Faik Sökmen bekam am Dienstag seine Booster-Impfung im Container der Apotheke.
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Köln – Faik Sökmen war bereits zweifach geimpft, als er von der Türkei aus nach Köln kam. Dort, in seinem Heimatland, ging das alles ganz einfach, sagt er. In Deutschland fiel es ihm schwerer, seine Impfung aufzufrischen. Ein bisschen, weil ihn die richtigen Informationen entweder nicht erreichten, oder er sich davon nicht gut genug angesprochen fühlte. Ein bisschen aufgrund von Sprachbarrieren. Vor allem aber, sagt er, weil er keinen Hausarzt gefunden hat, der ihn impfen wollte.
Kalker Apotheke sieht große Nachfrage
Am Dienstagnachmittag sitzt Faik Sökmen auf einer Liege in einem Container, den die Kalker Apotheke von Hayriye und Gence Polat an der Kalker Hauptstraße installiert haben. Im vorderen Teil des Containers stehen vier Stühle, in der Mitte liegt ein Teppich mit Apotheken-Logo. „Es ist gemütlicher geworden, als wir gedacht haben“, sagt Hayiye Polat. Sökmen ist einer der ersten, der in Köln ein Impfangebot einer Apotheke annimmt. Einige Apotheken in NRW waren bereits am Montag ins Impfgeschehen eingestiegen, in Köln ging es einen Tag später in rund 15 Apotheken los.
Gence und Hayriye Polat
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„Wir bieten das bisher niederschwelligste Impfangebot an“, sagt Gence Polat. Gerade in Kalk, glaubt er, sei die Nachfrage nach so einem Angebot groß. Auch zu einer Zeit, in der der größte Teil der Impfwilligen bereits seine Booster-Impfung hinter sich hat.
1810 betrug die Sieben-Tage-Inzidenz am Dienstag. Es ist davon auszugehen, dass der Wert sich durch Nachmeldungen noch verändern wird. Aufgrund der hohen Fallzahlen schafft es das Gesundheitsamt nicht, bekanntgewordene Fälle tagesaktuell an das Landeszentrum Gesundheit zu übermitteln.
Der Stapel der noch nicht übermittelten Fälle ist allerdings bereits deutlich kleiner als noch vor einer Woche. Von 2367 am Montag übermittelten Fällen fielen immerhin 877 auf den Vortag. Vor gut zwei Wochen war dem Vortag teilweise nur eine zweistellige Zahl zuzuordnen. (sim)
„Wir sind hier in einem Stadtteil, in dem sehr viele Kulturen zusammen kommen. Es gibt immer noch viele, die nicht gut über das Thema Impfen informiert sind“, sagt Polat. Mobile Impfangebote der Stadt gab es zwar auch in Kalk. Die Information hätten einige nicht erreicht, die sich nicht über die klassischen Medien informieren. Andere wollten sich bei einem Hausarzt impfen lassen, hätten aber die dafür nötige Krankenversicherung nicht. In Apotheken geht es auch ohne. „Wir können jeden Kunden in der Apotheke ansprechen und ihm eine Impfung anbieten. Auch wenn er eigentlich nur ein Fiebermittel für sein Kind braucht.“
„Jede Impfung ist ein Gewinn“
Mit einem großen Banner bewirbt die Kalker Apotheke ihr Angebot, auch über soziale Medien soll Menschen erreicht werden. „Es geht nicht um die große Masse“, sagt Polat. „Jede Impfung und jeder schwere Verlauf, den wir verhindern können, ist ein Gewinn.“ Zunächst rechnet er mit 60 bis 120 Impfungen pro Wochen. Vor allem, wenn eine vierte Impfung notwendig wird, gehe es darum, ein möglichst breites Angebot in der Stadt zu haben. Auch um Hausärzte nicht zu überlasten.
Hier wird in Köln geimpft
Auch diese Apotheken impfen seit dieser Woche: Apotheke zum goldenen Horn, Bonner Str. 28; Ehrenfeld Apotheke, Thebäerstr. 9; Apotheke im Heidecenter, Guntherstr./Heidestr.; Colonius-Apotheke, Ebertplatz 2; Markt-Apotheke, Bahnhofstraße 11; Maximo Apotheke, Grembergerstr. 200; Adler-Apotheke, Viersener Str. 12; Katharinen-Apotheke, Severinstr. 127; Artus-Apotheke, Bonner Str. 244; Sülzburg-Apotheke, Sülzburgstraße 7; Apotheke Unter Linden, Zur Abtei 35; Christoph-Apotheke, Kasier-Wilhelm-Ring 36; Anno-Apotheke, Frankfurter Str. 703.
Genau die finden es aber gar nicht gut, dass nun auch die Apotheken impfen (wir berichteten) – zumindest die Verbände und Kammern, die das große Ganze im Blick haben. Die Polats haben die Erfahrung gemacht, dass die Meinung im Kleinen ganz anders sein kann. „Wir haben mit den Ärzten in Kalk gesprochen. Sie finden unser Angebot gut und unterstützen es“, sagt Hayiye Polat. Sogar ein Arzt in Ruhestand habe sich bei der Apotheke gemeldet und seine Hilfe angeboten. „In Kalk hält man zusammen“, sagt Gence Polat. Ein Punkt, den die Ärzte in ihrer Kritik immer wieder nennen: Apotheken seien nicht für den Notfall geschult, wenn es beispielsweise zu einer allergischen Reaktion kommen sollte. Hayiye und Gence Polat fühlen sich durch die Schulungen allerdings gut vorbereitet für alles, was passieren kann. Den Notarzt müssten die Apotheken ohnehin in so einem Fall rufen. Das müssen auch die Ärzte. Dazu kommt: „Wir haben uns mit einigen Ärzten unterhalten, bei denen kam ein solch heftige Impfreaktion noch nie vor.“
28 Euro bekommen Apotheken für jede Impfung, am Wochenende 36 Euro. Genau so viel wie die Ärzte. Das sei ein netter Nebeneffekt“ sagt Hayiye Polat, aber sicher nicht der Hauptgrund. „Als klar war, dass Apotheken impfen dürfen, wollten wir unbedingt dabei sein und helfen. Das ist unsere Passion.“