Rodion Pauels ist hart im Nehmen, fleißig und ehrgeizig.
Über sich selbst sagt er, dass er alles unter Kontrolle, alles im Blick haben und alles wissen muss.
Martin Sauerborn nutzt das Dienstjubiläum, um auf die Karriere von Pauels zurückzublicken.
Köln – Es war Heinz Weisenbach, der Rodion Pauels die wesentliche Dinge des Lebens mit auf den Weg geben hat. Als der damals 26 Jahre alte Eishockeytrainer Pauels im Sommer 1989 aus Köln ins beschauliche Füssen wechselte, fand er bei seinem ersten Training nur zwei Handvoll Spieler an. „Das passt schon“, beruhigte ihn Heinz Weisenbach und spuckte in die Hände. „Er hat dann ein paar Jungs ausgegraben und ich auch. Dann ging es.“ Weisenbachs Spruch hat sich Pauels zu eigen gemacht. Auf Schwierigkeiten ist der heute 57-Jährige in seiner Karriere immer wieder gestoßen, kapituliert hat er nie wirklich. Auch nicht in mittlerweile 25 Jahren bei den Kölner Haien, die beileibe kein einfacher Club sind.
Zusammen mit Uwe Krupp im Team
1963 in Köln geboren fand Rodion Pauels 1973 nur ein Jahr nach der Gründung des Kölner EC den Weg zu den Haien. Zur selben Zeit übrigens wie Uwe Krupp. Mit dem ersten deutschen Stanley-Cup-Sieger und aktuellen Trainer der Haie spielte Pauels zusammen in einer Mannschaft, obwohl Krupp zwei Jahre jünger ist. „Es war damals schon zu sehen, wie gut er war“, erinnert sich Pauels. Bis 1983 durchlief der schmächtige Pauels alle Jugendteams des KEC. Ein Krupp war der mannschaftsdienliche Linksaußen aber nicht. Obwohl er den Anweisungen seiner Trainer gewissenhaft folgte und sie umsetzte. „Wenn der Coach gesagt hätte, ich soll den Puck fressen, dann hätte ich ihn gefressen“, scherzt Pauels und räumt selbstkritisch ein: „Ich war als Spieler zu brav und nicht gut genug, um Profi zu werden.“
Also wurde er Trainer, als ihm KEC-Ikone Detlef Langemann von einem Wechsel nach Neuss in die Oberliga abriet und ihn während Pauels Studium an der Deutschen Sporthochschule zum Co-Trainer der KEC-Junioren machte. 1989 wechselte Pauels zusammen mit Christoph Augsten nach Füssen, seine aus Garmisch stammende und am Bodensee aufgewachsene Frau und seine einjährige Tochter mit dabei.
1995 wollte er sich erneut verändern. Ein Wechsel nach Ravensburg stand im Raum. Wieder war es Langemann, der die Pläne durchkreuzte. Pauels suchte den Rat der Haie-Legende, ob ein Wechsel nach Ravensburg Sinn machen würde. Die Antwort: „Wenn Du schon aus Füssen weg willst, dann kommst Du nach Köln zurück.“ Nach einem Anruf von Haie-Manager Miro Sikora unterschrieb Pauels für ein Jahr. Und bekam am ersten Trainingstag auf einer Wiese neben der Eishalle an der Lentstraße sein Deja Vu. „Sind alle da?“, fragte er verwundert, als er nur ein Dutzend Spieler vor sich hatte. „Wir sind vollzählig“, lautete die Antwort. „Ich habe mich an den leider 2018 verstorbenen Heinz Weisenbach erinnert und wusste, was zu tun ist.“
Bis 2004, ab 2001 als Junghaie-Coach in der neu gegründeten Deutschen Nachwuchs Liga, lieferte er beste Arbeit ab. Rodion Pauels ist hart im Nehmen, fleißig und ehrgeizig. Disziplin und Struktur sind im Leistungssport höchste Güter für ihn. Über sich selbst sagt er, dass er alles unter Kontrolle, alles im Blick haben und alles wissen muss: „Ich kann auch delegieren, aber ich brauche dann von allen Feedback, um Entscheidungen treffen zu können.“
