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Bilz-PreisWarum die Initiative des Kölner Gymnasiums Neue Sandkaul ausgezeichnet wurde

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Eine Gruppe von Menschen mit einem symbolischen Scheck.

Feierliche Übergabe des Bilz-Preises im NS-DOK: Inga Feuser, Silvia Rick, Lilli Eichstädt, Stifter Fritz Bilz, Bastian Campmann, Çiler Fırtına und Henning Borggräfe (v.l.n.r.).

Am Dienstagabend wurde der diesjährige Bilz-Preis übergeben.

Wenn sich die 17-jährige Lilli Eichstädt an den 16. Juni 2024 zurückerinnert, beschreibt sie ein „belastendes Erlebnis“. Dass Abgeordnete der AfD in ihrem Schulgebäude tagen durften, habe viele Schüler am Gymnasium Neue Sandkaul (GyNeSa) in Widdersdorf verängstigt und wütend gemacht. Vom Verfassungsschutz wurde die AfD als gesichert rechtsextrem eingestuft, allerdings steht nach einem Einspruch durch die Partei das Urteil zu dieser Einstufung noch aus. Der Nachrichtendienst gab im Rechtsstreit mit der AfD eine sogenannte Stillhaltezusage ab.

Größe der Demonstration überraschte die Organisatoren

Im Juni 2024 war Lilli Eichstädt in der Schülervertretung und bemerkte die Aufregung ihrer Mitschüler im Vorfeld: „Es gab viel Redebedarf.“ Und so entschloss sie sich mit einer kleinen Gruppe aus der Oberstufe zum Protest – erst mit einer Online-Petition und dann mit einer Demonstration, von deren Größe die Schüler selbst überrascht wurden.Für diesen Einsatz für die Demokratie hat die Initiative „GyNeSa gegen Rechts“ nun den Bilz-Preis erhalten. Die 1998 von Fritz Bilz und seiner 2023 verstorbenen Frau Brigitte gegründete Stiftung zeichnet jedes Jahr eine gemeinnützige Organisation aus, die sich aktiv gegen die Diskriminierung von Minderheiten einsetzt oder die Demokratie stärkt. Bei der Verleihung am Dienstag im NS-DOK lobte dessen Direktor Dr. Henning Borggräfe das Engangement der Schüler und Eltern: „Sie zeigen Haltung, wo Gleichgültigkeit gefährlich wird.“ Stiftungsvorsitzende Çiler Fırtına begründete die Vergabe: „In Zeiten, in denen sogenannte rechtspopulistische Organisationen zunehmend an Einfluss gewinnen und Druck auf Schulen auszuüben versuchen, ist dieser Einsatz für Demokratie wertvoller denn je.“

An dem Sonntag im Juni 2024 hatten mehrere Tausend Menschen vor dem Widdersdorfer Gymnasium mehr als vier Stunden lang mit Unterstützung von Bands wie Kasalla und Planschemalöör demonstriert, während drinnen der AfD-Kreisparteitag stattfand. So war es naheliegend, dass Bastian Campmann am Dienstag die Laudatio hielt. „Die erste meines Lebens“, gab der Kasalla-Frontmann zu, der sich seit Jahren gegen Rechtsextremismus einsetzt. Er erinnerte sich gut an die Demo. „Was wir gesehen haben, war vor allem Mut“, sagte Campmann. Er forderte mehr „auf die Barrikaden zu gehen“. „Die Zeit für Ungehorsam ist leider angebrochen“, sagte der Musiker.

Preisgeld von 5000 Euro fließt in neue Projekte

Stifter Bilz nahm zudem die demokratischen Parteien in die Pflicht: „Migration muss positiv besetzt werden.“ Zuwanderung sei in vielen Bereichen für Deutschland überlebensnotwendig. Und Inga Feuser von der Initiative „Teachers for future“ räumte mit dem „Mythos Neutralitätsgebot“ bei Lehrern auf. Vielmehr verpflichte der Diensteid zum Einsatz für das Grundgesetz: „Neutralsein ist Mitmachen auf der falschen Seite.“

Zum 27. Mal wurde der mit 5000 Euro dotierte Bilz-Preis vergeben. Das Geld soll in zukünftige Projekte zur Demokratie-Stärkung am GyNeSa fließen. „Denn unser Ziel ist noch nicht erreicht“, sagte Mutter und Mitinitiatorin Silvia Rick. „Alle Parteien müssen raus aus den Schulen.“ Nur gemeinsam könnten AfD-Veranstaltungen in Schulgebäuden verhindert werden. Zwölftklässlerin Lilli Eichstädt hat vor allem einen Wunsch: „Der Zufluchtsort Schule soll sicher bleiben – für uns alle.“