NDR-TalkshowWen Barbara Schöneberger und Hubertus Meyer-Burckhardt am liebsten interviewten

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ARCHIV - 01.09.2023, Hamburg: Die Moderatoren Barbara Schöneberger und Hubertus-Meyer Burckhardt stehen im Fernsehstudio bei einem Fototermin anlässlich der 1000. Sendung der NDR Talk Show und lachen in die Kamera.

Die Moderatoren Barbara Schöneberger und Hubertus-Meyer Burckhardt verstehen sich prima

Zur 1000. Sendung der „NDR Talk Show“ übernehmen die Moderatoren Schöneberger und Meyer-Burckhardt auch im Interview mit Guido Behsen die Regie.

Ein Interview mit zwei Menschen, die ständig Menschen interviewen - gar nicht so ohne. Vor der 1000. Ausgabe der „NDR Talk Show“ aus Hamburg hat das Moderatoren-Duo Barbara Schöneberger (49; 350 Moderationen) und Hubertus Meyer-Burckhardt (67; 517 Moderationen) zum Jubiläums-Gespräch eingeladen.

Unsere Redaktion überlässt den Plauder-Profis aus gegebenem Anlass die Bühne und belässt es bei der Einstiegsfrage: Wird man nach so langer Zeit im Talk-Geschäft beim Blick auf die Gästeliste noch nervös?

Barbara Schöneberger: Einige Gäste stellt man sich anstrengender vor als andere. Entweder ist man nervös, weil man die selber toll findet, oder aber weil die sehr populär sind. Das kann einen schon unter Druck setzen. Es gab aber auch Gästekonstellationen, da haben wir uns angeguckt und gesagt: Super, da ist keiner dabei, der uns Angst macht.

Hubertus Meyer-Burckhardt: Ich habe gerade Anna Engelke interviewt, die ja selbst Journalistin ist und Sprecherin des Bundespräsidenten war. Da habe ich gedacht: Jetzt muss ich mir aber verdammt gute Fragen überlegen, die Latte liegt hoch.

Wir haben auch immer wieder berühmte Gäste, die kommen nur für einen Film. Die sagen während des ganzen Gesprächs kein Wort, es sei denn, man spricht sie direkt an. Dann gehen sie hoch und erzählen von ihrem Film, und danach sacken sie wieder förmlich in sich zusammen.

Schöneberger: Wenn beispielsweise Til Schweiger kommt, ist ihm schon wichtig, dass wir und auch unsere Redaktion den neuen Film auf jeden Fall gesehen haben. Das ist sehr professionell, sehr amerikanisch. Und dann gibt es Gäste wie neulich die Wolter-Zwillinge von „World Wide Wohnzimmer“, die rutschen da so rein und überlegen sich was Lustiges.

Diese Gäste wollen eigentlich nur Spaß und einen schönen Abend haben, während andere auch etwas erreichen wollen. Ideal ist die Mischung aus beidem. Wir lieben die Superstars, die zu uns kommen, genauso wie die sogenannten New Faces.

Meyer-Burckhardt: Zu Beginn der Talkshow war es für das Publikum ja noch eine Ausnahme, Prominenz überhaupt zu sehen. Heute gibt es schon einen relativ großen Teppich an Prominenten, Halbprominenten und sonstigen Celebrities, sodass es sich fast umgedreht hat. Das Überraschungsmoment ist größer, je weniger prominent der Gast ist.

Ich denke da zum Beispiel an den „Heaven Can Wait Chor“, dessen Mitglieder alle 70 Jahre und älter sind. Oder ich erinnere mich an die Geschichte einer Mutter, die hat ihrer behinderten Tochter am Küchentisch ein Gestell zusammengelötet, damit sie sich besser halten kann. Das war berührend, beeindruckend und bewegend.

Schöneberger: Die Frau hat das Prinzip so verfeinert, dass ihr die Medizintechnik das Gerät schließlich abgekauft und in die Produktion gegeben hat. Solche Geschichten sind immer die schönsten.

Meyer-Burckhardt: Ja, eine Heldin des Alltags. Ich habe mal die These aufgestellt: Männer werden im Alter bedeutungsschwanger, Frauen werden anarchisch. Ältere Männer, ich nenne jetzt mal keine Namen, nehmen einen vor der Show schon mal beiseite und sagen Sachen wie „Sie erwähnen aber schon dies und jenes“ oder „Ich war früher aber mal dies und das“, so etwas habe ich bei Frauen nie erlebt! Lotti Huber zum Beispiel war gewaltig, genau wie die älteste Darstellerin bei „Rote Rosen“, Brigitte Antonius.

Wir machen es allen relativ leicht, ein gutes Bild von sich abzugeben.
Barbara Schöneberger

Schöneberger: Überhaupt sind alte Menschen ganz oft die besten Geschichtenerzähler und in der Lage, eine ganze Talk-Runde zu verbinden. Sie gehören zu der Art Gäste, an die alle anderen Anwesenden Fragen haben. Zu dieser Kategorie gehören auch Wissenschaftler wie der Astronaut Thomas Reiter. Dann wird die Runde wirklich eins und man bekommt das Gefühl, am Freitagabend bei einem späten Abendessen zusammenzusitzen.

