Verzweiflung: Torwart Marvin Schwäbe liegt nach dem 1:4 am Boden, Dominique Heintz (l.) und Kristoffer Lund ist der Frust anzusehen.
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Streng genommen ist die Zeit einfach stehen geblieben, obwohl zwei Wochen vergangenen waren. Genau 14 Tage lagen zwischen den Samstagabend-Topspielen des 1. FC Köln bei Borussia Mönchengladbach und gegen Eintracht Frankfurt. Genug Zeit, um die schmerzhafte 1:3-Derbyniederlage aufzuarbeiten und es gegen einen der „Lieblingsgegner“ vor 50.000 Zuschauern im eigenen Stadion besser zu machen. Nach dem 3:4 (1:2)-Spektakel und einer ebenso dramatischen wie vergeblichen Kölner Aufholjagd stand aber die Erkenntnis, dass sich die Ereignisse von Gladbach mehr oder weniger wiederholt hatten.
Der FC war gegen die Eintracht wieder gut ins Spiel gekommen und hatte durch das fein heraus gespielte fünfte Saisontor von Jakub Kaminski sogar früh in Führung gegen können (4.). Die Defensive, die Trainer Lukas Kwasniok diesmal in einer Viererkette formiert hatte, stand kompakt und ließ gegen den Champions League-Teilnehmer bis auf einen Kopfball von Jonathan Burkhardt (30.) nichts zu. „Ich hatte nicht das Gefühl, dass es lichterloh bei uns im Strafraum gebrannt hat“, sagte Kwasniok.
Ich will die Außenverteidiger da nicht flach angespielt haben.
Lukas Kwasniok, Trainer 1. FC Köln
Der 44-Jährige hatte sein Team wie beim 4:1 gegen Freiburg tiefer positioniert und auf Umschalter getrimmt. Obwohl die Kölner ihre Umschalter nicht sauber zu Ende bringen konnten und den Ball zu oft nach hinten spielten, herrschte im Eisschrank Müngersdorf das Gefühl vor, dass es Zeit für das 2:0 wäre.
Bis zu den beiden unnötigen Ballverlusten auf den von Sebastian Sebulonsen und Kristoffer Lund besetzten Außenverteidiger-Positionen. Der erste führte zu einem Eckball, den Farès Chaibi Arthur Theate für sein erstes Bundesligator auf den Kopf servierte (39.), den zweiten nutzte Mo Dahoud zum 1:2 (45.+5). Wie in Gladbach war der FC trotz einer ausgeglichenen ersten Hälfte unmittelbar vor der Pause selbstverschuldet in Rückstand geraten.
Voll im Einsatz: FC-Trainer Lukas Kwasniok beim Spiel gegen Eintracht Frankfurt.
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„Ich will die Außenverteidiger da nicht flach angespielt haben und auch nicht, dass sie sich freilaufen, weil der Spielvortrag dann nicht mehr gut ist. Und wenn sie angespielt werden, haben sie noch die Möglichkeit einen Exitball zu spielen. Haben wir zweimal nicht gemacht“, erklärte Lukas Kwasniok.
Die Wiederholungen setzten sich in Hälfte zwei nahtlos fort. Kwasniok hatte zwar die Marschroute ausgegeben, den „Frankfurtern nach und nach wehzutun“, seine Mannschaft hatte es aber eiliger. „Wir haben zu schnell auf den Ausgleich gespielt, sind zu wild geworden und haben das 1:3 und 1:4 sehr kurz hintereinander kassiert“, zeigte sich der FC-Trainer enttäuscht.
Wie in Gladbach: Doppelschlag nach gut einer Stunde
Wie in Gladbach übrigens, als die Borussia mit Treffern in der 61. und 64. Minute auf drei Treffer davonzog. Burkhardts Doppelpack ging in der 60. und 63. Minute über die Bühne. Und zur Duplizität der Ereignisse: Kristoffer Lund, der im Derby zwei Elfmeter verursachte, sah bei beiden Frankfurter Treffern nicht gut aus. Zu Entschuldigung des Dänen sei vorgebracht, dass der FC nach der Verletzung von Joel Schmied beim 1:4 defensiv unsortiert war und sich in Unterzahl befand, weil die Bank nicht rechtzeitig wechseln konnte.
„Die zehn Minuten vor und die zehn Minuten nach der Pause haben wir viel zu einfache Fehler gemacht. Wir werden auf Dauer keine Spiele gewinnen, wenn wir so viele Gegentore bekommen“, kritisierte Marius Bülter. Zwölf Gegentreffer sind es in den jüngsten vier Pflichtspielen.
Elftes Gegentor nach einem Standard
Und das 1:1 der Eintracht war bereits das elfte Gegentor nach einem Standard. „In Summe zu viele, da sind wir nicht top top“, räumte Kwasniok ein, nahm die Standardschwäche aber mit Humor: „Zumindest in diesem Teilbereich befinden wir uns mit den Bayern auf Augenhöhe“, spielte er auf die beiden Gegentore der Münchner beim 6:2 gegen Freiburg nach Ecken an. Auch der FC hatte im Pokal nach einem Eckball gegen den Meister getroffen.
Der kleine Lacher war ein schwacher Trost, denn wie im Derby waren die Geißböcke auch gegen Frankfurt trotz eines Drei-Tore-Rückstands weit davon entfernt, die weiße Flagge zu hissen. Als es nichts mehr zu verlieren gab, kamen die Kölner auf Basis der Einwechslungen von Bülter, Said El Mala, Florian Kainz und Luca Waldschmidt durch Bülters 2:4 (84.) voll auf Touren. Das Unmögliche schien nach dem 3:4 von Waldschmidt (90.+4) möglich, weil ein Angriff nach dem anderen auf das Frankfurter Tor zurollte.
Wir haben den Menschen, die zu uns ins Stadion kommen, vor der Saison ein Versprechen abgegeben.
Lukas Kwasniok, Trainer 1. FC Köln
„Wir haben den Menschen, die zu uns ins Stadion kommen, vor der Saison ein Versprechen abgegeben, dass wir uns unabhängig von Spielständen und Gegnern bis zum Schluss den Allerwertesten aufreißen — und das machen die Jungs“, war Lukas Kwasniok stolz auf die intakte Moral und dachte mit Blick auf El Malas Pfostentreffer (90.+2) kurz im Konjunktiv: „Wer weiß, was möglich gewesen wäre, wenn das dritte Tor etwas früher fällt.“
So durften die Frankfurter über einen wichtigen Dreier jubeln. Die Kölner haben zwar weiter einen respektablen Abstand zu den Abstiegsplätzen, der Druck, ein Spiel wieder erfolgreich abzuarbeiten und zu punkten, ist vor den Spielen in Bremen und gegen St. Pauli aber größer geworden. Der FC sollte deshalb die positiven Aspekte aus dem vierten verlorenen Samstagabend-Topspiel der Saison mitnehmen und tunlichst darauf achten, dass sich die Umstände der beiden jüngsten Niederlagen nicht noch einmal wiederholen.