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Karneval in KölnSo ist das Programm der neuen Immisitzung

Lesezeit 3 Minuten
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Das Brexit-Boot schippert bei einer der vielen politischen Nummern der Immisitzung Richtung Amerika.

Köln – Er und sie werden im Labor für gentechnisch optimierte Befruchtung vorstellig. Das, was sie eint, ist der Kinderwunsch. Und obwohl vorher scheinbar Einigkeit darüber herrschte, wie genau der Nachwuchs beschaffen sein soll, lässt sie das überbordende Angebot vor Ort schier verzweifeln.

Aber nicht nur sie. Auch der Laborant, vom Paar und vom beratenden Arzt durch eine Stellwand getrennt, ist am Rande des Nervenzusammenbruchs. Nach jedem weiteren Wunsch („Grüne Augen! Nein, blaue! Ein Junge! Nein, ein Mädchen! Keine Alkoholikerin, keine Zellulite, nicht homosexuell“) muss er erneut die Genschere ansetzen, um etwas aus der DNA herauszuschnippeln oder wieder anzukleben. Was zwangsläufig zu Verwicklungen führt und einem gut verschnürten Laborantenpaket.

Erstmals eine Büttenrede  und opulente Bühnenbilder

Schon der erste Sketch der 11. Immisitzung zündet – und wächst sich im Laufe der Premiere im Stollwerck zum furiosen Feuerwerk aus. Für ihr jeckes Jubiläum haben die Karnevalisten mit Lizenz zur Integration weder Kosten noch Mühen gescheut. Entsprechend opulent geraten Bühnenbilder und Kostüme. 57 Tage lang wurde geprobt. Was 17 Schauspieler, Puppenspieler und Musiker und ihr Team (aus 13 Nationen) gemeinsam erarbeitet haben, zeigt die ganze Bandbreite dessen, wozu alternativer Karneval in der Lage ist. Ohne dabei der kölschen Urform die kalte Schulter zu zeigen.

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Figuren und ein großes Bühnenbild bei der Immisitzung

Da trägt ein Tourist der hiesigen Kathedrale so leidenschaftlich die Ehe an, dass sogar ein Naturgesetz ins Wanken gerät. Statt „Mer losse dr Dom in Kölle“ heißt es nun: „Ich nehme dem Dom nach Indien“. Oder es wird, erstmals auf einer Immisitzung, eine Büttenrede gehalten. Ganz klassisch in Reimform, aber zu einem eher unklassischen Sujet: der Rehabilitierung eines (völlig zu Unrecht) geschmähten und misshandelten primären Geschlechtsorgans der Frau. Wenn Alice Eßer alias „Dat fussich Prümmsche“ mit dem Schlachtruf „Viva la Vulva“ die Bütt verlässt, ist das Publikum hingerissen von soviel Kampfesmut.

15 Songs, wie immer begleitet von der großartigen Immiband, 19 Sketche und acht Puppennummern werfen mal heitere, mal ernste und bisweilen auch böse Blicke auf das, was in Köln und der restlichen Welt geschieht. Während sich engagierte Eltern vor der Vringspooz am Chlodwigplatz zur „Klimademo“ versammeln, um so lange über die perfekte Projektumsetzung zu diskutieren bis das Parkhaus dichtmacht, widmet sich die Fußpflegerinnen-Girlie-Band „Lack Fööss“ nach einer Fortbildung in Bulgarien lieber dem aktuellen Sessionsmotto und singt „Et Hätz schleiht im Veedel“.

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Das „Brexit“-Boot schippert gen USA, die Insel im Schlepptau („Trump dachte, England wäre Grönland“), in Fischgeschäften sind verseuchte Flossenträger der letzte Schrei („Welches Gift hätten Sie denn gerne?“) und Kim Jong-un und Konsorten endlich reif fürs „Arschenthebungsverfahren“. Auch die Erotik von Handys, virtueller Karneval und die Verblödung durch Influencer sind Thema. Wenn beim Finale diverse Figuren aus den vergangenen Jahren im Fundus aufeinandertreffen, bietet das die Gelegenheit für ein „Best Of“ ihrer Hits. Prima Soundtrack für eine prima Jubiläumssitzung.