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Neues Gesetz soll helfenUmstrittene Praxis einiger Abmahnvereine im Visier

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Geld

Symbolbild

  1. Die Politik hat sich auf die Fahnen geschrieben, den Missbrauch der Abmahnvereine zu beenden.
  2. Den Abmahnern geht es nicht um Verstöße gegen Verbraucherrecht, sondern darum für Abmahnungen wegen Bagatellverstößen Kasse zu machen.

Bonn – Zehntausende Kleinunternehmer warten darauf: Im September will die Koalition im Bund endlich das Gesetz zur Stärkung des fairen Wettwerbs im Bundestag verabschieden lassen. Ziel ist, den Abmahnmissbrauch einzudämmen, dem häufig kleine Selbstständige mit Onlineauftritt zum Opfer fallen. Ein kleiner Fehler bei der Produktkennzeichnung kann sie heute schnell mehrere tausend Euro kosten, wenn sie abgemahnt werden. Viele Betroffene führt das in den Bankrott.

Der stellvertretende Vorsitzende der SPD-Fraktion im Bundestag, Dieter Wiese, beschreibt das Vorgehen der missbräuchlichen Abmahner: „Abzocker durchsuchen mit sogenannten Crawlern Websites automatisiert nach Bagatellverstößen und versenden eine Vielzahl von Abmahnungen per Serienbrief. Und dies nicht etwa, um fairen Wettbewerb sicherzustellen, sondern um die Kostenerstattung und hohe Vertragsstrafen zu kassieren.“Vergangene Woche haben Union und SPD nun nach eigenen Angaben die letzten Streitpunkte beseitigt.

Abmahner können keinen Aufwendungsersatz verlangen, wenn etwa Angaben im Impressum falsch sind“, erklärte der stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Thorsten Frei. Kleine und mittlere Unternehmen bis zu 250 Mitarbeitern sollen vor kostenpflichtigen Abmahnungen bei Verstößen gegen die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) ausgenommen sein. Das erfuhr unsere Zeitung aus zuverlässiger Quelle.

Streit über Abmahnbefugnis

Der Streit, inwieweit Datenschutzverstöße überhaupt abmahnfähig sind, hat die Gesetzesverabschiedung lange verzögert. Ein anderer Knackpunkt war die Frage, wer überhaupt abmahnen darf. Da es unter den Verbänden und Vereinen, die abmahnen, ein paar schwarze Schafe gibt, sollen sie sich künftig beim Bundesamt für Justiz in Bonn registrieren müssen. Abmahn- und klagebefugt sollen demnach nur Vereinigungen sein, unter deren Mitgliedern sich eine „erhebliche Zahl“ von Mitbewerbern befindet. Ob dieses Kriterium erfüllt ist, soll die Bonner Behörde in regelmäßigen Abständen überprüfen.

Die Regierung geht in ihrem Gesetzentwurf davon aus, dass zehn Prozent der Abmahnungen nach dem Wettbewerbsrecht missbräuchlich seien. Für das Jahr 2017 schätzt sie, dass es mehr als 16 000 solcher missbräuchlichen Fälle gab. Mit dem Gesetz zur Stärkung des fairen Wettbewerbs soll der Missbrauch wenigstens halbiert werden. Die Wirtschaft soll dadurch um 8,6 Millionen Euro jährlich entlastet werden.

Legitimes Instrument des Wettbewerbsrechts

Abmahnungen sind eigentlich ein legitimes Instrument des Wettbewerbsrechts, mit denen Mitbewerber und die Verbraucher geschützt werden sollen. Unlauteres Verhalten sind illegale Nachahmung, Schleichwerbung, Täuschung des Verbrauchers oder etwa Fehler im Impressum. Statt eine Behörde mit der Verfolgung der Verstöße zu beauftragen, überlässt es der Gesetzgeber den Mitbewerbern oder Vereinen, die sie dann vertreten, weil es als effektiver gilt. Viele Verfahren werden außergerichtlich beigelegt.

In den Unterlassungserklärungen, die die Abgemahnten unterschreiben sollen, werden bei einem erneuten Verstoß oftmals Tausende Euro als Strafe verlangt. Die Koalition will nun mit dem neuen Gesetz die Strafen bei geringen Verstößen für kleine Unternehmen auf 1000 Euro beschränken. Bei Verstößen gegen gesetzliche Kennzeichnungs- und Informationspflichten soll es für die Abmahner keinen Anspruch mehr auf Erstattung der Kosten durch die Abgemahnten geben. Bei missbräuchlicher Abmahnung müssen den Abgemahnten wiederum die Kosten für die Rechtsverteidigung erstattet werden, und zwar in der Höhe, wie sie auch der Abmahnende verlangt hat.

Schwierig dürfte es dennoch bleiben, Abmahnmissbrauch nachzuweisen. Einige hatten eine Vermutungsregelung durchsetzen wollen. Das hätte nach Informationen unserer Zeitung bedeutet, dass der Abmahnende beweisen muss, dass er keinen Missbrauch betreibt. Stattdessen soll es eine Indizienregelung geben.