Antworten zur RheinspangeWorum es bei der geplanten Autobahnverbindung in Kölns Süden geht

Lesezeit 6 Minuten
Ein Luftbild zeigt den Rhein bei Wesseling. Am Fluss befinden sich zahlreiche Industrieanlagen, unter anderem von Shell.

Ein Tunnel soll Wesseling und Niederkassel zukünftig verbinden.

Am Dienstag hat sich die Autobahn GmbH Rheinland für eine Tunnel-Variante der Rheinspange entschieden. Wir erklären, wie es jetzt weiter geht.

Der Süden von Köln ist geprägt von vielen Verkehrsknotenpunkten, die jeden Tag stark genutzt werden. Dort bündeln sich Autobahnen wie die A4, A1, A59 und A555.

Im Zuge des Bundesverkehrswegeplans ist 2016 beschlossen worden, dass es hier eine Verbindung der viel befahrenen Autobahnen A555 und A59 geben soll, damit die Bonner und Kölner Brücken entlastet werden und der Verkehr insgesamt besser fließt. Staus sollen so vermieden werden, der Verkehr um die Ballungsräume Köln und Bonn entzerrt. Nach langen Planungen und Überprüfungen von möglichen Streckenverläufen wurde jetzt eine Entscheidung getroffen. Doch was bedeutet das eigentlich?

Was ist die Rheinspange?

Die „Rheinspange“ ist eine geplante Verbindung zwischen der rechtsrheinischen A59 und der linksrheinischen A555 im Süden von Köln bei Godorf, Wesseling, Bornheim und auf der anderen Rheinseite bei Niederkassel. Auch eine neue Rheinquerung soll beim Bau der Autobahnverbindung entstehen.

2016 wurde der Bundesverkehrswegeplan vom Bundestag beschlossen, in dem die umstrittene Autobahnverbindung zwischen der linksrheinischen A555 und der rechtsrheinischen A59 mit dem Zusatz „vordringlicher Bedarf“ aufgeführt wird. Nach den Mitgliedern des für das Bauvorhaben eigens geschaffenen Dialogforums hat die Autobahn GmbH des Bundes am Mittwoch auch die Öffentlichkeit darüber informiert, dass bei dem Milliardenprojekt die Vorzugsvariante „V6aT“ gebaut werden soll.

Die Verbindung der beiden Autobahnen soll die Verkehrssituation am Knotenpunkt entspannen, die Fahrzeiten verkürzen und die Kölner und Bonner Rheinbrücken entlasten. Verantwortlich für die Planung und Konzeption ist die Autobahn GmbH Rheinland.

Worüber wird gestritten?

Die Rheinspange ist vor allem bei den betroffenen Kommunen wie Wesseling, Bornheim und Niederkassel höchst umstritten, wo die Verbindung mit einer Brücke oder einem Tunnel entstehen sollte. Anwohner wehrten sich gegen die möglichen Varianten, weil sie dadurch einen zu großen Einschnitt in ihrem Wohngebiet befürchteten und teils nach wie vor befürchten – einerseits durch mehr Lärm und Verkehr, andererseits durch möglicherweise notwendige Umsiedlung. Für eine Brückenlösung bei Wesseling-Urfeld hätten etwa Wohnhäuser abgerissen werden müssen.

Auch Umwelt- und Naturschützer sehen die Rheinspange grundsätzlich kritisch, weil Umwelt und Natur bei fortschreitender Klimaerwärmung sowieso zu wenig Beachtung fänden und die Verkehrswende so nicht aussehen könne. Sie bezeichneten die Planungen als aus der Zeit gefallen und hinderlich für Erreichung der Klimaschutzziele. Viele Initiativen, die sich gegen die Planungen der Rheinspange organisierten, plädierten zum Beispiel auch für eine sogenannte Nulllösung. In diesem Fall hätte es gar keine Rheinspange gegeben. Diese Entscheidung war jedoch relativ unwahrscheinlich.

Rheinspange 553: Wie wurde jetzt entschieden?

Nach Abwägung verschiedener möglicher Trassenführungen, also Wegführungen für die Rheinspange, hat die Autobahn GmbH Rheinland am Dienstagabend im Dialogforum zum Projekt „Rheinspange 553“ die Vorzugsvariante für den Trassenverlauf verkündet: Es soll doch keine Brücke werden, sondern ein Tunnel. Der Tunnel soll die beiden Flussseiten am Industriegebiet von Wesseling-Urfeld und auf der anderen Rheinseite bei Niederkassel verbinden.

Wie lang soll der Tunnel werden? Wie teuer wird das Projekt?

Die Trasse soll insgesamt etwa 7,9 Kilometer lang werden, drei Kilometer davon führen durch den Tunnel. Etwa acht Jahre soll die Bauzeit nach den ersten Schätzungen dauern und die Kosten belaufen sich auf etwa 1,145 Milliarden Euro.

Die jetzt vorgestellte Trasse geht nun zur Linienbestimmung an das Fernstraßen-Bundesamt, ein Verfahren, bei dem die Bürgerinnen und Bürger Stellungnahmen abgeben können. Ist die Linie bestimmt, beginnt die Entwurfsplanung und dann ein förmliches Planfeststellungsverfahren.

Welche Orte sind von der Entscheidung betroffen?

