Wilke Stroman (40), Tugba Tekkal (40) und Carsten Wettich (45) wollen sich im Herbst zum Vorstand des 1. FC Köln wählen lassen. Im zweiten Teil des großen Rundschau-Interviews spricht das Trio über operatives Geschäft, sportlichen Erfolg, FC-Gremienvielfalt und die Zusammenarbeit mit der aktiven Fanszene.
Vorstandswahlen 1. FC Köln„Wir kümmern uns um den Rest und Ihr ums Fußballspielen“

Unternehmer Wilke Stroman (45), Ex-Profi-Spielerin Tugba Tekkal (40) und der amtierende FC-Vizepräsident Carsten Wettich (45) stehen an den Abelbauten. Das Trio möchte den neunen Vorstand des 1. FC Köln bilden.
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Sie wollen Vorstand werden und die Geschäftsführung beaufsichtigen. Wie sehen Sie dabei Ihre Rolle im operativen Geschäft
Tekkal: Wir werden nicht am Spielfeldrand stehen und reinrufen (lacht). Wir wollen nicht die Aufgaben der Geschäftsführung übernehmen, sondern eine auf Vertrauen basierende Struktur schaffen, in der unsere Kompetenzen und unsere Erfahrungen wirken können. Hier geht es wieder darum, gut zu kommunizieren. Für die Geschäftsführer ist es doch enorm wichtig, Ansprechpartner im Vorstand zu haben, mit denen sie über alles ins Gespräch kommen können. Und wir sind uns sicher, dass wir hier unsere Kompetenzen und unsere Erfahrung einbringen können. Im Sport wollen wir eine klare Identität: Mutig, leidenschaftlich und strukturiert.
Was bedeutet das für die FC-Spielidee, die unter Christian Keller entwickelt wurde?
Tekkal: Die Spielidee ist unfassbar wichtig für den gesamten Club: Über die Männer- und Frauen-Lizenzteams und den gesamten Nachwuchs hinweg. Darauf müssen wir weiter aufbauen und sie weiter schärfen. Hierfür wollen wir weiter in die Qualität der Ausbildung sowie die Trainings- und Ausbildungsbedingungen investieren. Essenziell ist, dass wir unser Geißbockheim als Heimat erhalten und es weiter ausbauen. Da schlägt unser Herz, damit identifizieren wir uns. Das Geißbockheim hat ein Alleinstellungsmerkmal, das wir auch gegenüber der Stadt stärker hervorheben können. All diese Faktoren stärken unsere Nachwuchsarbeit und führen dazu, dass Talente davon überzeugt werden.
Wettich: Man muss zwischen innen und außen unterscheiden. Es ist essenziell, dass sich der Vorstand nach außen nicht zu operativen Themen äußert. Das ist Aufgabe der Geschäftsführung. Dazu gehört auch, Entscheidungen im Nachhinein nicht öffentlich zu kritisieren. Sonst beschädigt der Vorstand seine Mitarbeiter, in diesem Fall die Geschäftsführer. Das muss intern besprochen und kritisch nachgefragt oder im Nachhinein aufgearbeitet werden, damit sich Fehler nicht wiederholen.
Frau Tekkal, Sie dringen als Frau in eine von Männern dominierte Welt ein. Wie begegnen Sie all den Vorurteilen?
Tekkal: Erstmal ganz einfach: Ich stelle mich ihnen. Vorurteile sind nichts Neues für mich: Wer als Frau mit meinen Wurzeln jahrelang Fußball gespielt hat, wer als Sozialunternehmerin seit so vielen Jahren Mitarbeitende leitet, hat schon einiges an Gegenwind abgekriegt. Ich kann nur sagen, dass mich das nicht abschreckt, auch wenn ich es mir anders wünsche und ich uns allen mehr zutraue. Ich denke vor allem daran, dass meine Perspektive im Vorstand wichtig ist – und dass sich viele von mir abgeholt fühlen, die es vorher vielleicht noch nicht getan haben. Außerdem: So, wie es Männern zugetraut wird, im Frauenfußball zu arbeiten, sollte es umgekehrt auch sein.
Es gibt beim FC klare Strukturen, die Entscheidungen fallen schnell.
Im Rennen um den neuen Vorstand wird viel über das Thema Gremienvielfalt beim FC diskutiert. Sehen Sie Potenziale, Prozesse gebündelter und transparenter ablaufen zu lassen?
Wettich: Ich sehe dieses Thema nicht so kritisch. Das wird von außen größer gemacht, weil es den Mitgliedern vielleicht auch nicht ausreichend erklärt worden ist. Es gibt beim FC klare Strukturen, die Entscheidungen fallen schnell.
Sie wollen die Struktur aber verändern, oder nicht?
