Diese Korrektur war überfällig. Es ist ein ermutigendes Signal, dass sich die Koalition darauf einigen konnte. Und: Es handelt sich keineswegs um sozialen Kahlschlag.
Entscheidung der schwarz-roten KoaltionBürgergeld kommt weg – und das ist auch gut so!

Auf einem Display im Jobcenter werden Onlineangebote rund um das Bürgergeld abgerufen.
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Nun wird es also doch noch ein Herbst der Reformen. Mit der Einigung auf Sanktionen bis zur kompletten Streichung von Regelsätzen und Kosten der Unterkunft bekommt das Bürgergeld nun tatsächlich nicht nur den neuen Namen Grundsicherung. Es wird auf seinen ursprünglichen Sinn und Zweck zurückgeführt, nur jenen zu helfen, die aus schwerwiegenden Gründen auf die Hilfe der Gemeinschaft angewiesen sind. Diese Korrektur war überfällig. Es ist ein ermutigendes Signal, dass sich die Koalition darauf einigen konnte.
Insbesondere die SPD musste hier einen weiten Weg auf die Union zugehen. Das Bürgergeld war ihr soziales Prestigeprojekt in der Ampel-Koalition. Es sollte eigentlich die Verwerfungen, in die die Hartz IV-Reformen die Sozialdemokratie innerparteilich gestürzt hatten, ein für alle Mal heilen. Doch es wurde zu einem Brandbeschleuniger für Neiddebatten. Der SPD hat es nicht ganz zu Unrecht den Vorwurf eingebracht, die Interessen von Transferempfängern über die der arbeitenden Bevölkerung zu stellen. Die Arbeiterpartei von einst sah sich dem Vorwurf ausgesetzt, dafür zu sorgen, dass sich Arbeit für viele kaum noch lohnt. Zuletzt dürften die schmerzlichen Verluste bei der Kommunalwahl in ihrem Stammland Nordrhein-Westfalen die SPD-Führung zum Einlenken bewegt haben.
Das ist kein sozialer Kahlschlag
Ob es die Milliarden an Einsparungen bringt, von denen Friedrich Merz träumt und die er zuletzt Woche für Woche nach unten korrigierte, ist zwar fraglich. Für den gesellschaftlichen Frieden ist die Umstellung auf Vermittlungsvorrang und Konsequenz ein wichtiger Schritt. Wer jetzt von sozialem Kahlschlag spricht, handelt fahrlässig. Regelsätze werden nicht gekürzt, und wer wirklich Hilfe braucht, erhält sie weiterhin. Genau dafür ist der Sozialstaat da.
Eines muss aber auch klar sein: Dies ist nur eine einzige Reform, versprochen war ein „Herbst der Reformen“. Damit nicht der Eindruck entsteht, die Koalition wage Einschnitte nur „ganz unten“, sollte sie schon bald nachlegen. Am Ende sollte ein Gesamtpaket stehen, das allen etwas abverlangt. Dazu wird sich auch die Union bewegen müssen.