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„Ewige Schande für Deutschland“Iran vergleicht Merz mit Hitler – Todesdrohungen gegen Trump und Atomwächter

Lesezeit 5 Minuten
Germany’s Chancellor Friedrich Merz (L) speaks with US President Donald Trump before the start of the North Atlantic Council plenary meeting at the North Atlantic Treaty Organisation (NATO) summit in The Hague on June 25, 2025.  (Photo by Ludovic MARIN / POOL / AFP)

Bundeskanzler Friedrich Merz zusammen mit US-Präsident Donald Trump. Aus dem Iran kommen harsche Worte in Richtung der beiden Staatschefs.

Aus Teheran kommen schrille Töne – die Zweifel am Erfolg der US-Luftschläge gegen iranische Atomanlagen werden derweil nicht kleiner.

Aus dem Iran kommen scharfe Töne, sowohl gegen Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) als auch gegen US-Präsident Donald Trump. Das iranische Außenministerium hat Merz am Montag (30. Juni) wegen seiner Äußerungen zum Krieg mit Israel scharf kritisiert. Ministeriumssprecher Ismail Baghai verurteilte Merz’ „Drecksarbeit“-Zitat und stellte Vergleiche zu Adolf Hitler und der Nazizeit auf: „Ich hätte niemals gedacht, dass der Bundeskanzler Deutschlands eine Sprache verwendet, die benutzt wurde, um die rassistischen Taten Hitlers zu rechtfertigen“, sagte Baghai in Teheran.

Merz hatte vor knapp zwei Wochen in einem ZDF-Interview mit Blick auf Israels Krieg gegen den Iran das Wort „Drecksarbeit“ benutzt. „Das ist die Drecksarbeit, die Israel macht für uns alle“, sagte er. Auch in Deutschland stieß die Wortwahl auf viel Kritik. Die Äußerungen haben Baghai zufolge auch Auswirkungen auf die Beziehungen zwischen Berlin und Teheran. „Ich denke, das wird eine historische und ewige Schande für Deutschland sein“, sagte der Sprecher vor Journalisten.

Iran kritisiert Friedrich Merz: „Historische und ewige Schande“

Israel hatte am 13. Juni den Iran angegriffen und landesweit Ziele bombardiert. Als Begründung führte die Regierung die Bedrohung durch Irans umstrittenes Atomprogramm an. Der Iran reagierte mit Raketen- und Drohnenangriffen. Inzwischen gilt eine Waffenruhe. Verbalattacken kommen unterdessen aus dem Iran auch in Richtung von US-Präsident Donald Trump. Ein einflussreicher iranischer Geistlicher hat Trump nun indirekt mit dem Tode gedroht – zugleich zeigt Teheran Verhandlungsbereitschaft mit Washington.

Großajatollah Nasser Makarem Schirasi nannte Trump zwar nicht direkt beim Namen, wies aber in einer religiösen Stellungnahme darauf hin, dass Drohungen gegen Irans Führer Ali Chamenei im Islam mit dem Tod bestraft werden. Trump hatte kürzlich gesagt, Chamenei sei ein leichtes Ziel. „Wir werden ihn nicht ausschalten (töten!), zumindest nicht im Moment.“ Derweil zeigte Irans Vize-Außenminister Bereitschaft zur Wiederaufnahme der Gespräche mit den USA über sein Atomprogramm, sofern Washington auf weitere Angriffe verzichtet.

Iranischer Geistlicher droht Donald Trump mit dem Tod

Makarem Schirasi zählt als sogenannter Mardscha zu den Großajatollahs mit einem der höchsten religiösen Titel im zwölfer-schiitischen Islam. Auf die Frage eines Gläubigen zu Trump sagte er laut der staatlichen Nachrichtenagentur Irna in seinem Büro in Ghom: „Personen oder Regime, die eine islamische Herrschaft angreifen oder deren religiöse Führer bedrohen oder gar gegen sie vorgehen, gelten als ‚Mohareb‘ (Feinde Gottes/Krieger gegen Gott).“

Daher sei es Pflicht der Muslime, diese „Feinde“ zur Rechenschaft zu ziehen. Das politische System der Islamischen Republik Iran basiert auf dem Prinzip der „Herrschaft der Rechtsgelehrten“. Der oberste geistliche Führer, Chamenei, vereint die höchste politische und religiöse Macht in seiner Person.

Iran nennt Bedingung für Verhandlungen mit den USA

Der US-Präsident hatte kürzlich an der Seite Israels die iranischen Atomanlagen angreifen lassen. Beim Nato-Gipfel kündigte er dann neue Gespräche mit dem Iran für diese Woche an, nannte allerdings keine Details. Auf die Frage, ob er Irans Atomanlagen erneut bombardieren lassen würde, falls es wieder Sorgen über Teherans Urananreicherung gebe, sagte Trump am Freitag: „Sicher, ohne Frage, absolut.“ Der Iran dürfe keine Atomwaffen haben. Die jüngsten Angriffe hätten das Atomprogramm um Jahre zurückgeworfen, bekräftigte Trump.

