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StrompreiseWieso Ruppichteroths eigener Versoger günstiger ist als die Großen

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260 Kilometer Mittel- und Niederspannungsleitungen besitzen die Gemeindewerke.

Ruppichteroth – Sie sind mit nur zwölf Beschäftigten deutlich kleiner als die meisten Energiekonzerne. Sie sind, so ihr Geschäftsführer Rolf Hänscheid, näher dran an den Kunden – und noch dazu günstiger als viele andere Anbieter. In einem Punkt aber unterscheiden sich die Gemeindewerke Ruppichteroth dann doch nicht von den meisten Wettbewerbern: Neue Verträge sind derzeit nicht abzuschließen, die für 2022 eingekauften Energiemengen waren schon am Jahresende 2021 verkauft. „Wir haben eine Warteliste für neue Kunden“, sagte Rolf Hänscheid beim Gespräch in seinem Ruppichterother Büro.

2014 hatte der Gemeinderat die Wasserversorgung in einem Eigenbetrieb privatisiert, zugleich die Gemeindewerke gegründet. Seit 2015 sind die Stadtwerke Aachen AG (Stawag) mit 49 Prozent am Unternehmen beteiligt. Im April 2017 nahmen die Gemeindewerke den Vertrieb von Energie auf. Zuvor hatte die Gemeinde das Stromnetz der RWE-Tochter innogy Netze Deutschland GmbH gekauft, 2019 folgte der Kauf des Gas-Netzes von der Rhein-Sieg Netz GmbH.

Strompreis liegt noch unter 30 Cent

„Mit null Kunden haben wir angefangen“, sagt der Geschäftsführer, „das war nicht so einfach“. Inzwischen liegt die Versorgungsquote weit über 30 Prozent im Gemeindegebiet für Strom und Gas. Dabei, und darauf ist Hänscheid stolz, „waren wir eigentlich immer günstiger als der Grundversorger.“ Aktuell koste der Strom weniger als 30 Cent je Kilowattstunde. Dennoch haben die Gemeindewerke „immer Geld verdient.“

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Frischwasser und Photovoltaik

3500 Hausanschlüsse

Beim Frischwasser sind die GWR ein reiner Verteilerbetrieb: Die Gesellschaft kauft Wasser des Wahnbachtalsperrenverbandes für die rund 3500 Hausanschlüsse in der Gemeinde. Für die Abwasseranlagen und die Photovoltaikanlagen (PV) in Eigenbetrieben der Gemeinde haben die GWR die Betriebsführung übernommen.

Künftig mehr Ladesäulen

Für private Kunden werden PV-Mietanlagen über den Partner Stawag angeboten, Wallboxen für Elektroautos werden von Ruppichteroth aus vertrieben. Eine erste öffentliche Ladesäulen gibt es vor dem Firmensitz in Ruppichteroth; drei weitere – an der Bröltalhalle, an der Hauptstraße in Winterscheid und schließlich in Schönenberg – sollen folgen. (dk)

Wie das geht, verrät Hänscheid, unter anderem IHK-geprüfter Bilanzbuchhalter. Mit langem Vorlauf kauften die Kollegen des Aachener Partners nach und nach die Energie ein, die unter den Marken „Bröltalstrom“ und „Bröltalgas“ vertrieben wird. „Beim Strom sind es zwei Jahre Vorlauf, beim Gas ein Jahr“, sagt Hänscheid. Damit lassen sich Preisspitzen umgehen. Das machten die anderen Versorgungsunternehmen wohl auch so, bei den Gemeindewerken sei aber die Gewinnmarge auf „das Nötigste“ beschränkt.

Gewinne bleiben in der Gemeinde

Was am Verkauf von Energie verdient wird, bleibe durch Vereinsförderung in der Gemeinde. Schmerzhaft sind laut Hänscheid für ein kleines Unternehmen die häufigen Änderungen von Steuern und Umlagen auf die Energiepreise. Diese immer wieder neu in die Abrechnungssysteme einzuarbeiten „kostet richtig Geld.“

Das eigentliche Geschäft machten die Werke allerdings mit den Netzen für Gas und Strom. Denn unmittelbar nach dem Kauf hatten die Gemeindewerke die Netze wieder verpachtet. Die Betreiber Westnetz (Strom) und Vorbesitzer Rhein-Sieg Netz GmbH beim Gas bezahlen die Pacht, kassieren ihrerseits Nutzungsgebühren von den Gaslieferanten. „Wir sind zu klein, um den Netzbetrieb selbst vorzunehmen“, sagt Rolf Hänscheid. Allerdings machten die Werke seit einigen Jahren Dienstleistungen wie Zählerablesung und -tausch oder die Erstellung von Hausanschlüssen. Schließlich „wollen wir auch unser Logo zeigen“, so der 58-jährige Geschäftsführer.

„Die Zukunft ist völlig unkalkulierbar“

„Völlig unkalkulierbar“ nennt er die kommenden Entwicklungen am Energiemarkt, an dem „viel Spekulation“ mitspiele. Klar ist allerdings, dass auch die Gemeindewerke um eine Preiserhöhung zum 1. Januar 2023 nicht herumkommen. „Es wird aber immer noch ein guter Preis sein,“ versichert der Geschäftsführer.

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Dennoch sieht er auch auf die Gemeindewerke „Forderungsausfälle“ zu kommen, wenn Menschen ihre Energierechnungen nicht mehr bezahlen können. Ländliche Strukturen seien davor keinesfalls gefeit, schließlich brauche ein Vier-Personen-Haushalt im Einfamilienhaus mehr Energie als einer in der Stadtwohnung. Man suche dann gemeinsam mit den Kunden nach Lösungen wie Ratenvereinbarungen.

Und was wünscht sich Rolf Hänscheid für die Zukunft? „Mal wieder ein ganz normales Vertriebsgeschäft“.

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