Wettich: Ja, wir möchten den FC auch in seiner Struktur modernisieren. Wir wollen die Rechtsform ändern und streben an, die ausgegliederte Gesellschaft innerhalb eines Jahres von der GmbH & Co KGaA in eine GmbH zu überführen, in der der Verein alleiniger Gesellschafter bleibt. Damit würden der Aufsichtsrat und die Hauptversammlung der KGaA entfallen und wir könnten den Mitgliederrat zum Aufsichtsrat umbenennen, was er in der Sache auch ist. Zugleich halten wir es für sinnvoll, dass es eine Trennung gibt zwischen dem selbstbestimmten Verein mit von den Mitgliedern unmittelbar gewählten Vereinsorganen und der operativen Geschäftsführung gibt, die auch Fremdgeschäftsführern offenstehen muss, um die besten Führungskräfte für den FC zu gewinnen. Daher streben wir keine vollständige Rückkehr in den e.V. an. Was die Satzung betrifft, die muss man sich vorgelagert im Hinblick auf die Gremien insgesamt anschauen. Auch hier streben wir einen zügigen Prozess mit den Gremien und der Mitgliedschaft an und möchten der Mitgliederversammlung im Herbst 2026 die in diesem Prozess erarbeiteten Satzungsänderungen zur Abstimmung vorlegen.
Braucht es ein neues Zustimmungsgremium anstelle des Gemeinsamen Ausschusses?
Wettich: Der Gemeinsame Ausschuss ist jedenfalls falsch aufgehängt. Er müsste in die ausgegliederte Gesellschaft, weil er sich nicht mit Themen des Vereins beschäftig, sondern mit die KGaA betreffenden Zustimmungsvorbehalten. Es müsste zudem zwischen Zustimmungsvorbehalten bezüglich Entscheidungen, die unmittelbar vom Vorstand getroffen werden und solchen, die von der Geschäftsführung getroffen werden, unterschieden werden. Wenn der Vorstand seine wichtigste Aufgabe erfüllt und Geschäftsführer sucht oder ihre Verträge verlängern möchte, darf der Vorstand im Gemeinsamen Ausschuss kein Stimmrecht haben, wie es derzeit der Fall ist. Es ist falsch, dass ich den Geschäftsführer aussuche, dazu die Zustimmung des Gemeinsamen Ausschusses einholen muss, aber dabei mitstimmen darf.
Wir wollen prüfen, ob die in die KGaA ausgegliederte Marke 1. FC Köln in den e.V. zurückgeholt werden kann.
Was wollen Sie noch ändern?
Wettich: Wir wollen prüfen, ob die in die KGaA ausgegliederte Marke 1. FC Köln in den e.V. zurückgeholt werden kann. Die Marke ist der Kern der Identität und gehört in den e.V.
Stroman: Wir wollen einen kommunikativen Neustart und das alle beim und rund um den FC gemeinsam an einem Ziel arbeiten, nämlich den FC aufs nächste Level zu führen. Wir müssen den Verein hier zusammen mit den Mitarbeitenden modernisieren. Es gibt da bereits ein unfassbar gutes Team rund um den Kommunikationschef Till Müller. Wir wollen diesen Bereich als Vorstand unterstützen, damit es weiter neue Formate wie „Geliebter Fussballverein“ geben wird.
Wettich: Die Chance ist groß, denn der FC ist aktuell so geeint, wie seit vielen Jahren nicht mehr. Die Fans haben die Mannschaft und den Klub auch nach dem Abstieg und trotz der schwierigen Zweitliga-Saison immer voll unterstützt. Wir werden aber auch den Gemeinschaftsgedanken auf ein neues Level heben.
Wie würden Sie das aktuelle Verhältnis des FC zur aktiven Fanszene beschreiben?
Wettich: So gut, wie lange nicht. Wir haben mittlerweile eine sehr gute hauptamtliche Fanarbeit mit klaren Strukturen. Wir haben ehrenamtlich die Fanstrukturen gestärkt und auch die Kommunikation in die Fanszene verbessert. Dass sich Menschen aus der Fanszene für Jobs beim FC bewerben und auch genommen werden, hätte es vor Jahren nicht gegeben. Dialogplattformen wie der von uns eingeführte FC-Fandialog sind deutschlandweit führend.

Präsidentschaftskandidat Wilke Stroman (l.) sammelt am Rheinenergiestadion Unterschriften. 4600 braucht sein Team, um zur Vorstandswahl im Herbst antreten zu können.
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Wie sieht es beim Thema Pyrotechnik aus?
Stroman: So wie es im Moment ist, funktioniert es nicht. Es gibt eine Spirale: Die Strafen werden immer höher und die Pyrotechnik auch. Das muss durchbrochen werden, weil es nicht nur in unserem Stadion so ist, sondern deutschlandweit. Da wird etwas bekämpft, was Realität ist und jedenfalls nicht allein mit immer höheren Strafen zu bekämpfen ist. Das Strafensystem des DFB ist gescheitert, weil die Strafen nicht abschrecken, sondern in den letzten Jahren das Gegenteil bewirkt haben.
