Der 1. FC Köln hat trotz einer schwachen Leistung bei Werder Bremen gepunktet. Said El Mala verhinderte in der Nachspielzeit eine Niederlage.
1. FC KölnEl Mala bleibt die Lebensversicherung der Geißböcke

Abgehoben: Said El Mala jubelt nach seinem späten Treffer zum 1:1 in Bremen.
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Es war nur eine Frage der Zeit, bis Lukas Kwasniok aus dem kölschen Grundgesetz zitieren wird. Immerhin ist der gebürtige Pole und im Badischen beheimatete Trainer des 1. FC Köln nun fast ein halbes Jahr im Rheinland und fühlt sich pudelwohl. Das in Summe glückliche 1:1 (0:1) des Bundesliga-Aufsteigers am Samstag bei Werder Bremen bot ihm die Gelegenheit seine Sprachkenntnisse zu präsentieren und dieses Remis ließ auch nur eine Schlussfolgerung zu: „Et hätt noch emmer joot jejange“, eröffnete Kwasniok seine Analyse und hätte auch sagen können: „Said sein Dank“. Es war nämlich der 19-jährige Ausnahmespieler, der den Geißböcken mit seinem fünften Saisontreffer in der Nachspielzeit einen Punkt bescherte.
„Wir haben eine richtig schlechte erste Halbzeit gespielt und zu Beginn der zweiten haben uns die Bremer am Leben gelassen, weil sie das 2:0 nicht machen“, räumte Lukas Kwasniok ein und bedankte sich bei El Mala: „Wir sind froh, dass wir ihn haben. Der Punkt ist glücklich, aber nicht ganz unverdient, denn die Mentalität der Mannschaft ist Wahnsinn. Wir sind happy, denn für uns war das nach den beiden Niederlagen ein wichtiger Punkt“, ergänzte er erleichtert.
Kwasniok hatte mit seiner Startaufstellung einmal mehr überrascht. Der 44-Jährige reagierte auf die Ausfälle von Joel Schmied und Timo Hübers in der Innenverteidigung mit einer völlig neu zusammengesetzten Dreierkette aus Sebastian Sebulonsen, Dominique Heintz und Cenk Özkacar – also mit zwei Linksfüßen und einem gelernten Wingback. Eric Martel konnte in dieser Konstellation wie beim 3:4 gegen Frankfurt auf der Sechs auflaufen.
Castro-Montes erstmals in der Startelf
Überraschungen gab es zudem auf den Schienenpositionen. Kwasniok zog rechts Jan Thielmann zurück und verhalf links Alessio Castro-Montes zu seinem Startelfdebüt in der Bundesliga. Der im Sommer für zwei Millionen Euro von Union St. Gilloise gekommene Belgier hatte bislang kaum eine Rolle gespielt und lediglich drei Kurzeinsätze erlebt. Kristoffer Lund musste weichen und nahm wie Denis Huseinbasic auf der Bank Platz. Vorne sollten mit Said El Mala (4 Tore/3 Assists), Jakub Kaminski (5/1) und Marius Bülter (3/3) die aktuell drei besten FC-Scorer für die nötige Gefahr sorgen.
„Ich kenne Lukas schon etwas länger und rechne damit, dass er sich immer etwas einfallen lässt“, schmunzelte Horst Steffen, als er vor dem Anpfiff bei Sky auf die Kölner Aufstellung angesprochen wurde. Der Werder-Trainer und Kwasniok kennen sich seit Jahren aus den Duellen zwischen Elversberg und Paderborn sowie Elversberg gegen Saarbrücken.
Steffens Team versuchte die neuformierte FC-Defensive gleich auf dem falschen Fuß zu erwischen und presste hoch. Jens Stage hätte diese erste Druckphase in seinem 100. Bundesligaspiel belohnen können, schoss sich, bedrängt von Sebulonsen, aber nur selbst an (4.). Die Kölner offenbarten nach dieser Chance noch größere Probleme ins Spiel zu finden und leisteten sich zu viele Ballverluste. Vielleicht lag es am erneuten Stimmungsboykott, den beide Fanlager angesichts der drohenden Repressalien für Zuschauer bei der anstehenden Innenministerkonferenz für die ersten zwölf Spielminuten organisiert hatten. „Das war gespenstig“, sagte Lukas Kwasniok.

