Fußball-EMAnwohner wollen gegen Fan-Fest am Heumarkt klagen

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Fußballfans stehen eng beieinander auf der Fanmeile.

Das „Sommermärchen“ feierten Fans auch 2006 schon mit einem Fan-Fest auf dem Heumarkt.

Zur Fußball-EM soll der Heumarkt zum internationalen Treffpunkt werden. Anwohner bereiten nun eine Klage gegen die Stadt vor.

An 107 von 365 Tagen ist auf dem Heumarkt richtig was los. Sieben Veranstaltungen finden 2024 neben dem sowieso schon regen Treiben regulär auf dem zentralen Platz der Altstadt statt. Inklusive der Auf- und Abbauzeiten ist so fast ein Drittel des Jahres fest verplant: vom Weihnachtsmarkt über den CSD bis zur Sessionseröffnung am 11.11.. Dass zur Fußball-EM nun weitere sechs Wochen Bespielung im Sommer dazukommen sollen, ärgert vor allem die Anwohner: Vom 4. Juni bis zum 14. Juli soll die sogenannte „Fan Zone“ auf dem Heumarkt täglich von 14 bis 22 Uhr, oder bis kurz nach Abpfiff des letzten Spiels, öffnen - also fast an jedem Spieltag, denn die spätere Partie beginnt immer erst um 21 Uhr.

„Wir haben schon viel hingenommen, aber jetzt ist der Geduldsfaden endgültig gerissen“, sagt Dr. Joachim A. Groth, Vorsitzender der Bürgergemeinschaft Altstadt. „Mittlerweile überwiegt bei vielen Anwohnern, Händlern und Dienstleistern die Sorge und Angst vor den Auswüchsen der Großveranstaltungen.“ Mehrere Schreiben an die Stadt, so Groth, seien unbeantwortet geblieben. Einige Anwohner, die nicht namentlich genannt werden möchten, bereiten nun eine Lärmschutzklage, ähnlich wie am Brüsseler Platz, vor. Wie zu erfahren war, wurden bereits Lärmschutzgutachten während verschiedener Veranstaltungen auf dem Platz angefertigt - um vor Gericht vor allem die Gesamtbelastung des Viertels zu belegen.

Stadt plant kölsches Fußballflair auf dem Heumarkt

Kann eine drohende Klage die Planungen der Stadt ins Wanken bringen? Als offizielle „Fan Zone“ der UEFA EURO 2024 soll der Heumarkt - anders als beim Beispiel Brüsseler Platz - tausende Fans ganz bewusst anziehen. Auf drei großen LED-Wänden soll dort alle Spiele übertragen werden. Der Eintritt ist frei, es erfolgt eine Zugangskontrolle, teilt die Stadt auf Anfrage mit. Für 7500 Menschen soll Platz sein. „In Anlehnung an das Kölner EM-Stadion wird die Fan Zone mit vier zwölf Meter hohen Pylonen umrandet, die kölsches Fußball-Flair aufkommen lassen“, so eine Stadtsprecherin. Geplant sind Verpflegungsstände, Sponsoren- und Fan-Aktivitäten - auf eine zusätzliche Bühne mit Live-Musik werde jedoch bewusst verzichtet.

„Jeder hat das Recht, gerichtlich vorzugehen“, sagt der EM-Beauftragte der Stadt, Hans Stommel. Einen Grund sehe er dafür aber nicht: „Wir haben das sehr lange vorbereitet, die Planungen stehen seit Jahren fest“, so Stommel. In der Vergangenheit hatte er immer wieder betont, welche zentrale Rolle Köln auch als Zentrum für die anreisenden Fußballfans haben soll. „Die Veranstaltungen rund um die EM werden eine Strahlkraft nicht nur innerhalb der Stadt, sondern auch über Köln hinaus haben. Wir erwarten viele internationale Fans, die die Stimmung bei uns raus in die Welt tragen.“ Die gute Gastfreundschaft sei Teil der DNA von Köln.