Die späteren Nationalspieler Christoph Ullmann, Sebastian Osterloh und Torwart Dimitri Pätzold waren die ersten Talente, die Pauels von außerhalb nach Köln lotste. Er ist innovativ, in seiner Arbeit nach vorne gerichtet und auf der Hut. „Eine meiner Stärken ist, dass ich, wenn alles gut ist, sehe, dass es schlechter werden kann und sofort die Hebel ansetze.“
2004 befördern ihn die damaligen Geschäftsführer Holger Radtke und Thomas Eichin zum Profi-Manager. Ein Experiment mit einem jungen, unerfahrenen Pauels an der Seite von Hans Zach. Der Trainer-Routinier brachte dem Novizen gleich bei, dass er die letzte Instanz ist. Als es 2004/05 zum NHL-Lockout kam, verweigerte Zach die Verpflichtung von nordamerikanischen Profis. „Es war wie eine Lotterie, ob die NHL wieder startet oder nicht. Wir haben diese Lotterie verloren. Am Ende sind wir im siebten Spiel im Viertelfinale an Ingolstadt gescheitert, die neben Marco Sturm drei weitere NHL-Spieler hatten.“
Im Jahr danach erreichten die Haie das Halbfinale und unterlagen in der wohl dramatischsten Playoff-Serie der KEC-Historie mit 2:3 der Düsseldorfer EG. „Jedes Spiel war heftig umkämpft und bleibt unvergessen. Mit dem Drama in Spiel fünf an der Brehmstraße“, erinnert sich Pauels. Es war übrigens die bis heute letzte Playoff-Begegnung mit dem rheinischen Erzrivalen.
Weltwirtschaftskrise sorgte für Fast-Insolvenz der Haie
2008 erreichte Pauels mit Coach Doug Mason das Finale, unterlag aber den Eisbären Berlin durch das legendäre „Doping-Tor“ von Florian Busch in Spiel vier. „Das war unnötig und ich hatte lange daran zu knabbern.“ Allerdings nicht so lange, wie an dem, was 2009 folgte. Der sportliche Absturz vom Vizemeister zum Vorletzten und die Tragödie um den krebskranken Torwart Robert Müller. „Niemand kann Eishockey mit Höchstleistung spielen kann, wenn der beliebteste Mitspieler im Sterben liegt. Wir wussten nicht, wie wir mit dieser Situation umgehen sollten“, musste selbst Pauels aufgeben.
In Folge der Weltwirtschaftskrise und der Fast-Insolvenz des KEC war er in der Saison 2009/10 seinen Manager-Posten los. 2010 holte in der Stammverein Kölner EC zurück und machte ihn zum Nachwuchs-Geschäftsführer, Sportlichen Leiter und Chefcoach. Pauels war die ganze Zeit über ehrenamtlich für den E.V. tätig geblieben, hatte schnell alles unter Kontrolle und baute die am Boden liegende Abteilung erst mühsam und ab 2013 erfolgreich wieder auf.
Pauels bleibt weiter bei den Kölner Haien
Nach dem Corona-bedingten Abbruch der aktuellen Saison war für Pauels Schluss als Trainer. Patrick Strauch, den er nach Köln geholt hat, übernimmt. Pauels bleibt Geschäftsführer sowie Sportlicher Leiter und verfolgt weiter ehrgeizige Ziele. Neben dem neuen Nachwuchszentrum in der geplanten Doppel-Eishalle in Stammheim wünscht er sich beim KEC eine tiefere „sportliche Verschmelzung“ zwischen Profis und Nachwuchs. Bestenfalls mit einer an die Profis angegliederten U20 und gemeinsamer, konzeptioneller Organisationsstruktur. Seinen Ende Juli auslaufenden Vertrag hat er mündlich bereits verlängert. 25 Jahre sind nicht genug für jemanden wie Rodion Pauels, der durch und durch ein Hai war, ist und bleiben wird. Das passt schon.