In der laufenden Tarifrunde des öffentlichen Dienstes haben am Mittwoch rund 200 Pflegekräfte der städtischen Kliniken Köln bei einem Warnstreik die Arbeit niedergelegt. Sie fordern 10,5 Prozent mehr Lohn.
WarnstreikDarum fordern die Beschäftigten der Kliniken Köln mehr Geld

Pflegekräfte der städtischen Kliniken beim Warnstreik am Mittwoch vor dem Krankenhaus Merheim.
Copyright: Nabil Hanano
Mit einem ohrenbetäubenden Pfeifkonzert vor dem Haupteingang der Klinik Merheim machen sich am Mittwoch um kurz nach 11 Uhr die Beschäftigten der städtischen Kliniken Luft. Etwa zweihundert Pflegekräfte sind dem Aufruf zum Warnstreik in der aktuellen Tarifrunde im öffentlichen Dienst gefolgt. Die Gewerkschaft Verdi fordert 10,5 Prozent mehr Lohn, mindestens aber 500 Euro mehr im Monat für die 640 000 Beschäftigten in NRW. Eine recht hohe Forderung. Es gehe um die Sicherung der Einkommen angesichts der hohen Inflationsrate, sagt Verdi-Sekretär Robin Orlando. Es sei „eine Unverschämtheit“, dass die kommunalen Arbeitgeber überhaupt kein Angebot vorgelegt hätten.
Die vergleichsweise geringe Beteiligung am Warnstreik – die Kliniken beschäftigten rund 4400 Mitarbeiter, davon etwa 1500 Pflegekräfte –, liegt unter anderem daran, dass ein Großteil des verfügbaren Personals an diesem Tag im Notdienst eingesetzt wird. Denn anders als etwa bei den KVB, wo tags zuvor gestreikt wurde, wird in den Kliniken natürlich auch an Streiktagen gearbeitet, um die Versorgung der Patienten sicherzustellen.
Personalmangel erhöht den Druck
Allgegenwärtig ist das Thema Personalmangel in der Pflege. Die Personalnot sei so groß, dass in der Klinik Merheim nur noch eine einzige Station alle Betten betreiben könne, berichtet Robin Orlando. Alle anderen Stationen hätten Betten geschlossen, weil Pflegekräfte fehlen. Krankenschwester Andrea aus der Frauenklinik in Holweide pflichtet ihm bei. Wegen des Personalmangels arbeite man praktisch ständig in Notbesetzung. Sie betont: „Wir sind immer nur zwei Personen im Dienst. So geht das nicht weiter. Wir müssen dafür kämpfen, dass sich das ändert.“ Pfleger Jason berichtet, in den Verhandlungen mit der Klinikführung über den Personalschlüssel für den Notdienst habe man festgestellt, dass in den vergangenen Monaten oft regulär mit der gleichen geringen Zahl an Pflegekräften gearbeitet worden sei.
Alles zum Thema Kölner Verkehrs-Betriebe
- Die „Mitnehmer“ KVB-Chefin lässt sich ihre vorzeitige Vertragsauflösung teuer bezahlen
- Zum Brückentag Dauerbaustellen und Staus – wie es um Kölner Brücken bestellt ist
- Wasserrohrbruch behoben Arbeiten an Zündorfer Hauptstraße starten in Kürze
- Stadtdirektorin und Sozialdezernent „Nachtruhe ab 22 Uhr ist in Köln nicht lebensnah“
- Netcologne Internet in Teilen des Rhein-Erft-Kreises ausgefallen – Störung behoben
- Pilotprojekt an Drogen-Hotspots Wie eine neue Streife die Sicherheit an Kölns Brennpunkten steigern will
- IT-Störung KVB-Anzeigen in Köln fielen über Stunden aus
Links vor ihm stehen Kollegen mit einem Transparent, auf dem steht: „Personalmangel tötet. Aber Danke für den Applaus.“ In der Pandemie hätten die Menschen den Pflegekräften applaudiert, das sei ja schön, aber finanziell habe sich für sie seitdem wenig getan, meint Vanessa vom Pflegeteam der Unfallchirurgie in Merheim. „Klatschen kostet nichts.“ Viele in der Belegschaft seien unzufrieden. Es brauche „bessere Bezahlung und bessere Arbeitsbedingungen, um die Pflege wieder attraktiver zu machen und mehr Menschen für den Beruf zu gewinnen“ – da sind sich Vanessa und alle anderen Warnstreik-Teilnehmer einig. Unter den heutigen Bedingungen bleibe ihr sehr wenig Zeit für die Patienten. „Der Druck ist hoch.“
Pflegekräfte wechseln zu Zeitarbeitsfirmen
Auch die Auszubildende Lara von der Pflegeschule in Holweide berichtet, dass Druck auf die Nachwuchskräfte aufgebaut werde. „Auch wir merken den Pflegemangel an allen Ecken und Enden. Wir sind in unserem Ausbildungskurs mit 27 Personen gestartet. Durch den extremen Druck auf Station sind wir im zweiten Lehrjahr nur noch mit 17 Personen im Kurs.“ Patientenbegleiter Biagio ist seit fast 36 Jahren bei den städtischen Kliniken beschäftigt. Die Lage sei mit der Zeit immer schwieriger geworden, sagt er. „Mir bleibt heute weniger Zeit für die Patienten, das ist traurig.“ Denn der Kontakt mit den Menschen sei ja das Schöne an dem Beruf. „Entweder liebt man diese Arbeit oder man lässt es bleiben.“
Viele Pflegekräfte würden die städtischen Kliniken verlassen und zu Zeitarbeitsfirmen wechseln, weil diese mehr bezahlen, schildert Michael aus dem Team der Notaufnahme Merheim. „Für Zeitarbeiter geben die Kliniken dann doppelt so viel aus wie für ihr eigenes Personal.“ Ein Punkt, den auch OP-Schwester Julia und ihre Kolleginnen scharf kritisieren. Sie betonen: Anstatt in die faire Bezahlung ihrer eigenen Mitarbeiter zu investieren, würden die Kliniken sehr viel Geld für Zeitarbeitspersonal ausgeben. „Das macht überhaupt keinen Sinn.“ Am Karnevalsdienstag beginnt in Potsdam die zweite Verhandlungsrunde zwischen Verdi und dem Verband der kommunalen Arbeitgeber.