Gleich zwei Bayer-Töchter haben Therapie-Möglichkeiten für die Parkinson-Krankheit entwickelt.
Bayer AGZwei neue Entwicklungen geben Hoffnung für Parkinson-Patienten

In hochreinen Laboren arbeitet Viralgen in San Sebastian an Gentherapien.
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Parkinson führt bei Millionen Menschen zum Verlust der motorischen Fähigkeiten. Zittern, Muskelsteifheit und verlangsamte Bewegungen sind Symptome bei dieser fortschreitenden Krankheit. Dazu kommen auch etwa Depressionen, die das Alltagsleben zusätzlich erschweren. Grund ist das Fehlen des Botenstoffs Dopamin im Gehirn der Betroffenen.
Heilung gibt es derzeit nicht. Die Symptome werden gelindert durch die Gabe einer Vorstufe des Stoffs oder durch ins Gehirn eingesetzte Elektroden, die Impulse an Nervenzellen senden. Geeignet ist das aber nicht für alle Patienten. Die Pharmaindustrie bemüht sich verstärkt um neue Therapien. Hoffnungen machen weltweit 10 Millionen Betroffenen jetzt zwei Entwicklungen, die der Bayer-Konzern im baskischen San Sebastian vorstellte. Es gibt den Zelltherapie-Kandidat Bemdaneprocel von Blue Rock und eine mögliche Gentherapie namens AB-1005 von Ask Bio, beides unabhängig betriebene Bayer-Töchter.
Zulassung der Mittel Ende des Jahrzehnts möglich
Beide Kandidaten haben sich in ersten Studien (Phase-I) als sicher gezeigt. Ob sie wirksam und verträglich sind und welche Dosierung geeignet ist, soll bei der Gentherapie mit 87 Patienten in einer Phase-II-Studie weiter untersucht werden. Bei der Zelltherapie schließt sich gleich eine Phase-III-Studie mit einer Vielzahl an Patienten an.
Ob sich die Hoffnungen erfüllen, ist aber in diesem Stadium der Prüfung nicht sicher. Auch in Phase-III-Studien scheitern noch etwa 50 Prozent der Therapie-Kandidaten. Außerdem brauchen die Studie und auch das sich anschließende Zulassungsverfahren viel Zeit. Stefan Oelrich, Mitglied des Bayer-Vorstands und Leiter der Pharma-Division, hofft bei positiven Studienergebnissen auf eine Zulassung Ende des Jahrzehnts.
Beide Therapien müssen nur einmal angewendet werden
Bei der Zelltherapie werden die durch Parkinson abgestorbenen Nervenzellen ersetzt. Neuronen werden aus embryonalen Stammzellen gewonnen und durch eine Operation in das Gehirn des Patienten implantiert. Diese Zellen haben laut Bayer das Potenzial, zerstörte neuronale Netze zu regenerieren und Funktionen bei den Patienten wiederherzustellen.
Bei der Gentherapie AB-1005 wird ein Gen durch eine neurochirurgische Injektion in Dopamin-erzeugende Zellen im Gehirn gebracht, wo es die Produktion und kontinuierliche Freisetzung eines Proteins namens GDNF anregt. Dieses Protein unterstützt das Wachstum, das Überleben und die Differenzierung dieser Nervenzellen. Beide Therapien müssten nur einmal angewendet werden.
Die Mittel seien bahnbrechend und eröffneten eine Welt von Möglichkeiten. Sie könnten mit ihren unterschiedlichen Wirkungsweisen für unterschiedliche Patienten von Nutzen sein. Und sie könnten als Plattform dienen für weitere Entwicklungen, erklärt Christian Rommel, Leiter Forschung und Entwicklung. Deshalb fahre Bayer zweigleisig bei der Entwicklung von Parkinson-Mitteln.
Erfolge in der Pharmasparte kann Bayer gut gebrauchen. Nachahmer-Präparate drängen auf den Markt, nachdem bei Kassenschlagern wie dem Blutverdünner Xarelto Patente ausgelaufen sind. Immerhin haben im ersten Halbjahr 2025 Markteinführungen und bessere Verkäufe bei neuen Mitteln Umsatzverluste bei älteren Mitteln mehr als kompensiert. Das erwartet Bayer auch für das kommende Jahr.
Neue Mittel müssen Pharma-Pipeline füllen
Oelrich verweist etwa auf die Einführung des Mittels Beyonttra. Innerhalb von zwei Monaten habe das Mittel gegen Plaque im Herzen einen Marktanteil von 42 Prozent in Deutschland erreicht. Das Mittel sei ein Blockbuster-Kandidat und habe damit ein Milliarden-Umsatzpotenzial. Er verwies auch auf das Herz- und Nierenmittel Kerendia, Nubeqa gegen Prostatakrebs sowie das Augenmittel Eylea, deren Verkäufe anzogen, auch weil es neue Anwendungen oder bei Eylea eine neue Dosierung gibt.
Das hatte sich Bayer-Chef Bill Anderson auf die Fahnen geschrieben, als er mit dem Konzernumbau begann. Das Streichen von Managementebenen und die Verlagerung von Kompetenzen in die einzelnen Abteilungen soll Bayer schneller machen bei der Entwicklung und der Markteinführung neuer Produkte. Bayer sei heute ein Konzern, der aus 2000 Start-ups bestehe, so Anderson.
Pharma-Sparte soll ab 2027 wachsen
Bayer habe seine Produkt-Pipeline fokussiert, sagt Rommel. Der Anspruch bei Entwicklungen sei entweder der Erste zu sein bei neuen Therapien oder der Beste. Entsprechend würden die Ressourcen verwendet. Und die Entwicklung neuer Mittel müsse viel schneller gehen. In den Schwerpunktbereichen, darunter Kardiologie, Onkologie und Neurologie, will Bayer 2030 führende Positionen einnehmen.
Oelrich erwartet Wachstum in der Pharma-Sparte ab 2027 auch durch sechs potenzielle neue Mittel als Wachstumstreiber und höhere Gewinnmargen ab 2028. Seine Vision: Bayer kommt unter die Top 10 der Pharmaunternehmen weltweit. Er kann sich nach den Käufen der US-Unternehmen Blue Rock, ASK Bio mit der Tochter Viralgen und Vivideon in den letzten Jahren auch weitere Übernahmen vorstellen.