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Debatte um WehrdienstDas deutsche Militär kann auf Frauen nicht verzichten

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Köln: Feldjacken hängen am Stand der Bundeswehr bei der Computerspiele-Messe Gamescom (Archivbild)

Köln: Feldjacken hängen am Stand der Bundeswehr bei der Computerspiele-Messe Gamescom (Archivbild)

Der geplante Wehrdienst verpflichtet nur Männer zur Musterung. Diese Ungleichbehandlung ist nicht nur ungerecht, sondern auch strategisch falsch. Ein Kommentar

Nur deutsche Männer. Das war immer die Einschränkung bei der Wehrpflicht. 14 Jahre nach Aussetzung soll der Dienst fürs Land wiederkommen, neu verpackt, besser bezahlt und mit der Betonung auf Freiwilligkeit. Solange sich genug Rekruten finden lassen. Was verpflichtend bleibt, sind Bereitschaftserklärung und Musterung. Jeder Heranwachsende muss sich erstmal auf sein grundsätzliches Interesse und seine körperlichen Voraussetzungen abklopfen lassen. Wer 2008 geboren wurde, darf sich für nächstes Jahr schon mal einen Termin freihalten.

Zumindest, sofern er auch das richtige Geschlecht hat. Denn für Frauen bleibt der Wehrdienst in jeder Form freiwillig. Sie sind personalstrategisch ein Zubrot: Schön, wenn sie auch da sind, aber mit ihnen rechnen kann die Bundeswehr nicht. Mit dem Wehrdienst will die Bundeswehr junge Menschen von sich überzeugen und klammert die Hälfte dabei aus. Rund 13 Prozent Frauenanteil in der aktiven Truppe sprechen eine deutliche Sprache.

Ja, für die Wehrpflicht von Frauen bräuchte es eine Grundgesetzänderung. Ja, Schwarz-Rot hat es mit dem neuen Wehrdienst aktuell eilig und müsste für eine nötige Zwei-Drittel-Mehrheit die Linke oder gar die AfD betören. Als die Stimmen der „demokratischen Mitte“ – also Union, SPD und Grüne – noch gereicht haben, konnte man noch kurz vor knapp den Weg für die Rüstungsmilliarden freimachen. Eine Wehrpflicht für alle ließ man unter den Tisch fallen. Die Folge ist ein Wehrdienstgesetz, das in der Gleichstellungsfrage aus der Zeit gefallen ist.

Ist das gerecht? Eher nicht. Sinnvoll? Überhaupt nicht. Immerhin jeder dritte Student von Mathe, Informatik, Naturwissenschaften und Technik ist weiblich. Das sind Qualifikationen, die der Truppe auch guttun würden. Man kann es sich gar nicht leisten, darauf von vornherein zu verzichten.

Eine Wehrpflicht soll auch erreichen, dass eine breite Gesellschaft dank Grundausbildung überhaupt wehrfähig ist. Es gibt keinen Grund, wieso nur die Hälfte der Gesellschaft diese Fähigkeit erlangen soll. Wer den Wehrdienst als Türöffner für die Debatte unter der Leitfrage „Was kann jeder Einzelne für sein Land tun?“ sieht, muss diese Frage künftig auf alle ausweiten. Frauen sind nicht das „schwache Geschlecht“, das im Ernstfall beschützt werden muss. Die Bundeswehr und die Soldatinnen wissen das am besten. Zeit, dass es auch der Rest versteht.