Die Kölner Mannschaft bedankt sich nach Spielende bei ihren 4500 mitgereisten Fans.
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Mit der Stille auf den Rängen ging nach zwölf Minuten auch Dominique Heintz. Der 32-Jährige setzte sich ohne Einwirken eines Gegenspielers auf den Rasen und musste mit einer Verletzung im linken Oberschenkel ausgewechselt werden (12.). Schon der dritte Ausfall in der Kölner Innenverteidigung. Rav van den Berg kam und mit ihm die Frage, ob der Niederländer nach seiner langen Verletzungspause in der Lage ist, einen Abwehrverbund zu organisieren, den er als Neuzugang mit zwei Einsätzen noch gar nicht gut genug kennen kann.
Die Antwort wurde verschoben, denn das Kwasniok-Team bekam nach Heintz Auswechslung etwas Zugriff auf die Partie. So sehr sogar, dass das 1:0 hätte fallen müssen, als El Mala den Raum hatte, den er für sein außergewöhnliches Spiel benötigt. Der 19-Jährige startete kurz hinter der Mittellinie in höchstem Tempo. Er hatte nur Abdoul Coulibaly vor sich, den er am Strafraum wie nichts stehen ließ. Einzig am Abschluss mangelte es, denn El Mala zielte aus nur acht Metern mit links über das Bremer Tor (16.).
Die Jungs haben nicht das gemacht, was ich mir vorgestellt habe.
Die gute Phase des FC blieb ein Intermezzo, weil das Kwasniok-Team gegen den Ball nicht intensiv genug war. „Wir hatten Energie- und Zugriffsprobleme und Sender-Empfänger-Schwierigkeiten. Die Jungs haben nicht das gemacht, was ich mir vorgestellt habe. Ich habe es nicht gut genug kommuniziert“, erklärte Kwasniok.
Werder hatte es deshalb leicht, den Ball in die Gefahrenzone zu tragen, weil Özkacar und Castro-Montez links genauso überfordert waren wie Sebulonsen rechts. Und Van den Berg suchte verzweifelt nach Orientierung. Nachdem der 21-Jährige einen Schuss von Cameron Puertas noch blocken konnte, war es nach der folgenden Ecke passiert. Castro-Montes klärte per Kopf genau auf Stage, der noch im Strafraum genug Zeit hatte zu flanken. Das Kölner Zentrum war offen und Marco Friedl durfte aus drei Metern zur verdienten Bremer Führung einköpfen (22.). Der zwölfte Kölner Gegentreffer nach einem Standard in dieser Saison.
Die Geißböcke durften zur Pause froh sein, dass es bei diesem 0:1 geblieben war. Zu den defensiven Schwächen gesellte sich nämlich offensive Einfallslosigkeit. Werder hatte sich jedenfalls schnell darauf eingestellt, dass der FC es nur über El Mala versuchte und verdichtete seine rechte Abwehrseite. Hinten musste Eric Martel alles einsetzen, um Marco Grüll zu blocken (43.). Dann verfehlte Yukinari Sugawara das Tor nur knapp (44.) und FC-Keeper Marvin Schwäbe rettete gegen den starken Puertas (45.+2).
Bremen lässt das 2:0 liegen
Kwasniok musste etwas gegen den schwachen Auftritt seiner Elf unternehmen und tat dies, indem er die robusteren Tom Krauß sowie Kristoffer Lund für die technisch stärkeren Isak Johannesson und Castro-Montes einwechselte und auf Viererkette umstellte. Das half dann aber erst, nachdem die Geißböcke zwei brenzlige Situationen überstanden hatten. Lund führte sich mit einem kapitalen Fehlpass ein, den Romano Schmid aufnahm und auf Schwäbe zulief. Der FC-Torwart gewann das Duell, auch weil der zurückeilende Van den Berg den Bremer noch stören konnte (49.). „Wenn Rav da nicht hilft, hat er vielleicht mehr Zeit zu überlegen. Das war ein gutes Zusammenspiel“, lobte Marvin Schwäbe seinen Vordermann.
