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1. FC KölnDie Philosophie des Fußballs kann schmerzen

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FC-Cheftrainer Lukas Kwasniok kann es nicht glauben, dass sein Team gegen St. Pauli nicht gewinnen konnte.

FC-Cheftrainer Lukas Kwasniok kann es nicht glauben, dass sein Team gegen St. Pauli nicht gewinnen konnte.

Das unglückliche 1:1 am Samstag beschäftigte den 1. FC Köln nachhaltig, auch mit Blick auf die Bundesliga-Tabelle.

Der Versuch sich und sein Team mit der Philosophie des Fußballs zu trösten war aller Ehren wert. So wirklich wollte der Ausflug von Trainer Lukas Kwasniok in die Besonderheiten des Spiels aber nicht funktionieren. Der Frust beim 1. FC Köln nach dem 1:1 (0:0) gegen den FC St. Pauli saß einfach zu tief. Und zurecht, denn wer in der letzten Sekunde des Spiels mit dem einzigen Torschuss des Gegners um einen verdienten Sieg   gebracht wird, darf sich nicht nur ärgern, er muss es mit Blick auf die Tabelle der Fußball-Bundesliga nach dem 13. Spieltag der Saison 2025/26 tun.

Das Klassement weist die Geißböcke mit 16 Punkten als Neunten aus. Bravourös für einen Aufsteiger, der mit dem Ziel Klassenerhalt in die Saison gestartet ist. Allerdings war das Remis gegen die Kiezkicker bereits das vierte sieglose Spiel des FC hintereinander und die Konkurrenz im unteren Tabellendrittel fängt an zu punkten — wie von Kwasniok vor Wochen angekündigt. Der Vorsprung auf den FC Heidenheim und Relegationsplatz 16 ist seit Samstag auf fünf Punkte geschmolzen.

Es gab also Grund für das Kölner Lager, niedergeschlagen zu sein nach dem Last-Minute-Treffer von Ricky-Jade Jones in seinem ersten Bundesligaspiel. Der 23-jährige Engländer, der sich nach seinem Wechsel im Sommer von Drittligist Peterborough nach Hamburg schwer an der Schulter verletzt hatte, war nach 68 Minuten eingewechselt worden und hatte mit dem einzigen Abschluss der Gäste per 45.000 FC-Fans zum Verstummen gebracht (90.+4).

Eine Aktion, zack-bum steht es 1:1.
Lukas Kwasniok, Trainer 1. FC Köln

Ein Tor, das sich in keiner Weise angekündigt hatte und das durch einen Ausrutscher von FC-Keeper Marvin Schwäbe begünstigt wurde. „Ich kriege 90 Minuten keinen Schuss aufs Tor, habe die längsten Stollen auf dem Schuh, die es gibt, und am Ende rutsche ich ausgerechnet in diesem Scheißmoment weg. Ich hätte den relativ entspannt gehalten“, sagte der Kölner Kapitän mit dem Wissen, nichts mehr an diesem Unglück verändern zu können.

„Das passiert, so ist der Fußball. Im Basketball oder Handball rutschst du nicht so entscheidend weg und gewinnst ein Spiel, wenn du die bessere Mannschaft bist“, startete Lukas Kwasniok seine Philosophiestunde. „Das ist im Fußball nicht so. Deshalb ist er so unberechenbar und begeisternd. Eine Aktion, zack-bum steht es 1:1. Ich fühle mich bescheiden, wie alle Kölner im Stadion, werde aber Fußballfan bleiben“, sagte der FC-Coach.

Kwasniok Matchplan für das wichtige Spiel gegen den mit neun Niederlagen am Stück nach Müngersdorf gereisten Tabellenvorletzten war eigentlich voll aufgegangen. Der 44-Jährige hatte auf Kosten von attraktivem „Hauruck-Fußball“ auf defensive Stabilität und Nadelstiche nach vorne gesetzt. Auch die Idee, seinen Kollegen Alexander Blessin damit zu überraschen, Said El Mala von links ins Zentrum zu ziehen, zündete grundsätzlich.

Said El Mala funktioniert auch im Zentrum

Der 19-Jährige hatte in der ersten Hälfte zwei Großchancen (8./21.) und erzielte aus seiner ungewohnten Position   heraus per Konter den hochverdienten Führungstreffer (51.).   „Wenn der Gegner hinten mit fünf spielt, muss Said von links erstmal einen ausdribbeln und dann noch einen Abschluss oder Mitspieler finden. Im Zentrum ist die Wahrscheinlichkeit höher, dass er durch Laufduelle in die Situationen kommt und er hatte in Hälfte eins auch zwei Momente“, erklärte Kwasniok und kündigte an, sich auch künftig nicht festzulegen: „Das macht uns unberechenbarer und Said auf Strecke besser, weil er sich dann auch in den Zwischenräumen bewegt.“

Die Kölner waren mit Eric Martel im Zentrum der Dreierkette darauf bedacht, sich nicht wie beim 1:3 in Gladbach Konter zu fangen. Auch das Verteidigen der gegnerischen   Standards funktionierte im Vergleich zu den bereits zwölf Gegentoren in dieser Saison nach ruhenden Bällen. Am Samstag ging es sogar so weit, dass der FC einen Freistoß von Mathias Pereira Lage so gut abwehrte, dass ein Befreiungsschlag von Luca Waldschmidt El Malas 1:0 vorbereite. Die Startelf-Rückkehr des Technikers mit dem feinen linken Fuß war eine weitere von Kwasnioks Maßnahmen, die funktionierte.

Das waren eher Schweißperlen, die da runtergetropft sind.
Lukas Kwasniok, Trainer 1. FC Köln

Dass es trotzdem am Ende für den FC nicht zum dritten Heimsieg der Saison reichte, lag nach Ansicht des Trainers daran, dass Waldschmidt (79.) sowie die eingewechselten Ragnar Ache und Florian Kainz (90.+2) das 2:0 liegen ließen und eben an der Philosophie des Spiels: „Die Stadien sind auch voll, weil die bessere Mannschaft das Spiel nicht ausmachen und die andere dann eben auch zurückschlagen kann. Auch in der letzten Sekunde, wenn rein gar nichts darauf hindeutet“, sagte Lukas Kwasniok.

Bis zu seinem Premieren-Auftritt im Aktuellen Sportstudio des ZDF am Samstagabend ging es dem Coach nach dem unglücklichen und unverdienten Remis nicht allzu gut. Aber auch nicht so schlecht, wie es ihm TV-Bilder unterstellen wollten. Als Kwasniok sich nach dem Schlusspfiff mit der Hand über die Augen wischte, sprachen die Reporter von Tränen. „Ich schwitze viel und sehr schnell. Das waren eher Schweißperlen, die da runtergetropft sind“, stellte der FC-Trainer im Sportstudio richtig. Es blieb auch auf dem Mainzer Lerchenberg ein gebrauchter Samstag für ihn. An der ZDF-Torwand blieb er ohne Treffer.