Der 1. FC Köln hat einen wichtigen Sieg in der Fußball-Bundesliga verpasst. Die Geißböcke mussten sich gegen den FC St. Pauli mit einem 1:1 begnügen.
1. FC Köln „Ich fühle mich sehr bescheiden, wie alle Kölner“

Ricky-Jade Jones schockt den 1. FC Köln mit seinem Kopfball zum 1:1.
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Marvin Schwäbe fühlte sich wie in einem falschen Film und irgendwie auch schuldig. „90 Minuten keinen Schuss aufs Tor zu bekommen, die längsten Stollen auf dem Schuh zu haben, die es nur gibt und am Ende rutsche ich genau in dem Scheißmoment aus“, beschrieb der Torwart die Szene in der letzten Sekunde der Nachspielzeit, die den 1. FC Köln einen verdienten Sieg kostete. 1:0 führte der Fußball-Bundesligist in seinem Heimspiel gegen den FC St. Pauli, als Ricky-Jade Jones das Rheinenergiestadion mit seinem Kopfballtor zum 1:1 (0:0) verstummen ließ. „Das tut extrem weh, ist extrem bitter. Wir hätten es verdient gehabt, weil wir einfach die bessere Mannschaft waren“, fasste Kapitän Schwäbe das für alle Kölner Unfassbare in Worte.
Sein Trainer machte aus seiner Gefühlswelt nach dem verpassten Sieg kein Hehl: „Mir geht es bescheiden, wie allen Kölner, die im Stadion waren. Daran ändert sich heute auch so schnell nichts mehr. Das ist aber der Grund, warum die Stadien so voll sind. Denn im Fußball ist es nicht wie im Handball oder Basketball, dass du gewinnst, wenn du die bessere Mannschaft bist. Dieses 1:1 nervt und das ist noch untertrieben“, sagte Lukas Kwasniok, der sein Team trotzdem des verpassten Dreiers für sie „stabilste Leistung“ in dieser Saison lobte.
Kwasniok ändert seine Startelf auf vier Positionen und taktisch
Die Frage nach Personal und Formation für seine Startelf beantwortete Kwasniok mit einem Rätselheft. Das ging so weit, dass der FC bei der Bekanntgabe der Startelf wie sonst üblich auf eine taktische Formation verzichtete und der Kölner Trainer auch im Interview bei Sky nichts verriet. Alexander Blessin wird bis zum Anpfiff mit einigen Fragezeichen unterwegs gewesen sein. Der St. Pauli-Coach hielt es für sich einfach und schickte die gleiche Elf ins Rennen, die unter der Woche im Pokal beim 2:1 den ersten Sieg nach neun Niederlagen in der Bundesliga gefeiert hatte.
Kwasniok veränderte seine Anfangsformation im Vergleich zum 1:1 in Bremen auf vier Positionen. Rav van den Berg, Tom Krauß, Denis Huseinbasic und Luca Waldschmidt waren neu, Alessio Castro-Montez, der verletzte Dominique Heintz, Cenk Özkacar und Isak Johannesson nahmen zunächst auf der Bank Platz.
Als Schiedsrichter Tobias Reichel anpfiff, waren die offensichtlichen Rätsel gelöst. Eric Martel bildete mit Sebastian Sebulonsen und Van den Berg an seiner Seite eine Dreierkette, die Jan Thielmann rechts und Jakub Kaminski flankierten. Krauß spielte Sechs. Vor Huseinbasic und Waldschmidt stürmten Marius Bülter und Said El Mala, wobei EL Mala sich mehr im Zentrum als links versuchte. Kwasniok sprach von einer „fluiden Offensive“ und kündigte für das Spiel mehrere Positionswechsel an.
Said El Mala erzielt sein sechstes Saisontor
Beide Teams gingen es angesichts der Bedeutung der Partie vorsichtig an. Die Hamburger überließen dem FC weitgehend den Ball und verdichteten die eigene Hälfte in einer 5:3:2-Formation. Das schmeckte den Geißböcken wenig. Schon im Aufbau zeigten sich Probleme. Die erste Chance ergab sich deshalb auch aus einem Umschalter. Waldschmidt und Martel gewannen ihre 50:50-Zweikämpfe in der eigenen Hälfte, sodass Huseinbasic El Mala tief schicken konnte. Der 19-Jährige kreuzte, legte sich dabei aber den Ball etwas zu weit vor. Nikola Vasilj im Pauli-Kasten konnte abwehren (8.).