Zurück zum Sport. Wo liegt das Problem, eine bessere Balance zwischen einem Fußballklub als mittelständisches Unternehmen und den Unwägbarkeiten des Sports herzustellen?
Stroman: Im Sport geht es darum, wie FC-Sportdirektor Thomas Kessler zuletzt gesagt hat, Wahrscheinlichkeiten zu erhöhen. Auf der anderen Seite steht das Unternehmen 1. FC Köln mit einem Arbeitsalltag wie in anderen Firmen auch. Der muss professionell geführt werden. Wenn das Unternehmen finanziell und strukturell gesund ist, kann auch die Arbeit auf dem Platz besser funktionieren. Nach dem Motto: Wir kümmern uns um den Rest, ihr kümmert euch um Fußballspielen. Je besser die Geschäftsstelle ihre Arbeit macht, desto wahrscheinlicher wird sportlicher Erfolg. Alle Rädchen müssen ineinandergreifen.
Es ist gut, das mit Thomas Kessler und Philipp Liesenfeld zwei Geschäftsführer aus den eigenen Reihen kommen.
Tekkal: Wir müssen es als Vorstand vorleben, nahbar sein. Es geht darum die Arbeit jedes Einzelnen beim FC wertzuschätzen.
Stroman: In einem Unternehmen spürt man schnell, ob alle motiviert in eine Richtung laufen oder nicht. Es braucht Harmonie in einem Team, Klarheit und eine Atmosphäre, wo alle motiviert sind und ein Ziel haben, in das sie gerne laufen. Es ist deshalb gut, dass mit Thomas Kessler und Philipp Liesenfeld zwei Geschäftsführer aus den eigenen Reihen kommen, denn die beiden kennen den FC.
Wettich: Im Fall des FC arbeiten alle darauf hin, dass elf Männer und elf Frauen erfolgreich sind. Daraus entsteht der Gedanke der FC-Familie und alle auf dieses Ziel hin zu vereinen.
Wir haben sportliche Ambitionen und das bedeutet irgendwann auch wieder Europapokal.
Wo soll es mit Ihnen als Vorstand sportlich hingehen?
Tekkal: Mit den Frauen wollen wir mittelfristig zu den Top 5 in der Bundesliga zählen, möchten den Weg dahin aber geduldig und nachhaltig gestalten, erstmal Stabilität herstellen und uns im Mittelfeld sichern. Bei den Männern geht es nicht nur darum, immer die Klasse zu halten, sondern sich nachhaltig in der Bundesliga zu stabilisieren und dann auch wieder träumen zu können. Wir haben sportliche Ambitionen und das bedeutet irgendwann auch wieder Europapokal. Der 1. FC Köln ist nicht dafür gemacht, sich ständig klein halten zu lassen.
Dafür braucht es Teamarbeit. Was zeichnet Ihr Team aus?
Tekkal: Dass wir uns sehr gut kennen, dass wir respektvoll, wertschätzend und vertrauensvoll miteinander umgehen und eine klare Haltung vertreten. Wir haben unterschiedliche Perspektiven und unterschiedliche Kompetenzen, die wir sehr gut bündeln können.
Wettich: Über Haltungsfragen müssen wir gar nicht diskutieren. Wir sind alle drei mutig und haben Freude an unserer Tätigkeit. Wir arbeiten nicht nur hart, sondern wir haben auch Freude daran. Dieses Gefühl vorzuleben, davon lebt eine Organisation am Ende.
Stroman: Gefühlt gibt es rund um die Uhr für uns nur das Thema FC für uns. Es fühlt sich aber nicht wie Arbeit, sondern wie eine Passion an. Wenn einer von uns mal negative Gedanken hat, kommen die anderen und richten ihn auf. Wir ergänzen uns permanent und spielen uns Bälle zu, ohne vorher einen Brückenbauplan aufgeschrieben zu haben. Das ist wichtig, wenn wir den Job über Jahre zusammen machen.
Wettich: Es gibt zwei kritische Momente für den Vorstand. Das erste ist der Erfolg und das zweite ist der Misserfolg. Und eines von beiden hast du immer in einer Amtszeit. Im Erfolg ist es wichtig, nicht abzuheben, wenn alle auf den Händen getragen werden. Wilke und Tugba werden allein aufgrund ihrer Persönlichkeit nie abheben. Bei Misserfolg steht der Vorstand stark unter Druck. Da heißt es, sich nicht auseinander dividieren zu lassen und gegenseitig den Rücken zu stärken. Mit Werner Wolf und Ecki Sauren habe ich im Vorstand erlebt, wie positiv sich vertrauensvolle Arbeit auswirkt. Das wird uns Dreien auch gelingen, davon bin ich absolut überzeugt.
Hier lesen Sie Teil eins des Interviews.