Fünf Minuten später war der FC-Torhüter geschlagen. Er konnte zwar einen Querschläger von Marius Bülter entschärfen, dem Nachschuss von Keke Topp aber nur hinterherschauen. Der VAR half den Kölnern, den Jens Stage hatte bei der Bremer Freistoßflanke vor Bülters Luftloch im Abseits gestanden (54.). Es wäre Standard-Gegentor Nummer 13 gewesen.
Die Kölner stabilisierten sich nun auf fußballerisch niedrigem Niveau. Die Viererkette wirkte immerhin. Sie stärkte das Kölner Zentrum und schwächte den Offensivgeist von Werder merklich. Nach vorne ging für den FC aber weiter wenig, auch weil die Hausherren El Mala in Schach halten konnten. Zur Not auch mit groben Mitteln wie Niklas Stark, der für sein heftiges Foul die Kölner Bank in Aufruhr versetzte und zu Recht Gelb sah (75.).
Dass Said den Unterschied machen kann, ist allseits bekannt.
Kwasniok setzte alles auf eine Karte und die Hoffnung, dass sein Team wie schon so oft hinten raus zurückkommt. Der FC-Coach brachte die offensiven Luca Waldschmidt (74.) und Florian Kainz (82.) für die defensiven Özkacar und Martel. Es dauerte aber bis zur 87. Minute, ehe der Ausgleich für die unermüdlichen Kölner möglich war. Said El Mala schlug eine seiner ansatzlosen Flanken und fand den genialen linken Fuß des komplett freien Waldschmidt. Der Joker nahm es aus sechs Metern zentraler Situation zu genau und traf volley nur den linken Pfosten.
Eine Szene, die den Kölnern aber Mut gab, es weiter zu versuchen – vor allem El Mala, der sein erstes Bundesligaspiel über die komplette Distanz absolvierte. In der zweiten Minute der Nachspielzeit zog der Linksaußen noch einmal eines seiner unnachahmlichen Dribblings an, ließ zwei Bremer stehen und zog aus 14 Metern mit rechts ab. Ein Schuss, der wohl eine sichere Beute von Werder-Schlussmann Mio Backhaus geworden wäre. Stark hielt aber sein Fuß rein und fälschte so ab, dass der Ball zum 1:1 ins kurze Eck rauschte.
„Wir hatten das Gefühl, dass vielleicht noch einer reinfallen kann – und wir haben Said. Dass er den Unterschied machen kann, ist allseits bekannt. Wichtig ist aber vor allem, dass er den Willen hat, es immer weiter in die Duelle geht, obwohl er zwei-, dreimal den Ball verloren hat“, lobte Lukas Kwasniok die Kölner Lebensversicherung, die auch noch Gelb-Rot für Niklas Stark herausholte (90.+6). Dieser Said El Mala ist am Ende eben nur mit unfairen Mitteln zu stoppen.
Statistik:
Werder Bremen: Backhaus; Sugawara, Pieper (46. Stark), Coulibaly, Friedl; Stage, Lynen; Puertas (81. Mbangula), Schmid, Grüll; Topp (61. Boniface). – 1. FC Köln: Schwäbe; Sebulonsen, Heintz (12. Van den Berg), Özkacar (74. Waldschmidt); Thielmann, Johannesson (46. Krauß), Martel (82. Kainz), Castro-Montes (46. Lund); Kaminski, Bülter, El Mala. – SR.: Dankert (Rostock). – Zuschauer: 41.800 (ausverkauft). - Tore: 1:0 Friedl (2.), 1:1 El Mala (90.+2). – Gelb-Rot: Stark (90.+6). - Gelbe Karten: Castro-Montes, Thielmann, Martel, Bülter.