Die Szene gab einen Vorgeschmack darauf, wie es für den FC gehen könnte. Nach dem nächsten Konter lag das 1:0 bei einer Dreifachchance erneut in der Luft. Waldschmidt leitete clever ein und fand links Bülter. Dessen lange, flache Flanke brachte EL Mala aus vier Metern in Abschluss-Position. Vasilj war wieder zur Stelle und hatte dann Glück, dass Eric Smith Waldschmidts Nachschuss an den Pfosten lenkte. Den dritten Kölner Versuch durch Sebulonsen wehrte der aufmerksame Vasilj zur Ecke (21.).
Paulis Offensive war nur in Ansätzen zu sehen. Abwehraktionen von Martel (19.) und dem starken Sebulonsen gegen Gäste-Kapitän Jackson Irvine (28.) erstickten jedwede Gefahr im Keim. Weil die Kölner bei den drei Ecken der Kiez-Kicker auch ihre Standardschwäche im Griff hatten, stand zur Pause auch auf der anderen Seite die Null. Dass es keine Nachspielzeit gab, sagte einiges über die Partie aus.

Said El Mala (Nr. 13) trifft zum 1:0 für den 1. FC Köln.
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Lukas Kwasniok beließ zu Beginn der zweiten Hälfte bei einer Änderung. El Mala und Bülter tauschten im Angriff die Positionen. Das zahlte sich aus. Als erst Thielmann und dann Waldschmidt einen Standard von Mathias Pereira Lage aus der Gefahrenzone schlugen, war El Mala an der Mittellinie zur Stelle, hängte Pereira Lage ab und überwand Vasilj mit einem starken rechten Fuß (51.). Sein sechstes Saisontor und der nächste Beweis, welches Juwel der FC da in seinen Reihen hat.
Die Geißböcke hatten alles im Griff und dennoch lauerte die ständige Gefahr, das 1:1 zu kassieren. Die beste Medizin dagegen hieß, auf das 2:0 zu gehen. Lukas Kwasniok sah das genauso und brachte mit Ragnar Ache und Isak Johannesson zwei offensive Kräfte (73.). Ache legte dann gleich mal für Tom Krauß auf, der aber nur ein Schüsschen zustande brachte (76.). Luca Waldschmidt hätte das die Entscheidung herbeiführen können, scheiterte aber im langen Eck an Vasilj (78.). „Mein erster Gedanke war, dass ich in die kurze Ecke hätte schießen müssen. Oder besser platzieren oder noch ein paar Schritte gehen. Das 2:0 hätte uns sehr, sehr gutgetan“, haderte der 29-Jährige mit seinem Abschluss.
Es wäre einfach verdient gewesen, wenn wir heute gewonnen hätten.
Den Geißböcken wollte das verdiente und erlösende 2:0 einfach nicht gelingen. Ache scheiterte genauso am überragenden Nikola Vasilj wie der eingewechselte Florian Kainz im zweiten Versuch(90.+2). Der Österreicher hätte in dieser Szene aber auch zwingend auf den besser positionierten Johannesson ablegen müssen.
Das sollte sich rächen. Thielmanns Abwehr geriet zu kurz, Kainz verhinderte die Flanke von Danel Sinani nicht und Sebulonsen verlor das Kopfballduell gegen Jones. Als wäre das alles nicht schon genug, rutschte auch Marvin Schwäbe aus und der Sieg war in allerletzter Sekunde dahin. „Letzte Woche in Bremen machen wir spät den Ausgleich, diesmal kriegen wir ihn. Der tut nach diesem Spielverlauf und unserer Leistung sehr weh. Es wäre einfach verdient gewesen, wenn wir heute gewonnen hätte“, haderte Luca Waldschmidt mit dem Ergebnis und fühlte sich wie Marvin Schwäbe auch ein wenig schuldig.
Statistik:
1. FC Köln: Schwäbe; Sebulonsen, Martel, van den Berg, Thielmann, Krauß (82. Kainz), Huseinbasic (73. Johannesson), J. Kaminski; L. Waldschmidt (88. Lund); Bülter (73. Ache), S. El Mala (82. Maina). - St. Pauli: Vasilj; Wahl (46. Dzwigala), Smith, Mets (86.Ceesay); Pyrka, Sands (73. Sinani), Oppie; Fujita, Irvine; Kaars (68 Jones), Pereira Lage (68. Metcalfe). – SR.: Reichel (Stuttgart). – Zuschauer: 50.000. – Tore: 1:0 El Mala (51.), 1:1 Jones (90.+4). – Gelbe Karte:Jones.
