte es seit 1955 eine Notkirche gegeben, die heute als der erwähnte Pfarrer-Rupprecht-Saal genutzt wird.

Die heutige Kirche beschreibt die Pfarrgemeinde Sankt Servatius auf ihrer Homepage als „imposantes sakrales Bauwerk – modern und zeitlos zugleich“. Direkt an dem großen Verkehrskreisel gelegen, befinde sie sich im Mittelpunkt aller Straßen- und Wegschnittlinien auf dem Stallberg.

Denkmalpflegeplan für Siegburg, erhaltenswert ist die Kirche St. Mariä Empfängnis an der Kaldauer Straße auf dem Stallberg

Denkmalpflegeplan für Siegburg, erhaltenswert ist die Kirche St. Mariä Empfängnis an der Kaldauer Straße auf dem Stallberg

Sie habe Ähnlichkeit mit einer Felsformation und versinnbildliche „das Haus Gottes als ‚Felsen‘ in einer immer deutlicher positionierten säkularen Umgebung“, so der Verfasser des Beitrags Konrad Roth. Im Inneren werde das Tageslicht in asymmetrischen Lichtspalten aufgefangen und eingestrahlt, wobei Farbglaselemente die „wunderbare Brotvermehrung“ als Motiv aufgreifen.