Bernard Krone, Chef der Krone-Gruppe in Niedersachsen, rechnet mit der deutschen Bürokratie ab und nimmt dabei kein Blatt vor den Mund.
Unternehmer klagt an„Hat jede Stelle im Staatsdienst ihre Daseinsberechtigung?“

Ein Stempel mit der Aufschrift „Bürokratie“ liegt auf Papieren. (Symbolbild)
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Bürokratie belastet Unternehmen. Eine Binsenweisheit? Vielleicht. Bernard Krone ist dennoch ziemlich genervt und beklagt eine Misstrauenskultur gegenüber Unternehmern. Der Chef der Krone-Gruppe rechnet im Interview mit Dirk Fisser mit der ausufernden Bürokratie in Deutschland ab.
Herr Krone, Union und SPD haben einen Koalitionsvertrag vorgelegt. Ein wichtiges Thema: Bürokratieabbau.
Deutschland braucht Reformen! Das gilt für den Gesundheitssektor, für die Rente, für den Bereich Migration. Aber es braucht eben auch Bürokratieabbau! Es ist zunächst einmal gut, dass Ziele formuliert worden sind. Es bleibt nur die Frage: Schafft die Regierung das auch? Es liegt ja ein wenig im deutschen Wesen, alles ganz genau regeln zu wollen. Das fördert natürlich aber auch Bürokratie. Und damit verbunden: einen Stellenaufbau im öffentlichen Dienst.
Macht Ihnen der Staat auf dem Arbeitsmarkt Konkurrenz?
Allerdings. Der Staat war in den vergangenen Jahren unser größter Wettbewerber um Fachkräfte. Kein anderes Unternehmen hat so viele Mitarbeiter eingestellt, wie der Staat. Auch wir haben Mitarbeiter verloren, die mit der Aussicht auf Verbeamtung in den vermeintlich sicheren Schoß des Staates gewechselt sind. Ich frage: Hat jede Stelle im Staatsdienst wirklich ihre Daseinsberechtigung? Sind das alles sogenannte produktive Tätigkeiten, wie es ein Unternehmer formulieren würde? Bringt es den Staat und die Gesellschaft weiter? Oder wird von diesen Staatsdienern nicht nur weitere Arbeit erzeugt, die Unternehmen belastet.
Das klang jetzt nach rhetorischen Fragen… Ist es denn nicht etwas unterkomplex, Bürokratie pauschal zu verteufeln?
Deutschland hat es mit der Bürokratie übertrieben. Das sage ich nicht nur für die Krone Gruppe, sondern auch als Vorstandsvorsitzender der Interessenvereinigung Ems-Achse, der sehr viele Unternehmen im Nordwesten angehören. Aber insofern gebe ich Ihnen recht: Es ist gut, dass es klare Regeln gibt, an denen man sich orientieren kann, und die Rechtssicherheit bieten. Unsere Unternehmensgruppe ist in mehr als 100 Ländern geschäftlich aktiv. Daher wissen wir sehr wohl, was es bedeutet, wenn keine klaren Regeln herrschen. In dem Sinne lehne ich Bürokratie nicht grundsätzlich ab. Aber sie darf keine Überhand nehmen. Wer kontrolliert da die Bürokratie?
Wie meinen Sie das?
Wenn wir hier eine Maschine entwickeln und auf den Markt bringen, dann prüfen wir, ob wir damit den erwarteten Erfolg erzielen. Wenn nicht, justieren wir nach oder nehmen das Produkt vom Markt, schaffen es ab. Dieses Prinzip scheint es beim Staat nicht zu geben. Einmal beschlossen und eingeführt, wird an Vorgaben festgehalten. Egal, wie unsinnig sie sind oder wie schwer zu erfüllen.
Wenn man den Unternehmer Bernard Krone nachts wecken und fragen würde, welche bürokratische Hürde weg soll, was wäre Ihre Antwort?
