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Kommentar

Einigung zum Wehrdienst
Endlich ist Schluss mit dem Gebettel

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2 min
Rekruten beim feierlichen Gelöbnis zum 69. Gründungstag der Bundeswehr in Hannover.

Rekruten beim feierlichen Gelöbnis zum 69. Gründungstag der Bundeswehr in Hannover.

Die Bundeswehr braucht keine Wehrpflicht-Fantasien, sondern strukturelle Reformen. Statt mit den Zukunftsplänen junger Menschen zu zocken, sollten die Parteien die echten Probleme der Truppe angehen.

Seit Monaten nerven Union und SPD die Öffentlichkeit mit ihrem inszenierten Wehrdienst-Zoff. Und jetzt? Wird vorgelegt, was Verteidigungsminister Boris Pistorius schon im Sommer in seinem Entwurf stehen hatte. Ein Fragebogen für alle jungen Männer ab 2026, die komplette Musterung eines Jahrgangs ab 2027. Der Wehrdienst bleibt freiwillig und lockt unter anderem mit 2600 Euro brutto. Eine Pflicht kommt weiterhin selbst dann nicht automatisch, wenn sich nicht genug Freiwillige melden.

Was sollte dann das Ganze? Zur Erinnerung: Nachdem sich die CDU-geführte Bundesregierung auf das geeinigt hatte, was jetzt nochmal als Kompromiss verkauft wird, war es die Union, die mit ihren Wehrpflicht-Fantasien den Prozess torpediert hat. Der Prozess der vergangenen Wochen diente vor allem der verteidigungspolitischen Profilierungssucht.

Die Bundeswehr braucht nicht einfach nur mehr Menschenmasse, sondern mehr gut ausgebildete, motivierte Soldaten, um wirklich abschreckend zu sein. Das erreicht man mit Freiwilligkeit eher und nachhaltiger, als kurzfristig via Zwangsdienst ganze Jahrgänge einzuziehen. Beim Wunsch nach der Wehrpflicht schwingt immer mit, dass sich junge Menschen generell mehr für die Gesellschaft engagieren sollen. Mit dem Bedarf und dem Anspruch der Bundeswehr hat das aber nichts zu tun.

Das Gehampel im Vorfeld hätte es nicht gebraucht

Einzig, dass die Bundeswehr nun regelmäßig über die neuen Personalzahlen berichten muss, ist eine echte Änderung – aber dafür hätte es nicht das Gehampel der vergangenen Wochen gebraucht. Eine Zeit, in der die Regierungsparteien respektlos mit den Zukunftsplänen und den Nerven junger Menschen aus parteipolitischen Erwägungen gezockt haben. Das Wehrpflicht-Comeback ist damit nicht für alle Zeiten vom Tisch. Aber jetzt muss sich die Bundeswehr erstmal mit dem vorhandenen Personal beschäftigen.

Die Hälfte der Soldaten ist nicht in Kampfverbänden, sondern sitzt in Amtsstuben und Stäben. Starre Altersgrenzen und frustrierende Bürokratie bremsen motivierte Reservisten aus, die der Bundeswehr helfen können. Die Laufbahnen sind zu starr und der Wechsel zwischen Privatwirtschaft und Bundeswehr unflexibel.

Diese Probleme anzugehen, klingen politisch vielleicht nicht so aufregend wie eine Wehrpflicht, sind dafür aber sinnvoll. Wenn die Bundeswehr in zehn Jahren 80.000 Soldaten mehr haben will als heute, wird sie alle Hebel betätigen müssen. Die Wehrpflicht ist derzeit aber keiner davon. Der freiwillige Wehrdienst schon.