Die iranische Atomanlage Fordow. Die Schäden nach den US-Angriffen sollen „weniger verheerend“ ausgefallen sein, als von den USA behauptet.

Die iranische Atomanlage Fordow. Die Schäden nach den US-Angriffen sollen „weniger verheerend“ ausgefallen sein, als von den USA behauptet.

Die USA müssten weitere Angriffe auf den Iran ausschließen, wenn sie die diplomatischen Gespräche wieder aufnehmen wollen, sagte Irans stellvertretender Außenminister Madschid Tacht-Rawantschi dem britischen Sender BBC. Die Regierung von US-Präsident Trump habe seinem Land über Vermittler mitgeteilt, dass sie zu Verhandlungen zurückkehren wolle, aber „keine klare Position“ zur „sehr wichtigen Frage“ weiterer Angriffe bezogen.

Teheran besteht auf Anreicherung, sonst drohe „Gesetz des Dschungels“

Der Iran werde darauf bestehen, Uran für friedliche Zwecke anreichern zu dürfen, sagte Tacht-Rawantschi der BBC und wies Vorwürfe zurück, der Iran arbeite heimlich an der Entwicklung einer Atombombe. Sein Land sei „vom Zugang zu nuklearem Material“ für sein Forschungsprogramm ausgeschlossen worden.

„Über das Niveau kann man reden, über die Kapazität kann man reden, aber zu sagen, dass ihr keine Anreicherung haben dürft, null Anreicherung, und wenn ihr nicht einverstanden seid, werden wir euch bombardieren – das ist das Gesetz des Dschungels“, sagte der stellvertretende iranische Außenminister. 

Zweifel an Erfolg von US-Luftangriffen auf Irans Atomanlagen

Am Erfolg der US-Angriffe auf die iranischen Atomanlagen gibt es unterdessen weiterhin erhebliche Zweifel. Trump behauptet seit den Angriffen stets, die Anlagen seien „ausgelöscht“ und das iranische Atomprogramm um Jahrzehnte zurückgeworfen worden.

US-Medien berichteten unterdessen über erste US-Geheimdienstberichte, die Zweifel an einem derartigen Erfolg wecken. Diese Interpretation wird nun auch durch abgefangene Telefonate zwischen hochrangigen Offiziellen im Iran gestützt, die den USA laut einem Bericht der „Washington Post“ vorliegen. Die US-Zeitung spricht von vier Personen als Quelle, die mit dem Informationsstand der US-Geheimdienste vertraut seien. Demnach sei der Angriff „weniger verheerend als erwartet“ gewesen.

Weißes Haus kontert Medienbericht: „Beschämend“

Das Weiße Haus reagierte erneut mit deutlichen Worten auf den jüngsten Bericht. „Es ist beschämend, dass die Washington Post Menschen dabei hilft, Straftaten zu begehen, indem sie aus dem Zusammenhang gerissene Informationen veröffentlicht“, sagte die Pressesprecherin des Weißen Hauses, Karoline Leavitt, auf Anfrage der Zeitung.

„Die Vorstellung, dass ungenannte iranische Beamte wissen, was unter Hunderten von Metern Schutt passiert ist, ist Unsinn. Ihr Atomwaffenprogramm ist beendet“, behauptete Leavitt und folgte damit erneut der Linie von Trump.

Die Zweifel an der Darstellung der US-Regierung werden jedoch auch von Aussagen des Chefs der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA), Rafael Grossi, genährt. „Man kann dies mit jedem beliebigen Adjektiv beschreiben, aber man ist sich einig, dass es sich um einen sehr schweren Schaden handelt“, sagte Grossi in einem Interview mit CBS News zwar, erklärte jedoch auch, dass der Iran seiner Schätzung zufolge „in einigen Monaten“ wieder mit der Anreicherung von Uran beginnen könnte.

Iranische Zeitung droht Atominspekteur mit Hinrichtung

Grossi hatte nach den Angriffen Zugang zu den Atomanlagen im Iran gefordert. Teheran lehnt das jedoch ab. Eine iranische Zeitung forderte unterdessen zuletzt die Hinrichtung des Atominspekteurs.

Die Zeitung „Kayhan“ hatte Grossi beschuldigt, „Spion des zionistischen Regimes“ zu sein. „Es muss auch offiziell gesagt werden, dass (Grossi) bei seiner Ankunft in Iran wegen Spionage für den (israelischen Geheimdienst) Mossad und wegen Beteiligung an der Ermordung des unterdrückten Volkes unseres Landes vor Gericht gestellt und hingerichtet wird“, drohte die Zeitung, wie der „Spiegel“ berichtete. (das/dpa)