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Nacht auf DonnerstagBundespolizei übt Terror-Szenarien am Kölner Hauptbahnhof

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Gespieltes Chaos nach einem fiktiven Anschlag im Bremer Hauptbahnhof: Dort fand 2019 eine Anti-Terror-Übung der Bundespolizei statt.

Gespieltes Chaos nach einem fiktiven Anschlag im Bremer Hauptbahnhof: Dort fand 2019 eine Anti-Terror-Übung der Bundespolizei statt. 

In der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag trainiert die Polizei für den Ernstfall. Rund 300 Personen sind in die nächtliche Übung am Hauptbahnhof involviert.

Schüsse und Schreie hallen am späten Mittwochabend durch den Kölner Hauptbahnhof - doch keine Sorge, es handelt sich nur um eine Übung. Die Bundespolizei probt in der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag verschiedene Terror-Szenarien, um im Ernstfall gut und schnell zu reagieren. Trainiert wird eine sogenannte „Lebensbedrohliche Einsatzlage“, kurz „LebEL“. Gemeint ist damit ein Terroranschlag oder ein Amoklauf, bei dem unter anderem Schusswaffen eingesetzt und Menschen verletzt oder getötet werden. Von 23.30 Uhr bis 4 Uhr wird im Hauptbahnhof in drei unterschiedlichen Durchgängen unter realen Bedingungen trainiert.

Kunstblut für professionell geschminkte Opfer

Rund 300 Personen sind in die nächtliche Übung am Hauptbahnhof involviert. Trainiert werden drei Dienstgruppen der Bundespolizei mit jeweils 20 Beamten, eingebunden sind die Übung laut der Behörde zudem 30 Polizistinnen und Polizisten der Landespolizei und 30 Einsatzkräfte der Feuerwehr. Dazu kommen diejenigen, die die Rolle der Angreifer, die sogenannten „Störer“, übernehmen, sowie die Rollen von unbeteiligten Bahnreisenden. Der Polizeiärztliche Dienst übernimmt ebenfalls eine wichtige Rolle: Damit die Übung für die Teilnehmenden möglichst echt erscheint, sind diese Beamten dafür zuständig, den Opfern mit viel Kunstblut Wunden und Verletzungen professionell zu schminken. 

Was die Einsatzkräfte bei der Übung am Kölner Hauptbahnhof in der Nacht genau erwartet, wissen sie im Voraus bewusst nicht. „Die Szenarien wurden und werden nicht bekannt gegeben“, teilt die Bundespolizei Sankt Augustin mit. Anders als bei einer ähnlichen Anti-Terror-Übung 2018 im Frankfurter Hauptbahnhof: Etliche im Internet veröffentlichte Videos zeigen, wie mehrere mit Motorradhelmen vermummte Männer mit Schusswaffen Menschen in einem Zug, auf dem Bahnsteig und im Bahnhofsgebäude auf Passanten schießen. Auf Gleisen werden Rauchbomben gezündet, überall liegen Schwerverletzte. Damals hatte Hessens Innenminister Peter Beuth (CDU) betont, wie wichtig das Trainieren unter realistischen Bedingungen sei. „Am Schreibtisch können die Einsatzkräfte eine solche Erfahrung nicht machen.“

Anti-Terror-Übung ist nicht öffentlich

Dass Großübungen wie diese an öffentlichen Orten stattfinden, ist zwar eher selten, aber ganz normal. Zuletzt gab es in NRW vor zwei Jahren eine ähnliche Übung am Düsseldorfer Flughafen, 2018 fand eine Übung am Flughafen Köln/Bonn statt. Eine ähnlich große Anti-Terror-Übung an einem Hauptbahnhof fand im vergangenen Jahr in Münster statt, sowie 2018 in Frankfurt am Main.

Die Anti-Terror-Übung im Kölner Hauptbahnhof ist nicht öffentlich. Am Mittwochabend baut die Bundespolizei voraussichtlich ab 22 Uhr Sichtschutzwände mit schwarzen Folien auf, sodass das eigentliche Geschehen für Passantinnen und Passanten nicht zu sehen sein wird. Einzelne Bereiche werden abgesperrt, eingebunden in die Übung ist unter anderem das Gleis 1. Ausgehängte Plakate machen darauf aufmerksam, dass es sich um eine Übung und nicht um den Ernstfall handelt. Menschen, die sich in diesen Stunden am Hauptbahnhof befinden, sollen sich nicht sorgen, wenn sie Schreie oder laute Knallgeräusche hören. Es bestehe keine Gefahr. 

Training für die „Chaos-Phase“

Seit einem Jahr wird die Übung von der Bundespolizeidirektion Sankt Augustin, also der für Nordrhein-Westfalen zuständigen Behörde, vorbereitet. Dass am Kölner Hauptbahnhof in dieser Zeit wegen Bauarbeiten noch bis zum 24. November keine Regional- und Fernverkehrszüge verkehren (wir berichteten) habe man so nicht planen können, es habe sich aber gut ergeben, sagt Bundespolizeisprecher Christian Tiemann. Ebenfalls werden in der Nacht zum 20. November keine S-Bahnen am Hauptbahnhof fahren, teilte die Deutsche Bahn im Vorfeld mit. Auch einige Geschäfte im Hauptbahnhof werden in der Nacht geschlossen sein, unter anderem der Rewe-Supermarkt in der mittleren Passage.

„Mit einer solchen Übung sollen bestehende Einsatzkonzepte auf ihre Praxistauglichkeit überprüft werden“, teilt die Bundespolizei mit. Es sei eine gezielte Übung für die „Kräfte auf der Straße“, also die Streifenbeamten, die im täglichen Einsatz an Flughäfen und Bahnhöfen sind. „Spezialeinheiten wie das GSG9 werden deshalb bewusst nicht dabei sein“, sagt Sprecherin der Kölner Bundespolizei, Stephanie Reuver. Es gehe um das Einüben von Reaktionen auf die Erstphase bei einem Angriff oder Anschlag, die sogenannte „Chaos-Phase“. Trainiert werde laut Bundespolizei auch das gemeinsame Vorgehen von Kräften der Bundes- und Landespolizei sowie der Feuerwehr. „Dabei stehen auch die Kommunikationsabläufe sowie Führungsstrukturen im Fokus“, teilt die Behörde mit.

Für Bürgeranfragen, die im Zusammenhang mit der Übung stehen, hat die Bundespolizei eine Hotline geschaltet. Diese ist unter der Telefonnummer 02241/238 7777 erreichbar.