Betroffen von der Entscheidung sind vor allem die beiden Städte Wesseling und Niederkassel, denn der Eingang zum Tunnel und die Verbindung zu den jeweiligen Autobahnen A555 und A59 befinden sich in ihren Einzugsgebieten.

Die A555 durchquert bereits jetzt die Stadt Wesseling, dort soll auch an der Anschlussstelle Wesseling die Rheinspange laut Planung anknüpfen. Von dort führt sie dann in Richtung Rhein, wo sie zwischen dem Stadtteil Urfeld und dem Shell-Gelände in einen Tunnel führen werde. Auf der anderen Seite des Flusses soll der Tunnel im Bereich des Kreisels der L269 nordöstlich von Niederkassel herauskommen. Darüber hinaus führt die Trasse zwischen Köln-Libur und Niederkassel-Uckendorf nach Westen zu einer Anschlussstelle am Liburer Weg und verbindet sich dann auf Höhe der Spicher Seen mit der A59. 

Der exakte Verlauf der Trasse steht allerdings noch nicht fest. Er muss nun in einem nächsten Schritt im Linienbestimmungsverfahren ermittelt werden.

Welche Alternativen wurden vorher diskutiert?

Insgesamt hat die Autobahn GmbH zwölf Vorzugsvarianten für die mögliche Trassenführung, also den Streckenverlauf, der Rheinspange überprüft. Dabei gab es viele unterschiedliche Streckenmöglichkeiten, beispielsweise aus Köln-Godorf entlang der derzeitigen Kerkrader Straße mit einer Verbindungsstelle an die A59 bei Köln-Libur.

Ein Gutachten zur Überprüfung dieser Variante, genannt Variante 4B, beschied jedoch, dass die Strecke dort zu nah an den chemischen Betrieben entlangführen würde. Auch eine Brückenvariante der Rheinspange zwischen Urfeld und Niederkassel wurde überprüft, jedoch nun zugunsten der Tunnelvariante aufgegeben.

Was sagen Gegner und Befürworter?

Der Bund für Umwelt- und Naturschutz (BUND) Rhein-Sieg bezeichnet die nun ausgewählte Tunnelvariante „V6aT“ als „Planungsdesaster“. Wie der Verein mitteilt, sei die Planung der Rheinspange nicht eingestellt worden, „obwohl laut Umweltverträglichkeitsprüfung alle Varianten der Rheinspange eine extrem hohe Störung der verschiedenen Schutzgüter bewirken“.

Die Baukosten der Rheinspange seien unkalkulierbar und auch die weiter steigenden Energiekosten seien noch nicht eingepreist. Die Planung sei insgesamt nicht zielführend. Eine Anschlussstelle bei Libur zu bauen, „würde zu einer völligen Umkehrung der lokalen Verkehrsflüsse führen und die umliegenden Orte massiv zusätzlich mit Verkehr belasten.“

Das befürchten auch Anwohner des Ortsteils Urfeld in Wesseling. „Es ist nicht so schlimm, wie es für Urfeld hätte kommen können“, sagt der Ortsbürgermeister Manfred Rothermund (CDU). „Eine Tunnellage ist halbwegs verträglich.“ Dennoch seien aktuell die geplanten Schallschutzmaßnahmen in dem Bereich nicht ausreichend.

Die CDU-Fraktion im Regionalrat begrüßt jedoch die Entscheidung. „Die heute vorgestellte Tunnel-Lösung als Vorzugsvariante der geplanten Rheinspange 553 zwischen der A555 und A59 ist ein wichtiges und notwendiges Signal für die verkehrliche Infrastruktur entlang der Rheinschiene und der gesamten Region“, sagt der Fraktionsvorsitzende der CDU-Fraktion im Regionalrat Köln, Stefan Götz.

Die Metropolregion Rheinland sei geprägt durch ein tägliches hohes Verkehrsaufkommen, vor allem auch an den Verkehrsknotenpunkten Köln und Bonn. Die Region rund um die beiden Städte wachse stetig weiter. „Um weiterhin in der wirtschaftlichen Erfolgsspur zu bleiben ist die Metropolregion Rheinland zwischen der linken und rechten Rheinseite auf leistungsfähige Rheinquerungen zwingend angewiesen“, sagt Paul Hebbel, Vorsitzender der Verkehrskommission des Regionalrats Köln.

Wie geht es jetzt weiter?

Die erste Planungsphase, die sogenannte Vorplanung, wurde mit der Ermittlung der Vorzugsvariante jetzt abgeschlossen. Nun folgt das Verwaltungsverfahren zur Linienbestimmung beim Fernstraßen-Bundesamt. Dabei darf die Öffentlichkeit die Unterlagen einsehen und Stellungnahmen abgeben.

Danach wird die Vorzugsvariante zu einem Vorentwurf ausgearbeitet, der als Grundlage für die Genehmigungsplanung und Planfeststellung dient. Dabei können auch Öffentlichkeit und Umwelt- und Naturschutzverbände sowie die sogenannten Träger öffentlicher Belange Stellung nehmen. Nach Abschluss der Planfeststellung kann mit der Ausführungsplanung und dem Bau der Rheinspange begonnen werden.

Am Donnerstag, 16. März, veranstaltet die Autobahn GmbH einen virtuellen Bürgerdialog, bei dem Bürgerinnen und Bürger die Möglichkeit haben, noch offen gebliebene Frage zu stellen. 

Rundschau abonnieren