Die EU schwankt zwischen klimapolitischem Mikromanagement und populistischem Rückbau ihrer Umweltgesetze. Beide Extreme gefährden das Ziel der Klimaneutralität bis 2050.
KlimaschutzprogrammWarum der Green Deal eine neue Balance braucht

Europa will bis 2050 klimaneutral werden.
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Das Projekt heißt Entfesselung, ausgerechnet vom eigenen Gesetzes-Monstrum. Den Bürgern kann man nicht verübeln, wenn sie dieses Treiben nur noch kopfschüttelnd verfolgen. Bei der Rückabwicklung des Green Deal – der euphemistische Kampfbegriff der Stunde lautet Simplifizierung – schießt die EU genauso über das Ziel hinaus wie schon in den vergangenen Jahren, als sie die ambitionierteste Klimapolitik der Welt fein säuberlich in Gesetze zu gießen versuchte, sich dabei aber leider im Mikromanagement verrannte.
Aus Brüssel hallten Moralpredigten in die Mitgliedstaaten in Form von absurden Berichtspflichten und komplizierten Überregulierungen. Nicht nur Unternehmen, Waldbesitzer oder Bauern rebellieren seither, auch etliche Bürger fühlen sich angesichts steigender Energiepreise oder Lebensmittelkosten im Stich gelassen. Es besteht die Gefahr, dass die EU die Unterstützung für den Klimaschutz verliert.
Es ist deshalb kein rechter Populismus, diese Politik der Bevormundung zu kritisieren. Genauso wenig ist es linker Aktionismus, zur Rettung des Green Deal aufzurufen. Denn das bombastische Klimaschutzprogramm darf nicht unter die Räder der Rechtsextremen kommen. Es geht darum, die Verordnungen zu entschlacken.
Der Kontinent will bis 2050 klimaneutral werden. Doch wer verspricht, an diesem Ziel festzuhalten, aber gleichwohl den Großteil der Regulierungen bis zur Unkenntlichkeit zurechtstutzen oder am liebsten ganz verbannen will, schielt nur kurzsichtig auf die Gunst der Wähler. Zur bitteren Wahrheit gehört, dass die ökologische Wende nicht ohne einen fundamentalen Wandel geschafft werden kann. Dafür braucht es Führungsstärke und eine Besinnung auf das Wesentliche. Statt einer Taktik des Aufschiebens sind verbindliche Klimaziele wie jenes für 2040 notwendig, das etliche Staats- und Regierungschefs nun in Fliegenfänger-Manier kappen wollen, weil deren Zustimmungswerte sinken. Dabei wäre es die Aufgabe der Politik, den Menschen den Sinn des Green Deal zu erklären. Waldbrände, Überflutungen und Dürren betrafen im Sommer rund ein Viertel der Regionen in der EU. Trotzdem streiten vorneweg deutsche Politiker am liebsten über das Ende des Verbrenner-Aus. Natürlich liegt es nicht allein an der EU, die Klimakatastrophe aufzuhalten. Aber dieser reiche Kontinent trägt eine Verantwortung, vorneweg gegenüber künftigen Generationen.