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Weitere Millionen-Kosten
Was man vor der Entscheidung zur Kaufhof-Zentrale in Köln wissen muss

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Die ehemalige Kaufhof-Zentrale an der Leonhard-Tietz-Straße hat die Stadt Köln bereits 2022 gemietet, nutzt sie bislang aber nicht.

Die ehemalige Kaufhof-Zentrale an der Leonhard-Tietz-Straße hat die Stadt Köln bereits 2022 gemietet, nutzt sie bislang aber nicht. 

Nach politischen Kontroversen und einem kritischen Prüfbericht zeichnet sich nun eine Lösung ab - allerdings nur unter Bedingungen. Ein Überblick über die verfahrene Situation und mögliche Auswege.

Wie geht es weiter mit der ehemaligen Kaufhof-Zentrale an der Leonhard-Tietz-Straße, die die Stadt Köln vor mehr als drei Jahren angemietet hat, um dort Ämter und Dienststellen unterzubringen? Diese Frage steht am kommenden Montag erneut auf der Agenda. Nachdem SPD und Grüne das Thema im Wahlkampf zu scharfen Angriffen auf den Baudezernenten und CDU-OB-Kandidaten Markus Greitemann genutzt hatten, soll der Hauptausschuss des Kölner Stadtrats am 29. September eine Entscheidung treffen, ob die Politik die erwarteten Mehrkosten von rund 50 Millionen Euro für den Umbau genehmigt oder nicht. Fragen und Antworten.

Worum geht es in dem Konflikt?

Der Kölner Stadtrat hat im Februar 2022 der Anmietung des Gebäudekomplexes mit rund 45.000 Quadratmetern Bürofläche zugestimmt. Der bis Ende 2045 laufende Mietvertrag mit Eigentümer Swiss Life wurde am 23. Juni 2022 unterzeichnet. Nach erforderlichen Umbauarbeiten sollten ab Januar 2024 bis Ende 2025 verschiedene städtische Ämter und Dienststellen dort einziehen, doch wegen mehrfacher Umplanungen ist bisher nicht mal der Umbau abgeschlossen. Im März 2025 kam heraus, dass der Umbau inklusive Mietausfallzahlungen an den Vermieter 50 Millionen Euro zusätzlich kosten wird und der Mietvertrag um fünf Jahre verlängert werden soll. Der Stadtrat verweigerte am 3. April explizit die Zustimmung dafür, doch nur einen Tag später unterschrieb Greitemann einen Nachtrag, der den Mietvertrag bis Ende 2050 verlängerte.

Was geschah dann?

Auf Drängen von SPD und Grünen schaltete Oberbürgermeisterin Henriette Reker das Rechnungsprüfungsamt (RPA) ein. Dessen Prüfbericht stellte Verstöße und Versäumnisse der Verwaltung fest. Diese habe den Bedarf für das Gebäude im Vorfeld unzureichend geplant und Verzögerungen verursacht, die zu finanziellem Schaden für die Stadt geführt hätten.

Wie reagierte die Stadtverwaltung darauf?

Greitemann wies alle Vorwürfe zurück. Die Anmietung der Leonhard-Tietz-Straße sei „sinnvoll und richtig“, sie sei „Teil einer gesamtstädtischen Strategie“, dank der die Stadt teuer gemietete Objekte an anderer Stelle aufgeben könne. Dadurch ließen sich langfristig Millionen an Mietkosten pro Jahr einsparen. Die Stadtverwaltung rechnete vor: Inklusive der 50 Millionen Euro Zusatzkosten für den Ausbau betrage der Mietpreis für das Objekt 24,30 Euro pro Quadratmeter. Der Spitzensatz der marktüblichen Vergleichsmiete in der Innenstadt belaufe sich hingegen auf 33,50 Euro pro Quadratmeter.

Zu der Frage, ob der Baudezernent die Nachträge zum Mietvertrag ohne Genehmigung des Stadtrats unterzeichnen durfte, will das RPA ein unabhängiges Rechtsgutachten erstellen lassen. Ein kurz vor der Kommunalwahl im Auftrag von Grünen und SPD veröffentlichtes Gutachten von Wilhelm Achelpöhler, ehemaliger Sprecher der Grünen in Münster, hatte Verstöße gegen die Zuständigkeitsordnung des Rates und die Gemeindeordnung NRW moniert und die Einleitung eines Disziplinarverfahrens empfohlen.

Welche Ämter sollen in die Kaufhof-Zentrale ziehen?