Das Verbandsklagerecht in seiner jetzigen Form! Das wäre der erste Impuls. Aber ich will gerne zugeben: Es gibt schutzwürdige Güter, etwa die Natur, da ist es wichtig, dass jemand die Interessen vertritt. Aber lassen Sie mich ein Beispiel aus der Region anführen: die Europastraße E233, die mehrspurig ausgebaut werden soll. Der momentane Zustand ist ein Bremsklotz für die ganze Region. Da gibt es Widersacher, die haben mit der Straße oder sogar der Region an sich gar nichts zu tun. Sie sind nur aus Prinzip dagegen. Das Verbandsklagerecht wird als Instrument zur Verhinderung jeglicher Infrastrukturprojekte genutzt. Das darf nicht sein!
Schwarz-Rot will beim Verbandsklagerecht nachsteuern, so steht es im Koalitionsvertrag.
Das ist dringend notwendig. Das Ziel des Verbandsklagerechtes und das, was daraus geworden ist, muss wieder in Einklang gebracht werden. Da klafft eine riesige Lücke! Das wäre ein wahnsinnig wichtiger Schritt für unsere Demokratie.
Herr Krone, die Demokratie steht und fällt doch nicht mit dem Verbandsklagerecht…
Im Kleinen! Weil die Akzeptanz des Rechtsstaates auf dem Spiel steht. Bleiben wir beim Beispiel E233: Da wird geprüft, ob ein Loch, das im Zuge von Aushub beim Bau der Autobahn 31 vor einigen Jahrzehnten entstanden und jetzt mit Wasser vollgelaufen ist, ob das jetzt einen Schutzstatus erhalten soll. Das würde die Erweiterung der E233 massiv behindern oder gleich ganz verhindern. Solche Kniffe werden genutzt, um Infrastrukturprojekte systematisch zu verhindern. So etwas finden Sie überall in Deutschland. Da klagen Personen und Nichtregierungsorganisationen aus Süddeutschland gegen Projekte in Norddeutschland. Das darf eigentlich nicht so sein. Wenn wir dann auch noch sehen, dass solche Nichtregierungsorganisationen mit Geld aus der Staatskasse gefördert werden, dann kommt mein Verständnis an Grenzen. Das geht sicherlich nicht nur mir so. Da ist augenscheinlich ein ganzer Wirtschaftszweig entstanden, Deutschland auszubremsen.
Man merkt Ihnen an, wie genervt Sie von der Bürokratie sind. Geht es bei Ihnen so weit, dass Sie den Standort Deutschland infrage stellen?
Es gibt sicher Unternehmer, die an diesem Punkt sind. Unser Unternehmen hat weltweit Standorte, wir sind breit aufgestellt. Das hat nichts mit Bürokratie oder Fachkräftemangel zu tun. Das hat mit der Notwendigkeit zu tun, in solchen Märkten mit eigener Fertigung präsent zu sein. Dort erkennen wir dann aber auch eine Art Willkommenskultur für Unternehmer. Ich sage: Wir lassen uns so schnell nicht aus Deutschland vertreiben. Aber wenn uns der Ballast an Bürokratie, die Energiekosten oder die mangelnde Infrastruktur in die Situation bringen, dass wir nicht mehr kostendeckend in Deutschland produzieren können, dann müssen auch wir uns sicherlich Gedanken machen.
Womit wir beim Punkt der Digitalisierung wären. Wäre Bürokratie erträglicher, wenn sie digitaler und damit einfacher wäre?
Wenn wir als Unternehmen noch so arbeiten würden wie der Staat heute – Stichwort: Fax-Gerät –, dann hätte die Krone Gruppe nicht 10.000, sondern 13.000 Mitarbeiter. Und ich glaube nicht, dass wir dann noch wettbewerbsfähig wären. Daran erkennt man doch ganz gut, wie schlecht es um die Innovationskraft des Staates steht.