Israels Präventivschlag gegen das iranische Atomprogramm wirft Fragen über Verantwortung und mögliche Unterstützung durch Deutschland auf.
Schlag gegen den IranWie weit geht Verantwortung gegenüber Israel?

Jerusalem: Die Klagemauer, die heiligste Stätte, an der Juden beten können, steht fast leer, da das israelische Heimatfrontkommando nach einem israelischen Militärschlag gegen den Iran öffentliche Versammlungen in der Jerusalemer Altstadt verboten hat.
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Benjamin Netanjahu traut sich was. Und aus Sicht eines Landes, das die Mullahs in Teheran am liebsten von der Landkarte getilgt sehen würde, ist es sogar verständlich, wenn Israels Premier nun gegen das iranische Atomprogramm zu Felde zieht; nach allem, was man weiß, ist der Iran dem Bau einer Atombombe näher, als es dem Rest der Welt lieb sein kann.
Und doch: Dass Netanjahu den Angriffsbefehl auf den Nachbarn gegeben hat, noch bevor die Verhandlungen zwischen Washington und Teheran über das Atomprogramm als endgültig gescheitert galten, ist schon erstaunlich.
Ist das Vertrauen in die eigenen militärischen Fähigkeiten so groß, dass man jedes Risiko in Kauf nimmt? Wie viele Fronten kann sich Israel neben Gaza und dem Libanon leisten? Und will man wirklich einen Waffengang mit dem Iran heraufbeschwören, der die Region in Flammen setzen könnte?
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Der iranische Gegenschlag war programmiert; das Land macht von seinem Recht auf Selbstverteidigung Gebrauch. Da mögen Israels Verbündete im Westen den Iran noch so oft als „Schurkenstaat“ verteufeln und Israel seine Luftangriffe als „präventiv“ rechtfertigen. Aus dem alttestamentarischen Muster „Auge um Auge, Zahn um Zahn“, das die Konflikte im Nahen Osten seit Jahrzehnten bestimmt, gibt es kein Entrinnen. Die Gefahr eines Flächenbrandes war lange nicht mehr so groß, wie heute.
Und was bedeutet das für Deutschland, das doch die sichere Existenz Israels als „Staatsräson“ betrachtet? Müsste die Bundesrepublik dem jüdischen Staat im Falle eines iranischen Großangriffs, der in einen ausgewachsenen Krieg münden könnte, militärisch beistehen? Wie weit geht die historische Verantwortung?
Einen substanziellen Beitrag zur Existenzsicherung Israels würde Deutschland wohl leisten müssen. Im akuten Fall gehörte dazu sicher eine weitreichendere Lieferung von Rüstungsgütern und Munition sowie die Bereitstellung von humanitärer Hilfe, um Auswirkungen auf die Zivilbevölkerung zu minimieren. Was die Unterstützung im militärischen Rückraum angeht – Betankung zum Beispiel oder Sanitätsversorgung – wäre ebenfalls Hilfe denkbar.
Wo aber die Bundeswehr in Spiel kommt, braucht es das Okay des Bundestages. Ohne eine breite politische und gesellschaftliche Debatte – und Zustimmung – wäre die Unterstützung Israels nicht zu haben.
So hängt also sehr viel von der Beantwortung der Frage ab, ob Premier Benjamin Netanjahu sein Land mit den jüngsten Militärschlägen sehenden Auges, ja geradezu provozierend in einen Krieg manövriert. Für die Hybris eines israelischen Regierungschefs muss Deutschland nicht vorbehaltlos einstehen.