Laut einer internen Planung der Stadt mit Stand Juli 2025, die der Rundschau vorliegt, sollen in das Hochhaus das Jugendamt und das Standesamt einziehen sowie das Ausländeramt, das auch in der benachbarten ehemaligen Kantine vertreten ist. Dahinter werden das Kundenzentrum Innenstadt und das Sozialamt untergebracht. Im Erweiterungsbau sind Flächen für das Umweltdezernat, das Sozialdezernat, das Gesundheitsamt, das Kulturamt und zahlreiche weitere Dienststellen vorgesehen (siehe Grafik).

Vorläufiger Belegungsplan der Stadt Köln für die ehemalige Kaufhof-Zentrale

Vorläufiger Belegungsplan der Stadt Köln für die ehemalige Kaufhof-Zentrale

Warum dauert der Umbau so lange?

Wie auch das RPA in seinem Prüfbericht feststellt, hat die Stadt ihre Belegungsplanung für das Objekt mehrfach geändert. Das führte immer wieder zu Verzögerungen. Ursprünglich sollte in der Kaufhof-Zentrale auch das Interim der Feuerwache 1 unterkommen sowie die Kunst- und Museumsbibliothek. Beides wurde aus Kostengründen verworfen. Auch die Modernisierung der Büroräume geriet ins Stocken – etwa weil die Stadt Vorgaben zur Barrierefreiheit machte, die in dem 50er-Jahre-Bau erhebliche Umbauten erfordern. Die Kostensteigerungen seien „durch zahlreiche Änderungswünsche anderer Dezernenten und des Lenkungskreises strategisches Büroflächenmanagement entstanden“, so Greitemann. Nach der Kritik der Rechnungsprüfer hatte die Verwaltung zudem erklärt, „aufgrund mehrerer längerer Personalausfälle und Personalwechsel“ habe die Stadt ihre Abmietstrategie für Büroimmobilien „leider nicht unmittelbar, sondern erst ab Anfang 2024 sukzessive“ aufbauen können.

Kann die Stadt das Projekt rückabwickeln?

Laut dem Bericht der Rechnungsprüfer hat die Stadt Köln weder ein Rücktrittsrecht, noch ein Sonderkündigungsrecht. Der Umbau des Gebäudes ist in vollem Gange, zurzeit werden Fenster, Türen, Heizung, Elektrik und Sanitäranlagen erneuert. Über die volle Mietzeit fallen Mietzahlungen von mehr als 300 Millionen Euro an. Ohne eine erhebliche finanzielle Entschädigung wird der Vermieter die Stadt wohl kaum aus dem Vertrag lassen. Das RPA geht davon aus, dass hier „mit einem mindestens deutlich zweistelligen Millionenbetrag zu rechnen“ sei, denn eine vorzeitige Auflösung des Mietverhältnisses sei „nur einvernehmlich mit der Vermieterin möglich, wobei die Stadt Köln bis zu einer Neuvermietung zur Zahlung der Miete verpflichtet bliebe“.

Hinzu kommt: Die Mietverträge für das Stadthaus Deutz laufen Anfang 2029 aus. Hier will die Stadt teure Büroflächen aufgeben. Wegen hoher Sanierungskosten ist geplant, das gesamte Ostgebäude abzumieten. Dafür ist neben dem Bürogebäude „Rossio“ in Deutz, das die Stadt gekauft hat, auch die Leonhard-Tietz-Straße als Alternative geplant. Den Mietvertrag für das Ostgebäude im Stadthaus müsste die Stadt zwölf Monate vorher, also Anfang 2027 kündigen.

Wird das Projekt fortgesetzt?

Im RPA-Bericht wird im letzten Kapitel „Ausblick“ die Büroraumstrategie der Stadt als „zukunftsorientierte Planung, die auf eine effizientere und wirtschaftliche Nutzung der städtischen Immobilen abzielt“, gewürdigt. Dort heißt es: „Zur Einhaltung der vertraglich vereinbarten Fristen und zur Abwendung weiterer finanzieller Nachteile für die Stadt Köln sollte die Verwaltung dem Projekt Leonhard-Tietz-Straße die erforderliche Priorität und ausreichende Personalressourcen zuweisen.“

In der Politik zeichnet sich nach dem hitzigen Wahlkampf inzwischen die Bereitschaft ab, noch vor Ende der Wahlperiode weitere Mittel für den Umbau der ehemaligen Kaufhof-Zentrale freizugeben, damit die Stadt die Immobilie bald nutzen kann. Bedingung: Der Vermieter müsse der Stadt finanziell entgegenkommen.  „Es geht jetzt um die Konditionen“, sagt Grünen-Geschäftsführer Lino Hammer. Der Vertrag müsse nachverhandelt werden, betont SPD-Fraktionschef Christian Joisten. Ohne ein Votum im Hauptausschuss am 29. September drohen weitere Verzögerungen. Dann müsste die Stadt erneut für Mietausfälle aufkommen.