Die Bilder vom Auftakt des Karnevals in Köln sind nicht nur positiv: Überfüllung, Müll und ein lahmgelegter Verkehr. Nun sucht die Stadt nach Wegen, um die Situation im „Kwartier Latäng“ zu beruhigen. Dabei steckt sie in einem Dilemma.
Exzesse am 11.11.Lösungen für das Zülpicher Viertel händeringend gesucht

Die Spuren eines Tages: Flaschen und Müll vor den Absperrungen zur Zülpicher Straße.
Copyright: Costa Belibasakis
Für Diskussionen sorgen die Zustände rund um die Zülpicher Straße am Elften im Elften noch immer. Zuletzt in der Bezirksvertretung Innenstadt. Auf Antrag der Grünen wurde eine Aktuelle Stunde einberufen, um vom Ordnungsamt die nächsten Schritte für die bevorstehenden Karnevalstage zu erfahren.
Deutlich wurde noch einmal das Dilemma, in dem die Stadt steckt: Einerseits will man die Auswüchse nicht mehr hinnehmen. Andererseits gestaltet sich die Suche nach Ausweichflächen schwierig. Zuletzt lag der Fokus fast nur noch auf den Ringen und dem Grüngürtel. Andere Locations von der Deutzer Werft bis zum Stadion würden von der Klientel der Zülpicher Straße nicht angenommen, erklärte Abteilungsleiter Dirk Schmaul vom Kölner Ordnungsamt.
„Einen Tod muss man sterben. Entweder man gibt die Wiesen frei. Oder man legt die KVB an diesem Tag lahm“, sagte Schmaul. Die U-Bahn weiter fahren zu lassen, könne man dann nicht mehr verantworten. Bereits in diesem Jahr waren betrunkene Menschen in die Tunnel gelaufen.
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Einen Tod muss man sterben.
Amtsleiterin Athene Hammerich sah sich vor eine Alternative gestellt, die aus ihrer Sicht gar keine ist: „Bislang sehe ich keine Alternative zum Grüngürtel. Ich wäre froh, wir hätten eine.“ Man suche weiter, warte die Ergebnisse der Auswertungen ab. Viel Hoffnung klang nicht aus ihren Worten. Es gebe es nur einen echten „Gamechanger“: Ein Alkoholverbot. Das sei aber im Land nicht durchsetzbar.
Ein ganz normaler Arbeitstag
Hammerich und Schmaul mussten in der Bezirksvertretung passen, was konkrete Maßnahmen angeht. Sie verwiesen auf den Runden Tisch kommende Woche, an dem neben der Stadtspitze Akteure des Karnevals, Gastro-Vertreter, Polizei und Ordnungsamt teilnehmen. Dessen Ergebnissen wolle man nicht vorgreifen.
Kritik am Umgang mit dem Schutzgebiet
Nachdem die Uniwiese vor dem Zugang zur Zülpicher Straße einem Scherbenmeer glich, kam Kritik am Umgang mit dem Landschaftsschutzgebiet auf. Ein Teil der Scherben geht wohl auf den Abbau zurück, als Lkw über die Flaschen fuhren, um die Gitter abzuräumen. Schmaul und Hammerich räumten ein, dass man diesen Bereich unterschätzt habe: „Wir sind davon ausgegangen, dass sich die Menschen zerstreuen, wenn sie nicht reinkommen. Oder spätestens, wenn die Musik ausgeht. Aber sie sind geblieben“, so Schmaul.

Alle Hände voll zu tun hatten Polizei, Ordnungsdienst und Rettungskräfte rund um die Zülpicher Straße in Köln.
Copyright: Thomas Banneyer
Eine gewisse Ratlosigkeit war auch der Politik anzumerken. Zwar könne man nicht „der Stadtdirektorin alles vor die Füße werfen und sagen, nun mach mal“, wie sich Bezirksbürgermeister Andreas Hupke ausdrückte. Mit eigenen Vorschlägen sah es allerdings auch mau aus. Für die Grünen ist der Grüngürtel kein Thema („das geht gar nicht“), gleichzeitig aber lehnen sie eine Mobilitätseinschränkung wie alle anderen Parteien auch ab. Für die meisten Menschen sei das ein ganz normaler Arbeitstag, wurde von verschiedener Seite angemerkt. Dass der Elften im Elften nächstes Jahr auf einen Samstag fällt, sei da auch keine Erleichterung.
Auffällig sei gewesen, erklärte Schmaul, dass viele junge Menschen durchaus ansprechbar gewesen seien. „Das war anders als in den Jahren zuvor.“ Der Hoffnung einiger Bezirksvertreter, die Lage würde sich in den kommenden Jahren wieder normalisieren, begegnete er mit einem abwägenden Kopfschütteln. Er warnte davor, der Zülpicher Straße Legendenstatus zu verleihen: „Je restriktiver man vorgeht, umso mehr mag sich das Gefühl einer zu erobernden Burg verfestigen“, mahnte er.
Während Politik und Verwaltung nach einer einvernehmlichen Lösung suchen (siehe Text unten), vertritt die Bürgergemeinschaft Rathenauplatz eine andere Ansicht. „Wir haben nicht die Aufgabe, 30 000 Menschen psychologisch zu betreuen. Wir müssen konfrontativ vorgehen. Die jungen Leute machen es ja auch“, erklärte Beisitzer Michael Neumann.
Das Ratsbündnis von Grünen, CDU und Volt stellt für die Ratssitzung am 8. Dezember einen Dringlichkeitsantrag zum Straßenkarneval im Februar. Darin wird die Verwaltung aufgefordert, „kreative Ideen“ zu entwickeln, die die Situation unter anderem im „Kwartier Latäng“ durch ein dezentrales Angebot zu entschärfen. Die Bezirksvertretung fordert indes, den „Runden Tisch“ öffentlich zu machen und die Fraktionsvorsitzenden der Bezirksvertretung Lindenthal und Innenstadt mit einzubeziehen.