2008 galt ein Public Viewing auf dem Heumarkt als nicht durchführbar

Im Gedächtnis geblieben sind langjährigen Anwohnern der Altstadt stattdessen die Fan-Veranstaltungen zur Fußball-WM 2006. In der Altstadt trafen nicht nur friedlich Feiernde aufeinander, sondern auch gewaltbereite Fans. „Es gab immer wieder Randale“, erinnert sich der Vorsitzende der Bürgergemeinschaft. Als ein Jahr später die Planungen für ein mögliches Public Viewing zur EM 2008 begannen, wurde der Heumarkt wieder in Betracht gezogen. Die Verwaltung stellte damals aber fest: Ein Public Viewing während der Fußball EM 2008 in der linksrheinischen Innenstadt „ist rechtlich und aus Kapazitätsgründen nicht möglich“. 

„Wir verstehen einfach nicht, warum sich an dieser Beurteilung etwas geändert haben sollte“, so Groth. Weiter heißt es in der Standortbewertung aus dem Jahr 2008: „Wie bereits bei der WM 2006 bestände die Gefahr, dass die gesamte Altstadt ‚überläuft‘. Eine derartige Situation beinhaltet nicht gewollte, aber doch vorhersehbare Gefahrenlagen, die nicht akzeptiert werden können.“ Die damals schon geäußerten Sicherheitsbedenken machen auch jetzt den Anwohnerinnen und Anwohnern Sorgen: Denn aktuell ist auch die allgemeine Terrorgefahr bei Großveranstaltungen noch mal gestiegen.

Stadt: Fan-Bereich ist dringend nötig

Die Stadt argumentiert dagegen: In Abstimmung mit den Sicherheitsbehörden sei ein gewisses Maß an „organisierten“ Fan-Bereichen dort zwingend erforderlich, da die Fußballfans die Altstadt sowieso aufsuchen würden. „Wenn wir keinen geordneten Bereich für die Fans schaffen, wird die Sicherheitslage schwierig und wir bekommen ein großes Problem“, erläutert der EM-Beauftragte Hans Stommel. Grundsätzlich sei es das Ziel, die notwendigen Voraussetzungen an den ohnehin hoch frequentierten Orten in der Altstadt zu schaffen, zusätzliche Lärmquellen jedoch zu vermeiden, heißt es bei der Stadt. Daher sei mit dem Public Viewing im Tanzbrunnen eine zentrumsnahe Alternative geschaffen worden. Dort sei rund um die Übertragungen der Spiele auch Live-Musik vorgesehen.

Kompromissbereit gibt sich die Interessengemeinschaft (IG) Altstadt.  „Eine EM im eigenen Land ist eine einmalige Gelegenheit“, sagt Vorstandsmitglied Wilhelm Wichert, der sich gern an das „Sommermärchen“ 2006 erinnert. Darüber, dass die Altstadt seit Jahrzehnten eine „vitale Gegend“ sei, seien sich manche Anwohner nicht bewusst. Störend sei dagegen die Unzahl an Demonstrationen auf dem Heumarkt. „Anwohner leiden unter der Lärmbelästigung und Gewerbetreibende über den erschwerten Lieferverkehr“, so Wichert.


Kölner Programm zur EM

Das erste von insgesamt fünf EM-Spielen in Köln wird am 15. Juni ausgetragen. Neben der Fan-Zone in der Altstadt wird es auch im Rheinpark und am Tanzbrunnen Angebote für Fußballfans geben, darunter Public Viewing für bis zu 12 500 Menschen, Kleinspielfelder und ein Unterhaltungsprogramm. Im „Fan Camp“ im Jugendpark können Fans im eigenen Zelt übernachten. Die Kosten aller Kölner Veranstaltungen im Rahmen der Fußball-EM 2024 belaufen sich auf rund 11,86 Millionen Euro.

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