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Willibert Pauels zu Kirchenaustritten„Kirche sollte mehr über den Glutkern des Glaubens reden“

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Willibert Pauels

Willibert Pauels

Die Kirchen erleben einen rasanten Anstieg der Kirchenaustritte und erreichen einen neuen Rekordwert. Warum das so ist, darüber hat sich Diakon und Büttenclown Willibert Pauels aus Wipperfürth Gedanken gemacht.

„Was können die Kirchen dann überhaupt noch tun?“ lautet die vorletzte Frage an den Religionssoziologen. Hier meine, natürlich subjektive, persönliche Antwort: Die Kirchen müssen aufhören Antworten zu geben auf Fragen, die überhaupt nicht gestellt wurden. Zum Beispiel interessiert es die Menschen nicht, ob das Lehramt praktizierte Homosexualität verurteilt.

Die Kirche sollte mehr über den Glutkern des Glaubens reden, statt die Gläubigen mit Moral permanent zu belehren. Das gilt auch für gesellschaftliche Themen, wie den Klimawandel. Das kann Greta und Greenpeace viel besser und dafür brauche ich keine Religion. Warum z.B. ist Pfarrer Franz Meurer so überaus beliebt? Weil er authentisch ist. Sein Talent ist es, ganz nah bei den Menschen, vor allem den Armen und Abgehängten, zu sein. Mit einem Wort: CARITAS.

Derselbe Mensch Franz Meurer unterscheidet sich allerdings von allen anderen hervorragenden Sozialarbeitern dadurch, dass er regelmäßig am Altar steht und die heilige Messe feiert. Mit einem Wort: SPIRITUALITÄT. Das sind die Kernkompetenzen der Kirchen. Findet Antwort auf die Not und den geistlichen Hunger der Menschen!

Wer meine Büttenreden und mein Kabarett-Programm kennt, weiß, dass sie immer ungewöhnlich enden. Ich mute dem Publikum zum Schluss meines Vortrages stets eine spirituelle, wenn man so will fromme, Passage zu. Meine Zuhörerschar besteht zu 80 % aus Kirchenfernen. Und dennoch hab ich in all den Jahren auf der Bühne nicht eine einzige Beschwerde über die „Predigt“ gehört. Im Gegenteil. Im Saal kann man eine Stecknadel fallen hören, wenn ich sage: „Der letztlich einzige Unterschied zwischen Atheismus und Glauben ist die Perspektive.“

Aus atheistischer Sicht endet alles auf dem kosmischen Abfallhaufen des NICHTS, in einem Universum, welches völlig gleichgültig in Myriaden von Sternenhaufen, ohne tieferen Sinn vor sich hin rollt. Alles Leben ist aus dieser Sicht letztlich nichts anderes, als eine biochemische Reaktion in Materie. Auch Liebe ist dann letztlich „nur ein Trick der Evolution, ein biochemischer Prozess im limbischen Gehirnlappen zwecks Erhaltung der Art, durch Weitergabe der Gene“ (Richard Dawkins) Ich glaube aber, dass selbst der leidenschaftlichste Atheist diese trostlose Auffassung von Liebe nicht aufrechterhält, wenn er seinem Kind in die Augen schaut. Wenn meine Mama mir in die Augen schaute, wusste ich, dass sie dachte: „Willibert, Jung, Du hast eine Seele, Kind. Und Deine Seele ist kostbarer als das ganze Universum, und nichts kann Deine Seele zerstören. Auch nicht der Tod.“

Meine atheistischen Freunde sagen dann oft: „Ja, das wäre schön und tröstend, wenn es so wäre, aber es ist nicht plausibel.“ Dazu sagt Eugen Drewermann: „Der plausibelste Grund, zu glauben, dass es Wasser wirklich gibt, ist der Durst.“ Analog: Dieser Durst nach der Botschaft, dass der Tod nicht das letzte Wort hat, dass der Mensch eine Seele hat, dass es eine Dimension gibt, die die materielle unendlich übersteigt, dieser Durst ist in uns allen. Auch in meinen atheistischen Freunden. Ich vertraue diesem Durst, genauso wie meinem körperlichen Durst, der durch sich selbst von der Wahrheit der Quelle kündet. Liebe Kirchen: Redet mehr von Ostern und verschont uns mit der Belehrung von Moral.

Willibert Pauels, Diakon und Büttenclown „Wipperfürth“