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Kommentar

Olympia-Bewerbung Köln
Leben wir in einer Metropole oder in Groß-Knollendorf?

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Torsten Burmester, Oberbürgermeister von Köln (r, SPD), spricht bei einer Pressekonferenz über Neuerungen des Bewerbungskonzepts für die olympischen und paralympischen Spiele.

Torsten Burmester, Oberbürgermeister von Köln (r, SPD), spricht bei einer Pressekonferenz über Neuerungen des Bewerbungskonzepts für die olympischen und paralympischen Spiele.

NRW-Ministerpräsident Wüst will Köln als „Kapitän“ der Olympia-Bewerbung. Ein Vergleich mit München zeigt: Entscheidend ist nicht nur das Geld, sondern ob die Kölner überhaupt wissen, was sie wollen

Es wird ernst. NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst hat sich festgelegt: Köln soll die Olympia-Bewerbung von 16 NRW-Städten als „Kapitän“ anführen. Nur mit der größten Stadt des Landes an der Spitze gibt es eine ernsthafte Chance für die Großregion an Rhein und Ruhr, als deutscher Bewerber auserwählt zu werden und dann vielleicht wirklich die Spiele 2036, 2040 oder 2044 ins Land zu holen. Köln, Cologne, Colonia, Keulen oder Kelún ist international in aller Munde, liegt am Schnittpunkt europäischer Verkehrswege und zieht seit der Stadtgründung Menschen von weither an.

Aber kann Köln so eine Bewerbung anführen? Kann die Stadt, deren Verwaltung gerade mit den Folgen einer Haushaltssperre kämpft, sich das überhaupt leisten? Kann sie die notwendige Infrastruktur bauen? Gehen die Bürgerinnen und Bürger mit? In München haben sich zwei Drittel der Abstimmenden für eine Olympia-Bewerbung ausgesprochen. Können Köln und die 15 anderen Kommunen da mithalten?

Die Münchner wissen, was sie wollen

Die Antwort auf die Frage findet man in München. Das starke Abstimmungsergebnis ist nicht von ungefähr gekommen. Die Münchner wissen, was sie wollen. Es gibt einen breiten Konsens darüber, wie sich die bayerische Landeshauptstadt entwickeln soll – Olympia ist nur ein Teil davon. Man vergleiche das Hin und Her um die Kölner Ost-West-Achse mit den breiten Mehrheiten für die Vorbereitung einer möglichen U9 in München oder auch für den Bau der U5 in Hamburg – ebenfalls eine potenzielle Olympia-Bewerberstadt, deren politische Führung und deren Bürgerinnen und Bürger mehrheitlich einem Leitbild folgen. In Berlin kann man sich da schon nicht so sicher sein. Und in Köln? Wollen die Kölner große Infrastrukturprojekte und einen neuen Stadtteil, der vom Grundriss eines temporären Olympiastadions geprägt würde wie das mittelalterliche Rom von der Piazza Navona?

Der neue Oberbürgermeister Torsten Burmester sieht das rheinische Grundgesetz – et es wie et es, et kütt wie et kütt – erkennnbar nicht als Rezept zum Führen und Gestalten. Für ihn sind die Olympia-Pläne Teil seines Bestrebens, Entwicklungsziele für die Stadt zu definieren. Wie immer man die sieht: Wenn die Olympiabewerbung den Kölnerinnen und Kölnern dabei hilft, herauszufinden, ob sie in einer Metropole leben wollen oder in Groß-Knollendorf, dann hat sie sich auch unabhängig vom Ausgang des Verfahrens gelohnt.