Meyer-Burckhardt: Und dann gibt es diejenigen, die sich auch etwas für die Runde verantwortlich fühlen...

Schöneberger: Und ganz toll war natürlich Jane Birkin.

Meyer-Burckhardt: Gott hab sie selig.

Schöneberger: ... da habe ich vorher gedacht: Oh Gott, das wird schwer. Und als sie dann dran war, war sie wie angeknipst und blieb total bei den Gesprächen und hat ehrlich interessiert Fragen an die gestellt, die nach ihr kamen.

Meyer-Burckhardt: Michael Bublé.

Schöneberger: Michael Bublé! Der fand das alles „so interesting“ und hat sich richtig eingemischt. Dabei hätten wir den auch genommen, wenn der nach seinem Gespräch mit uns gesagt hätte: „Sorry Guys, ich hab morgen ein Konzert, ich geh schon mal los...“ Aber er ist nicht nur geblieben, er war sowohl vor als auch nach der Sendung noch im Gästeraum, ich war schockverliebt. Dabei wollte ich an dem Abend eigentlich Sebastian Koch für mich begeistern, aber Anke Engelke...

Meyer-Burckhardt:In dem Fall Anke Engelke, nicht Anna.

Schöneberger: Anke Engelke hat gleich gesagt: Nimm den Bublé!

Meyer-Burckhardt: Barbara und ich haben unsere Garderoben ja nebeneinander und die Wände sind dünn. Und daneben sind wiederum Gäste untergebracht. Da bekommen wir schon mal mit, wenn jemand Liebeskummer oder sonstige Sorgen hat oder gerade auf seinen Sohn sauer ist. Es sind immer Menschen, die zu uns kommen.

Aber wenn du dann in der Sendung bist, dann gibt's kein Eheproblem, keine finanziellen Sorgen, keinen Ärger mit den Kindern, dann musst du liefern. Das ist der Preis, den du zahlst, wenn du in diesem Gewerbe bist.

So viele Menschen gibt es leider nicht mehr, die einfach mal zuhören.
Hubertus Meyer-Burckhardt

Schöneberger: Einerseits werden unsere Gäste immer geübter im Umgang mit Medien, andererseits sind sie dadurch natürlich auch glatter. Das liegt auch an der Erwartung, die man an sie hat. Man will es auf der einen Seite sehr unterhaltsam haben, aber auf der anderen Seite auch ja schön gefällig.

Da ist es umso wichtiger, dass Leute auch mal sperrig sind. Wobei Hubertus auch schon Frauen in der Sendung hatte, die waren so sperrig, dass er sie nach acht Minuten gefragt hat: Kennen Sie unsere Sendung?

Meyer-Burckhardt: Das gehört schon mal dazu. Was wir hier machen, hat natürlich mit einer gewissen Begabung zu tun. Das heißt aber nicht, dass man gewisse Dinge nicht auch lernen sollte. Vor allem sollte man lernen zuzuhören. So viele Menschen gibt es leider nicht mehr, die einfach mal zuhören, beziehungsweise hinhören. Das Format heißt ja auch nicht „Willkommen bei Barbara und Hubertus“, sondern „NDR Talk Show“, und diesem Format dienen wir...

Schöneberger: Und auch die Gäste, die etwas mitbringen und ja auch bewerben möchten, müssen sich bewegen. Wenn sich jemand von einer nicht so guten, kurz angebundenen Seite zeigt, dann denke ich, ja gut, dann eben nicht, dann hat er eben Pech und die Chance vertan, sich hier zu präsentieren. Wir machen es jedenfalls allen relativ leicht, ein gutes Bild von sich abzugeben, und sind grundsätzlich erst einmal jedem gegenüber freundlich gesonnen.

Meyer-Burckhardt: Der Mensch mit seinen Hoffnungen, Ängsten und Abgründen ist eben das spannendste Universum, das es überhaupt gibt. Er bleibt ein Mysterium. Und sich dem zu nähern, finde ich noch immer sehr interessant. Alfred Biolek hat so schön gesagt: „Ich liebe es, mich in diesem Menschenzoo liebevoll zu bewegen.“

Schöneberger: Auch die etabliertesten Vorurteile bewahrheiten sich nur zum Teil. In den allermeisten Fällen geht man raus und denkt: Was für ein netter Mensch. Mir fallen aus der ganzen Zeit nur zwei Leute ein, die ich einfach nur unangenehm fand. Einen verrate ich: Frederik von Anhalt.

Der nannte mich „Mäuschen“ und hat sich überhaupt unmöglich verhalten. Ich habe innerlich jubiliert, weil er sich um Kopf und Kragen geredet hat und ich ihn einfach immer weiter hab reden lassen. Insgesamt macht mich mein Job noch mehr zum Menschenfreund, als ich sowieso schon war und bin.


Talkshow-Dino

Seit 44 Jahren sendet der Norddeutsche Rundfunk seine „NDR Talk Show“ – derzeit dreimal im Monat mit jeweils sechs bis acht Gästen und mehr als einer Million Zuschauern. Nur „3 nach 9“ von Radio Bremen, ausgestrahlt seit 1974, ist noch älter. Neben Barbara Schöneberger und Hubertus Meyer-Burckhardt bilden Bettina Tietjen und Johannes Wimmer das zweite Moderatoren-Team. (dpa)

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