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Handwerk legt zu, Industrie verliertAusbildungsmarkt in Köln mit gemischter Bilanz

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Im Aufwind befindet sich der Ausbildungsmarkt – zumindest in Teilbereichen. Von links: Johannes Juszczak (IHK), Simone Marhenke (HWK), Amelie Rizkallah, Lenia Hümbs, Maximilian Hunger, Martina Hofer (alle KD), Johannes Klapper (Agentur für Arbeit).

Im Aufwind befindet sich der Ausbildungsmarkt – zumindest in Teilbereichen. Von links: Johannes Juszczak (IHK), Simone Marhenke (HWK), Amelie Rizkallah, Lenia Hümbs, Maximilian Hunger, Martina Hofer (alle KD), Johannes Klapper (Agentur für Arbeit).

Das Ausbildungsjahr zeigt ein zwiespältiges Bild: Während das Handwerk in Köln über acht Prozent mehr Verträge abschließen konnte, gingen bei Industrie und Handel die Ausbildungsplätze um fast sechs Prozent zurück.

In der Tendenz positiv, aber mit deutlichen Diskrepanzen: Das abgelaufene Ausbildungsjahr stellt Betriebe wie Azubis vor Herausforderungen. Während im Handwerk ein deutlicher Zuwachs an Ausbildungsverträgen zu verzeichnen ist – ein Plus in Köln von über acht Prozent – verläuft die Entwicklung bei Industrie und Handel im Kammerbezirk in die gegenläufige Richtung. Dort wurden 251 Abschlüsse weniger registriert als im Jahr davor, ein Minus von fast sechs Prozent. Und: Die Zahl der Ausbildungsbetriebe insgesamt ist weiter rückläufig. 442 Stellen oder 7,7 Prozent Stellen weniger standen den Bewerberinnen und Bewerbern zur Verfügung.

Gründe für unterschiedliche Entwicklungen in der Ausbildung

Die Gründe dafür sind vielfältig, wie Simone Marhenke von der Handwerkskammer und Johannes Juszczak von der Industrie- und Handelskammer erläutern: „Zum einen hat das Handwerk wieder einen höheren Stellenwert als noch vor einigen Jahren. Was sicher auch mit den Erfahrungen der Corona-Pandemie oder auch mit der Flutkatastrophe im Ahrtal zu tun hat. Zum anderen sind in schwierigen Zeiten immer Betriebe gefragt, die familiärer, persönlicher mit den Auszubildenden arbeiten als dies bei Großunternehmen der Fall ist. Die können im Zweifel auch schnell reagieren, was in der Industrie nicht immer einfach ist“, erklärt Marhenke.

Wirtschaftliche Unsicherheit dämpft Ausbildungsbereitschaft

Dazu komme, so Juszczak, schlicht die wirtschaftliche Lage gerade in der Industrie. Nach wie vor herrsche bei vielen eine große Unsicherheit bezüglich der Auftragslage – die Rezession hinterlasse Spuren. „Was die Unternehmen aber nicht davon abhält, genauso engagiert in der Ausbildung zu bleiben wie zuvor auch.“ Nur eben nicht mehr so zahlreich, könnte man anfügen.

Einen eindringlichen Aufruf richtete der Vorsitzende der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit Köln, Johannes Klapper, an Betriebe wie auch an junge Menschen, die sich für eine Ausbildung interessieren: „Wir appellieren an beide Seiten, die eigenen Ansprüche zu überdenken und aufeinander zuzugehen. Für jeden Beruf gibt es Alternativen mit ähnlichen Inhalten. Praktika bieten beiden Seiten das Potenzial, sich besser kennenzulernen“, so Klapper. Denn nach wie vor gebe es ein „Passungsproblem“: Zwar seien noch rund 400 Stellen offen, und rund 1440 junge Menschen suchen noch einen Ausbildungsplatz. „Aber die Erwartungen decken sich oft auf beiden Seiten nicht.“

Erfolgsbeispiele junger Auszubildender bei der Köln-Düsseldorfer

Wie es anders geht, zeigen Maximilian Hunger, Lenia Hümbs und Amelie Rizkallah. Sie sind Auszubildende bei der Köln-Düsseldorfer (KD) und auf ganz unterschiedliche Weise auf den Betrieb aufmerksam geworden: Ganz klassisch über Ausbildungsbörsen, über Social Media und über ein Azubi-Meetup, veranstaltet von den Kammern und der Agentur für Arbeit. Und alle drei haben bei der KD ihre Wunschausbildung bekommen: Binnenschifffahrtskapitän, Kauffrau für das Büromanagement und Veranstaltungskauffrau, neudeutsch Event-Managerin. „Es lohnt sich immer, auch mal abseits der bekannten Ausbildungsberufe zu schauen“, so Marhenke – immerhin gibt es ein so breites Feld, dass eigentlich jeder etwas für sich finden müsste. Voraussetzung aber fast immer: Ein Praktikum.

„Ohne geht es fast nicht. Es muss passen“, sagt auch Martina Hofer, Trainee Officer bei der KD. Gerade bei Berufen, in denen man auch mal länger nicht zu Hause ist wie auf längeren Fahrten oder der Arbeit an anderen Orten als Köln. „Wie die jungen Menschen, lernen auch wir immer dazu“, sagt sie. „Was hilft, die gegenseitigen Erwartungen realistisch einzuschätzen.“ Rund 60 Mitarbeitende in der Verwaltung hat die KD und im nächsten Jahr 15 Auszubildende, von Koch bis Kapitän. Natürlich sei die Betreuung der Auszubildenden auch zusätzliche Arbeit für die Angestellten, so Hofer. „Aber sie lohnt sich“, betont sie.

Ausbildungsstart noch möglich, auch nach offiziellem Beginn

Und noch einen Appell richten Marhenke, Juszczak und Klapper an junge Menschen, die sich für eine duale Ausbildung interessieren: „Auch wenn das Ausbildungsjahr nominell bereits angefangen hat: Es gibt immer die Möglichkeit, später einzusteigen. Auch bei Firmen, die der Agentur vielleicht gar keine Plätze gemeldet haben. Einfach mal den Telefonhörer in die Hand nehmen und anrufen“, so Klapper. Und abgesehen davon natürlich auch die Informationsangebote der Kammern und der Agentur für Arbeit nutzen.