Interview mit Sportmanager Wichterich„Mehr auf Charakter als auf Talent schauen“

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Baskets-Sportmanager Michael Wichterich äußert sich zur alten und neuen Saison.

Bonn – Die Telekom Baskets sind dabei, ein neues Team  zusammenzustellen.  Dazu  und zur vergangenen Saison  äußert  sich Sportmanager Michael Wichterich im Interview mit Bert Mark. Zur Zukunft von Trainer O’Shea und Kapitän Mayo bleibt er vage.

Herr Wichterich, mit dem Erreichen der Playoffs haben die Baskets ihr erklärtes Saisonziel erreicht. Dennoch herrscht der Eindruck vor, dass mehr drin gewesen wäre als Platz sieben in der BBL und das Achtelfinale im FIBA Europe Cup. Wie beurteilen Sie die Saison?

Durch überragende Spiele wie gegen Bamberg und Bayern ist der Eindruck entstanden, dass wir gegen alle Teams wettbewerbsfähig sind. Dem stehen Niederlagen gegen Abstiegskandidaten gegenüber. Die Konstanz hat gefehlt. Dennoch war ein Qualitätsunterschied zu den vier Top-Teams zu erkennen, ein Sieg in der Serie gegen Oldenburg nur bei absoluter Topleistung möglich. Positiv ist, dass wir in einer sportlich brandgefährlichen Situation im Dezember die Wende Richtung Play-offs geschafft haben und im Pokal nur einen erfolgreichen Angriff vom Finale entfernt waren.

Gab es im Rückblick Fehler bei der Teamzusammenstellung? Was muss bei den Spielerverpflichtungen für 2019/20 anders laufen?

Konstanz schafft man durch Einsatz, Engagement und bedingungslosen Teamgeist. Die besten Spielzeiten sind meist die, in denen man keine Korrekturen beim Spielerpersonal vornehmen muss. Hier gilt es in der neuen Saison wieder verstärkt auf Charakter und nicht nur auf Talent zu schauen.

Mit Shane Gibson gab es einen Spieler, der mit befristetem Kurzvertrag in die Saison ging. Hat sich das bewährt?

Mein Eindruck ist, dass sich das bewährt hat, um die Leistungsfähigkeit des Spielers und auch seine Persönlichkeit und Rolle im Team besser einschätzen und besser entscheiden zu können.

Mit Olivier Hanlan, Stefan Bircevic und Nate Linhart wurden drei gestandene Spieler nachverpflichtet, die aber die Erwartungen, die ihre sportliche Vita versprach, nur selten erfüllt haben. Woran lag das?

Es gibt selten den einen Grund. Das perfekte Team mit optimaler Chemie planen zu können, ist eine Illusion. Jeder Spieler kommt mit eigenen Vorstellungen, Stärken, aber auch Defiziten. Insgesamt war es nicht einfach, allen persönlichen Erwartungen gerecht zu werden. Die herausragendste Qualität eines Teamsportlers ist es, eine konstant starke Leistung unabhängig von der Länge seiner Einsatzzeiten abzuliefern. Dennoch kann man sagen, dass uns die Veränderungen im Kader stärker gemacht und wir die Play-off-Teilnahme erreicht haben.

Besteht Interesse, einen oder mehrere Spieler dieses Trios weiterzuverpflichten?

Grundsätzlich gilt es, zunächst Klarheit bei der Trainerfrage und dann über das deutsche „Gerüst“ zu schaffen.

Wie sieht es mit Mayo aus?

Josh war auch in diesem Jahr nicht nur Topscorer, sondern auch effizientester Baskets-Spieler. Natürlich spielt er in den Überlegungen für die neue Saison eine Rolle.

Ist die These richtig, dass die Mannschaft – auch wegen der drei Nachverpflichtungen – eine der teuersten der vergangenen Jahre war?

Die Nachverpflichtungen haben zwar einen zusätzlichen finanziellen Aufwand erfordert, aber nicht in dem vielleicht zu erwartendem Umfang, da mit den Freistellungen von Shane Gibson, Ra’Shad James und James Webb auch substanzielle Einsparungen verbunden waren.

Bei den Baskets gibt es so gut wie nie Vertragsverlängerungen in einer Saison. Konkurrenten wie Oldenburg (im Februar verlängert mit Rasid Mahalbasic, im April mit Rickey Paulding) oder Frankfurt (vor dem letzten Spiel verlängert mit Tez Robertson) handeln da bei Leistungsträgern anders. Warum hat man etwa Jackson oder DiLeo nicht schon im Frühjahr weiter gebunden? Was spricht für den „Bonner Weg“?

Der Gedanke ist, niemanden über das Team zu stellen, sondern als Mannschaft die volle Konzentration auf die Saison und die Play-offs zu richten. Aber das tatsächliche Geschehen findet auch nicht immer in der Öffentlichkeit statt. Zudem kann man eine Vertragsverlängerung mit Paulding in Oldenburg oder Robertson in Frankfurt, die seit Jahren dort spielen und in ihrer Karriere-Endphase stehen, nicht mit einer von Jackson in Bonn vergleichen.

Wie beurteilen Sie die Arbeit von Trainer Chris O’Shea? Planen Sie weiter mit ihm?

Chris hat seine unerwartete Rolle sehr gut angenommen und erfolgreich ausgefüllt. Dabei hat er eine gute Balance zwischen Ansprache und taktischen Inhalten gefunden. Er spielt also weiter eine Rolle.

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