Viele Bombenangriffe galten V-Waffen
AUS DEM KREIS. Die V-Waffen (V 1 und V 2) galten als Wunderwaffen, mit denen Adolf Hitler nicht nur Vergeltung für die verheerenden Luftangriffe der Alliierten auf deutsche Städte üben wollte, sondern die Nazipropaganda versuchte der Bevölkerung immer wieder zu suggerieren, dass damit noch die Kriegswende geschafft werde. Und diese Waffen sollten das Kriegsgeschehen in den letzten Kriegswochen im Oberbergischen maßgeblich beeinflussen. An mehreren Orten sollten Abschussrampen für diese Waffen gebaut werden. Da der Nachschub für die V-Waffen-Einheiten fast ausschließlich mit der Eisenbahn transportiert werden musste, waren die oberbergischen Bahnhöfe und Gleisanlagen in den letzten Kriegswochen immer wieder Ziele der Bomben- und Tieffliegerangriffe der Alliierten.
Die V-Waffen-Einheiten waren zunächst in Westfrankreich stationiert, von wo London beschossen wurde. Nach der Invasion in der Bretagne mussten diese Einheiten vor den vorrückenden Alliierten immer wieder den Rückzug antreten. Und Ende 1944 / Anfang 1945 wurden V-Waffen-Stellungen auch im Oberbergischen Kreis, in der Nutscheid, im Westerwald und im Sauerland stationiert (lesen Sie auch den unten stehenden Zeitzeugenbericht von Paul Langer).
Von den oberbergischen Stellungen wurde nach übereinstimmender Meinung aller Militärexperten keine V 1 oder V 2 abgeschossen - im Gegensatz zum Westerwald. Jedenfalls erinnert sich der Harscheider Heimatforscher Karl Schmitz, dass in den sternenklaren Nächten in den Wintermonaten 1944 / 45 der Feuerschweif der Raketen, die im Westerwald abgeschossen wurden, beobachtet werden konnte.
Ob die V-Waffen auch mit ein Grund für die schweren Bombenangriffe auf Engelskirchen am 19. und 28. März 1945 waren (die OVZ wird noch berichten), bei denen es 223 Tote zu beklagen gab, ist nie endgültig geklärt worden. Fakt ist aber, dass auf dem Engelskirchener Bahnhof zum Zeitpunkt des Luftangriffs ein Munitionszug mit 50 Waggons stand.
Außerdem explodierte am 19. März 1945 in Volperhausen ein Munitionszug, auf dem offensichtlich für Raketen für die Abschussrampen im Westerwald und in der Nutscheid geladen waren. Der Morsbacher Heimatforscher Christoph Buchen hat herausgefunden, dass gerade auf der Strecke Waldbröl-Hermesdorf-Morsbach-Wissen Züge mit V-Waffen fuhren. Sie verkehrten nur nachts, tagsüber wurden sie in Tunnels versteckt.
Warum die Raketen und auch die großen, sperrigen Teile für die V-Waffen-Startrampen fast ausschließlich mit der Eisenbahn transportiert wurden, führt Paul Langer auf den immer knapper werdenden Treibstoff für die schweren Lkw zurück. So hatten es die Alliierten, die längst über die totale Lufthoheit verfügten, relativ leicht, durch die Bombardierung von Bahnanlagen den Nachschub für die V-Waffen-Stellungen zu unterbinden.
Angesichts der vorrückenden Alliierten setzten die V-Waffen-Einheiten Mitte März 1945 ihren Rückzug fort - und bauten ihre Stellungen in Oberberg ab. So auch am 10. März 1945 die V-1-Einheit von Paul Langer, der gegen Kriegsende in Eutin in englischen Gefangenschaft geriet.