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Royals in SpanienKommt nun die letzte Beichte des Alt-Königs?

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Juan Carlos, Altkönig von Spanien, winkt vom Segelboot „Bribon“ in Sanxenxo.

Juan Carlos, Altkönig von Spanien, winkt vom Segelboot „Bribon“ in Sanxenxo. (Archivbild von 2022)

Spaniens Monarchie zittert vor den Memoiren von Juan Carlos, die im November erscheinen sollen.

Fünf Jahre ist es her, dass Juan Carlos, Spaniens Skandalkönig im Ruhestand, im August 2020 ein Flugzeug Richtung Abu Dhabi bestieg. Es war ein Rückzug aus Spanien. Seitdem ist es in seiner Heimat ruhig um den 87-Jährigen geworden. Das aber könnte sich demnächst ändern – denn nun will sich der in Ungnade gefallene Altkönig mit einem Buch zu Wort melden.

Memoiren von Juan Carlos: Enthüllungen vor historischem Jubiläum?

Im November sollen seine Memoiren mit dem Titel „Reconciliación“ (Versöhnung) erscheinen. Und zwar nicht zufällig kurz vor dem 50. Jahrestag seiner Proklamation zum König nach dem Tod des rechtsgerichteten Diktators Franco. Juan Carlos I. wurde am 22. November 1975 vom spanischen Parlament offiziell zum königlichen Staatsoberhaupt ausgerufen.

Symbolhaftes Datum: Ein Schatten über dem Königreich

Es handelt sich um ein Datum mit Symbolkraft. Ein Datum, welches das Ende des Unterdrückerregimes Francos und Spaniens Übergang zu einem freiheitlichen und demokratischen Staat markiert. Und genau deswegen sorgt die angekündigte Veröffentlichung der Juan-Carlos-Memoiren für großes Unbehagen im Königspalast – denn eine lange Serie von Skandalen hat mittlerweile das Denkmal vom angeblich vorbildlichen und gesetzestreuen König Juan Carlos schwer beschädigt.

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Vergebliche Versuche: Das Königshaus kann Memoiren nicht verhindern

„Man hat in diskreten Gesprächen mit Juan Carlos versucht, die Veröffentlichung zu verhindern oder wenigstens zu verschieben“, berichten Königshausexperten. Ganz offenbar vergeblich. Nachdem Spaniens Medien jahrelang über Steuerbetrügereien, Schwarzgelder, ausländische Geheimkonten und außereheliche Abenteuer berichteten, hat Juan Carlos offenbar nun das große Bedürfnis, der Welt seine Sicht der Dinge mitzuteilen.

Einblicke oder Bloßstellung? Juan Carlos bricht sein Schweigen

In der offiziellen Verlagswerbung seines Buches lässt sich Juan Carlos so zitieren: „Mein Vater hat mir immer geraten, keine Memoiren zu schreiben. Könige beichten nicht. Schon gar nicht öffentlich. Ihre Geheimnisse bleiben im Schatten der Paläste begraben. Warum missachte ich diesen Rat nun? Weil ich das Gefühl habe, dass mir meine Geschichte gestohlen wird.“

Juan Carlos, ehemaliger König von Spanien.

Juan Carlos, ehemaliger König von Spanien.

Sprich: Ihre Majestät fühlt sich zu Unrecht an den Pranger gestellt. Das Buch „Versöhnung“ wurde von der französischen Autorin Laurence Debray verfasst, die bereits 2022 eine schmeichelnde Biografie über den König im Ruhestand veröffentlicht hatte. Spaniens Hofexperten gehen deswegen davon aus, dass auch in dem neuen Werk wenig kritische Töne über die Fehltritte des langjährigen spanischen Staatsoberhaupts zu finden sein werden.

Vergangenheit und Gegenwart: Juan Carlos zwischen Abdankung und Öffentlichkeit

Im Jahr 2014 war der öffentliche Druck auf Juan Carlos so groß geworden, dass er abdankte und die Krone an seinen Sohn Felipe übergeben musste. Der renommierte Monarchiekenner José Antonio Zarzalejos geht davon aus, dass das neue Buch eher „oberflächlich“ bleiben und vor allem eine „Selbstrechtfertigung“ sein werde.

Der Verlag bezeichnet die Veröffentlichung hingegen als „historisches Ereignis“. Das Buch sei „aus dem Herzen geschrieben, ohne Beschönigung“ und wolle „eine Ungerechtigkeit wiedergutmachen“. Juan Carlos verspricht laut der Buchwerbung, dass es nun um „den privaten Teil eines öffentlichen Lebens“ gehen werde. Plaudert Juan Carlos nun also doch etwas mehr aus dem Nähkästchen und erzählt der Welt ehrlich, was er bisher verschwieg?

Ein König im Exil: Juan Carlos' neues Leben in Abu Dhabi

Schließlich klingt die Buchankündigung mit dem Titel „Versöhnung“ ja auch ein bisschen nostalgisch – und nach Abschied. „Ich habe kein Recht zu weinen“, soll er gesagt haben. Die Memoiren seien „die Geschichte einer Befreiung“, heißt es vom Verlag. Könnte es also tatsächlich die letzte Beichte eines alten Königs werden?

Seit seinem unfreiwilligen Weggang aus Spanien lebt Juan Carlos zurückgezogen in einer Luxusvilla in Abu Dhabi in den Vereinigten Arabischen Emiraten. Alle paar Monate kommt er per Privatjet nach Spanien, vor allem um im Atlantikort Sanxenxo an Segelregatten teilzunehmen und auch um alte Freunde wiederzusehen. Öffentlich tritt er nur noch sehr selten auf. Auch Treffen mit seinem heute 57-jährigen Sohn Felipe VI., der mit seinem Vater gebrochen hat, sind die Ausnahme.

Nachdem die Ermittlungen in Spanien wegen Steuerbetrugs und der mutmaßlichen Annahme von Schmiergeldern eingestellt wurden, ist Juan Carlos nun in die juristische Offensive gegen einige seine Kritiker gegangen. Der Alt-König verklagte zum Beispiel seine langjährige deutsche Ex-Geliebte Corinna zu Sayn-Wittgenstein-Sayn wegen angeblicher Verleumdung. Sie hatte mit ihren Enthüllungen über millionenschwere Geheimkonten in der Schweiz die Ermittlungen ins Rollen gebracht.

Dass Juan Carlos demnächst zur Präsentation seines Buchs persönlich in Madrid auftauchen wird, gilt als eher unwahrscheinlich. Ebenso wenig ist davon auszugehen, dass seine Memoiren tatsächlich zur Versöhnung mit den Spaniern beitragen werden. Zumal Juan Carlos bislang kaum Reue zeigte: Als ihn Reporter fragten, ob er – wie von Spaniens Regierungschef Pedro Sánchez gefordert – eine öffentliche Entschuldigung in Erwägung ziehe, quittierte er die Frage lediglich mit Gelächter.