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Nach Verdacht einer GeldzuwendungGutachter im Kölner Drach-Prozess ist raus

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Drachs Prozess zieht sich weiter in die Länge.

Köln – Am Ende eines intensiven Verhandlungstages strömten die Prozessbeteiligten an die frische Luft. Die Staatsanwältinnen genossen die Herbstsonne und plauderten mit den Anwälten des Mitangeklagten. Ein Stück weiter diskutierten die Verteidiger von Thomas Drach über das Geschehen am 40. Verhandlungstag. Zu Reden gab es genug. Kurz zuvor hatte das Landgericht in den Verfahren um Reemtsma-Entführer Thomas Drach und die Staatsanwaltschaft die Konsequenzen gezogen aus einem Fall, den Drach-Verteidiger Andreas Kerkhof einen „unglaublichen Vorgang“ nennt.

Verdacht der Geldzuwendung an Gerichtsreporter

Die Kammer hat den Sachverständigen George A. Rauscher nach dem Verdacht einer Geldzuwendung an einen Journalisten von seinen Aufgaben entbunden. Er soll einem Gerichtsreporter 100 Euro zugesteckt haben mit der Bitte, positiv über ihn zu berichten. Er soll der Kammer den Vorgang detailliert geschildert haben. Nach einer Prüfung kam die Kammer zu dem Ergebnis, dass es sich um „kein erdachtes Geschehen“ handelt. Der Vorsitzende Richter, Jörg Michael Bern erklärte, das Gericht habe überlegt, welche Gründe es gebe, den Sachverständigen nun noch weiter im Verfahren zu halten. „Ehrlich gesagt ist uns kein Argument mehr eingefallen“, sagte er. „Und dann muss man in der Tat sagen: Da verlässt der Sachverständige genau das Terrain, auf das er sich zu begeben hat. Nämlich das der Neutralität.“

Auf der Suche nach einem geeigneten Nachfolger

Wie Bern weiter sagte, führe die Kammer bereits Gespräche mit potenziellen neuen Kandidaten. Zuvor hatte die Kölner Staatsanwaltschaft in dem Zusammenhang einen Befangenheitsantrag gegen den Gutachter gestellt und die Zusammenarbeit für beendet erklärt. Der Gutachter hatte für das Verfahren Überwachungsvideos ausgewertet und Drach mit „hoher Wahrscheinlichkeit“ als Täter identifiziert. Die Staatsanwaltschaft erklärte, dass es einen „hohen Verdachtsgrad“ gebe, dass die Angaben des Journalisten die Wahrheit seien.

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Die Schilderungen seien sehr detailreich, während das Bestreiten pauschal erfolge. Auch sei kein Motiv des Journalisten erkennbar, sich eine solche Geschichte auszudenken. Die Anklägerin nannte die Angaben des Gerichtsreporters glaubhaft.Der Gutachter soll einem Journalisten vor der Cafeteria im Landgericht 100 Euro zugesteckt haben mit den Worten: „Damit Sie mich nicht so schlecht aussehen lassen“. Rauscher sagte der Rundschau: „Der mir vorgeworfene Sachverhalt bezüglich eines Pressevertreters ist absurd und wird bestritten“. Dies teilte Rauscher auch dem Vorsitzenden Richter mit.

Der Sachverständige wollte auch selber nicht mehr an dem Prozess teilnehmen. Er teilte der Kammer mit, dass er unter massiven gesundheitlichen Problemen leide. Der Prozess nehme Formen an, die ihn erschütterten. Rauscher leidet nach eigenen Angaben an der Art und Weise wie die Verteidigung mit ihm umgehe. Der Sachverständige schreibt, dass er mittlerweile Hass gegen die Verteidigung verspüre und auch darum um die Entpflichtung bitte. Die Staatsanwaltschaft teilte mit, dass auch der Inhalt des Briefes dazu beigetragen habe die Zusammenarbeit zu beenden.

Der Anwalt von Thomas Drach, Andreas Kerkhof, zeigte sich entsetzt. Die Angaben des Journalisten seien „schlüssig“. Der Gutachter sei „erkennbar befangen“. Nach seinen Angaben habe ein Anwaltskollege den Vorgang beobachtet. Es solle geprüft werden, ob das Gericht das möglicherweise gezahlte Geld für die Expertise zurückfordere.

Fortsetzung im November

Wie lange sich der Mammut-Prozess nun weiter verzögert, blieb unklar. Erst am 2. November geht es in dem Verfahren weiter. Zwei Tage später zieht der Prozess in den „Terrorbunker“ nach Düsseldorf um, weil die Kölner Polizei zu dieser Zeit wegen der hohen Arbeitsbelastung die Sicherheit nicht mehr gewährleisten kann. Auch schon vor der offiziellen Ablösung des Gutachters ging es spannend zu. Drach sprach mit erhobenen Zeigefinger davon, dass im Gefängnis Spitzel auf ihn angesetzt werden. Dies habe er der Staatsanwaltschaft schon mitgeteilt. Dabei geht es unter anderem um einen Mithäftling, der Drach in den vergangenen Verhandlungstagen belastete. „Ich schieße auch auf Frauen und Kinder, wenn sie zwischen mir und der Freiheit stehen“.

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Dies soll Drach zu einem Mithäftling gesagt haben und teilweise Geständnisse gemacht haben. Die Verteidigung sagte, dass der Häftling gezielt auf den Angeklagten angesetzt wurde. Dass Spitzel sich an Drach im Knast herangepirscht haben, sei nicht nur einmal vorgekommen. Drach werden in dem Prozess Überfälle auf vier Geldtransporter in Köln, Frankfurt am Main und Limburg vorgeworfen. Er bestreitet die Vorwürfe. 1996 hatte Drach den Tabakkonzernerben Jan Philipp Reemtsma entführt und erst gegen eine Lösegeldzahlung freigelassen.