Seit Donnerstag gilt auf dem Brüsseler Platz: Zapfenstreich von 22 Uhr bis 6 Uhr morgens.
Debatte in KölnWie die ersten Tage mit Alkoholverbot am Brüsseler Platz wirken

Gespenstisch ruhig für einen Samstagabend – auf dem Brüsseler Platz herrscht ab 22 Uhr ein Alkoholverbot.
Copyright: Elena Kugelmeier
Am Brüsseler Platz ist seit letzter Woche alles anders: Die Stadt Köln setzt seit Donnerstag ein Alkoholverbot auf dem Brüsseler Platz durch. Ab 22 Uhr ist „Schicht im Schacht“, jedenfalls für diejenigen, die nicht auf Rhabarberschorle oder Malzbier umsteigen möchten. Nachdem das Verweilverbot vom Verwaltungsgericht als unverhältnismäßig eingestuft und daraufhin gekippt wurde, entschied sich die Stadt für das Alkoholverbot, um die Anwohnenden vor Lärm zu schützen.
Laut Aussagen der Stadt seien die ersten Tage ruhig verlaufen. Rund 400 Personen hätten sich Samstagnacht auf dem beliebten Kirchvorplatz aufgehalten, bis 22 Uhr mit und ohne alkoholische Getränke. Wie die Stadt berichtete, war der Brüsseler Platz bis 22.20 Uhr alkoholfrei und circa 30 Menschen verweilten ohne alkoholische Getränke auf dem Platz. Aus Sicht der Stadt ein positives Resümee.
Das sind Leute, die es sich leisten können, hier zu wohnen und hier hin ziehen, obwohl sie wissen, dass der Platz ein Kulturtreff ist
Anders sieht es bei den „Übriggebliebenen“ aus. Der Platz wirkt wie leer gefegt und die Stimmung bedrückt. Auf den niedrigen Steinmauern vor der Kirche sitzen vereinzelt Gruppen junger Menschen. Manche rauchen, andere halten die vermeintlich alkoholfreien Getränke in der Hand.
Lil Miller ist 20 Jahre alt, Teil des kleinen Grüppchens vor der Kirche und sauer auf das Alkoholverbot. Ihrer Meinung nach sollten Menschen, die an Plätzen wohnen, wo sich junge Menschen treffen, nicht darüber bestimmen, ob getrunken werden darf oder wann: „Das sind Leute, die es sich leisten können, hier zu wohnen und hier hinziehen, obwohl sie wissen, dass der Platz ein Kulturtreff ist.“ Lil und ihre Freunde sitzen auf einer der Mauern und trinken aus Pappbechern.
Ihr Freund, Till Bressin, versteht, dass die Anwohnenden unter dem nächtlichen Lärm leiden. Doch Verständnis für das Alkoholverbot hat er nicht: „Ich finde, wenn du irgendwo hinziehst, wo es belebt ist, dann musst du abwägen und damit leben, dass es laut ist.“ Wenn man das nicht wolle, müsse man halt umziehen. Die Gruppe wisse um den schwierigen Wohnungsmarkt in Köln, wohnt teilweise selber in Ehrenfeld, auch ein beliebtes Partyviertel mit vielen Clubs und Bars.
Günstige Alternativen schaffen
Zwischendurch schlendern immer wieder Mitarbeitende einer Securityfirma in gelben Westen auf den Wegen vor der Kirche hin und her. Um halb elf ist der Platz fast leer. Die Präsenz des Ordnungsamtes mit fast zehn Beamten dagegen hoch. Eine größere Gruppe minderjähriger Jugendlicher wurde im Laufe des Abends bereits angehalten, keine Zigaretten zu rauchen.
Legal Alkohol trinken darf Miller bereits, doch die Gruppe wirkt mit ihren Pappbechern ein wenig, wie die minderjährige Dorfjugend, die den verbotenen und damit noch attraktiver wirkenden Likör aus Papas Alkoholschrank verköstigt. Doch der Gruppe geht es an diesem Samstagabend auch um Privilegien: Miller findet die neue Regelung deshalb problematisch, weil es ihrer Erfahrung nach kaum Orte gibt, an denen junge Menschen sich aufhalten können, ohne kommerziell konsumieren zu müssen. „Man muss halt immer Geld ausgeben. Entweder muss man Eintritt bezahlen oder die Getränke sind überteuert.“
Das Kioskbier oder der Supermarkt-Alkohol seien da die günstigere Alternative. Über Alternativen zum Brüsseler Platz würde sich Robert Pooth freuen. Auch mit Pappbecher ausgestattet, plädiert er für mehr Kultur- und Jugendräume: „Wenn man einfach nur Verbote schafft, dann ist das hinderlich für Menschen und ihre Entwicklung.“