Trotz sinkender Flüchtlingszahlen plant Nordrhein-Westfalen weiterhin die Erstaufnahmeeinrichtung im Agnesviertel, um flexibel auf Zuwanderungen reagieren zu können.
Sinkende FlüchtlingszahlenWarum die Bezirksregierung an der früheren Oberfinanzdirektion festhält

Die ehemalige Oberfinanzdirektion an der Riehler Straße.
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Die Flüchtlingszahlen sind rückläufig. Dennoch hält das Land Nordrhein-Westfalen an der Erstaufnahmeeinrichtung (EAE Agnesviertel) in den Gebäuden der früheren Oberfinanzdirektion an der Riehler Straße fest. Auf Anfrage der Rundschau erklärt der Regierungspräsident der Bezirksregierung Köln, Dr. Thomas Wilk (SPD), warum. „Zur Einordung: Die Zuwanderungszahlen sind seit über einem Jahr deutlich rückläufig. Auslösender Faktor waren die zur Fußball-EM 2024 eingeführten Grenzkontrollen. Man hat festgestellt, wie stark sie wirken, und sie immer wieder verlängert“, sagt Wilk.
Zusammen mit den geopolitischen Veränderungen, etwa der neuen Lage in Syrien, führe das zu deutlich geringeren Zuwanderungszahlen. Das gelte nicht nur für Asylbewerber, sondern auch für ukrainische Flüchtlinge. Das Land plane daher auch seine Unterbringungskapazitäten neu. Wilk erläutert: „Die Landeseinrichtungen unter anderem in Köln haben eine Pufferfunktion. Neu ankommende Flüchtlinge werden bei der zentralen Erstaufnahmeeinrichtung in Bochum registriert und dann zunächst für einige Wochen auf die Landeseinrichtungen verteilt, also nicht direkt an die Kommunen.“
Vorgabe des Landes ist gesunken
Eben solch eine Landeseinrichtung ist im Agnesviertel geplant. „Die Bezirksregierung hat dabei eine wichtige Zwischenfunktion: Sie ermittelt die Zahlen und unterrichtet die Kommunen im Voraus, was auf sie zukommt“, stellt der Volljurist heraus und nennt konkrete Zahlen: „Bis vor kurzem hatten wir die Vorgabe, 41.000 Landesplätze vorzuhalten. Angesichts der gesunkenen Flüchtlingszahl lautet die Vorgabe jetzt 28.000 plus 7000 Reserveplätze.“ Bei 13.000 Plätzen weniger, mit Reserveplätzen immerhin 6000 Landesplätzen weniger auf der Bedarfsliste, werden nicht mehr so viele Einrichtungen benötigt.
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Der Regierungspräsident verrät: „Das führt beispielsweise dazu, dass wir auf eine in Frechen geplante Einrichtung nun doch verzichten. Das ist für uns und die Kommune keine einfache Situation: Der Plan war in Frechen hochumstritten, unsere Leute mussten sich in Ratssitzungen und in sozialen Medien beschimpfen lassen, die Bürgermeisterin hat für die Einrichtung gekämpft. Und jetzt sagen wir, wir brauchen sie nicht – das macht keinen Spaß, ist aber unumgänglich und muss kommunikativ gut gemanaged werden.“
Auch in Köln ist die Einrichtung im Agnesviertel umstritten. Es gab bereits mehrere Bürgerveranstaltungen dazu, dabei ist viel debattiert worden. Es gab zudem mehrere Petitionen der Anwohnenden, die gegen die EAE Agnesviertel sind. Die Stadtteilkonferenz Agnesviertel/Eigelstein, zu der neben dem Verein Bürgerzentrum Alte Feuerwache unter anderem das Familienforum Köln oder der Verein Lobby für Mädchen gehören, hat sich in einer Stellungnahme sich jedoch ausdrücklich gegen die Positionen der Petition gestellt und sich für die Einrichtung ausgesprochen.
Ich sage Ihnen, die Einrichtung in der Oberfinanzdirektion wird kommen.
Wilk berichtet: „Ein anderes Beispiel ist die Gemeinde Nettersheim in der Eifel Wir haben dort eine sehr große Einrichtung im Ortsteil Marmagen in der ehemaligen Eifelhöhenklinik betrieben. Das ist ein echtes Problem, in dem Ort kam dann ein Geflüchteter auf zwei Einwohner, da müssen sie vor Ort das Miteinander erst einmal organisieren. Es geht nur, weil die Kommune, allen voran der Bürgermeister, uns aktiv unterstützt.“ Der Regierungspräsident betont: „Wir würden eine Einrichtung daher auch nie gegen den ausdrücklichen Willen der Kommune planen. Auch in Köln nicht.“ Die Stadt hat auf Anfrage immer wieder betont, die unterstütze die Pläne des Landes, in Köln Erstaufnahmeeinrichtungen aufzubauen. In der Millionenstadt Köln ist die EAE Agnesviertel für 500 Personen geplant. „Die ehemalige Oberfinanzdirektion ist zwar Landeseigentum. Aber es geht nicht ohne die Stadt“, führt Wilk weiter aus und bekräftigt: „Und ich sage ihnen, die Einrichtung in der Oberfinanzdirektion wird kommen. Vermutlich im vierten Quartal 2026. Wir hatten ein kleines Problem mit dem Bauantrag bei der Stadt, aber es ist alles nachgereicht worden. Frechen fällt weg, aber für Köln planen wir in der bisher schon festgelegten Größe.“

