Neues GebäudeInklusive Grundschule wird an Offene Schule Köln angegliedert

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Vivian Breucker im Leise-Raum

Rodenkirchen – Der „Leise-Raum“ ist gerade frei. Vivian Breucker zeigt gerne den Ort, an den sich Schülerinnen und Schüler zurückziehen können, wenn sie in stiller Umgebung lernen, arbeiten oder zwischendurch entspannen wollen. Kopfhörer stehen bereit, in einer Ecke gibt es bequeme Sitzsäcke. Der Raum gegenüber ist belegt, eine Gruppe von Schülerinnen und Schülern arbeitet dort entspannt, aber konzentriert.

Die 50-Jährige leitet seit 2019 die Offene Schule Köln (OSK), eine staatlich anerkannte private, inklusive Gesamtschule, die 2012 aus einer Elterninitiative heraus gegründet worden ist. Im nächsten Jahr zieht sie in ihr eigenes neues Gebäude im Sürther Feld ein, das gerade gebaut wird.

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Allerhand zu tun: Vivian Breucker, Leiterin der OSK

Erstmals wird der OSK dann auch eine inklusive Grundschule angegliedert. Vivian Breucker sieht der großen Herausforderung eigentlich gelassen entgegen.

Private inklusive Gesamtschule in Köln-Rodenkirchen

Sie könne noch einigermaßen gut schlafen, erzählt sie mit einem Schmunzeln. Das habe auch damit zu tun, dass es an der OSK kein klassisches hierarchisches Konzept gebe. Sie sei zwar der Kopf, aber die Aufgaben seien auf viele Schultern verteilt. „Ich gebe Verantwortung ab und bin Teil eines Teams“, sagt sie. Das sei eine große Erleichterung; aber das funktioniere nur, weil alle Kolleginnen und Kollegen „unfassbar selbstständig und motiviert“ seien.

Die Offene Schule Köln

Die OSK ist bislang in einem Bürogebäude im Rodenkirchener Gewerbegebiet untergebracht. Im derzeit entstehenden Neubau im Sürther Feld st Platz für 650 Kinder und Jugendliche. Es wird ein Monatsbeitrag von 200 Euro empfohlen, es gilt jedoch das Solidarprinzip. Die Schule wird zu 87 Prozent vom Land finanziert. 

Am Mittwoch, 24. November, findet um 19 Uhr ein digitaler Infoabend statt. Die Anmeldung dazu ist per E-Mail möglich. An dem Abend sind auch Absichtserklärungen für das Schuljahr 2022/23 möglich. 

anmeldung@offene-schule-koeln.de

Sie meint damit die Regelschullehrkräfte, die Sonderpädagoginnen und Sonderpädagogen, die 44 Inklusionsbegleiterinnen und -begleiter, die Verwaltungsleute, den Hausmeister, und sie nennt auch die „Bufdis“, die gerade den Bundesfreiwilligendienst an der OSK ableisten. Vor allem gehörten zum „unglaublich selbstständigen Team“ auch die bislang rund 400 Kinder und Jugendlichen dazu, von denen 25 Prozent einen Förderbedarf haben.

Schulfamilie mit gemeinsamer Vision

Eine Schule mit erweiterter Inklusion ist die OSK. Jeder dürfe so sein wie er ist, jeder werde so angenommen wie er ist – unabhängig von Geschlecht, Herkunft, Religion, eventuellen Behinderungen oder anderen individuellen Merkmalen. So lautet das Credo.

Vivian Breucker spricht von einer Schulfamilie, von einer Gemeinschaft, die voller Energie an einem Strang ziehe, die voneinander und miteinander lerne, die Visionen habe. „Ich halte das herkömmliche Regelschulsystem in der Umsetzung in der Regel für überaus veraltet, was an vielen verschiedenen Faktoren liegt und nicht in der Schuld Einzelner“, meint sie.

Unterricht an der Nordsee

Erziehungs- und Lerngrundsätze müssten in Frage gestellt und verändert werden. Ein Umdenken sei dringend erforderlich. Statt Bruchrechnen zu pauken, sei es wichtiger, Gestaltungs- und Umweltkompetenzen sowie soziale Verantwortung zu lernen.

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Das Richtfest des Neubaus fand im Sommer statt.

Doch in der OSK steht Bruchrechnen selbstverständlich auch auf dem Lehrplan wie in jeder anderen Schule. Vivian Breucker will gern eine Vorreiterrolle spielen. Der Unterricht könne zum Beispiel künftig auch einmal für eine Woche an der Nordsee stattfinden, um dort zu „forschen“, meint sie. Es könne auch sein, dass ein freiwilliger Aufsatz über den Halsbandsittich gleichzeitig für die Fächer Deutsch und Biologie gewertet werde. „Wir achten darauf, dass die Schülerinnen jeweils eigene Projekte haben, mit denen sie sich beschäftigen“, erläutert sie. Natürlich müssten insgesamt Lernziele erreicht werden, die vergleichbar mit anderen Schulen seien. Das sei aber gegeben – im vergangenen Jahr hätte der erste Jahrgang der Schule Abitur gemacht und dabei sehr gut abgeschnitten. 

Gemeinsames Lernen bis zur achten Klasse

Anders als an Regelschulen lernen die fünften bis siebten und die achten bis zehnten Jahrgänge an der OSK gemeinsam und Fächer-übergreifend in Lerngruppen mit jeweils 25 Kindern. Noten gibt es erst ab der Stufe acht. Natürlich hätten einige einen großen Sicherheitsbedarf und bräuchten Regelmäßigkeit und viel Betreuung. Auch das werde entsprechend berücksichtigt. Mitunter sei es schwierig, geeignete Kräfte für Lehre und Betreuung zu finden, im Moment würden vor allem Mathelehrer fehlen.

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Zum Glück sei mit Ilka Seulen aus Bonn eine Schulleiterin für die neue einzügig geplante Grundschule bereits in Aussicht. Schon jetzt gebe es 46 Interessenten, „der Zulauf ist sehr hoch“, sagt Vivian Breucker. Sie selbst hat Pädagogik und Deutsch studiert und zuvor an Gymnasien unterrichtet, davon sechs Jahre lang in Ecuador. Sie habe aktiv nach einer Schule gesucht, an der sie gestalten und ihre Vision von einer nachhaltigen Änderung in der Gesellschaft und beim Klima ein Stück weit umsetzen könne. An der Offenen Schule habe sie diese Möglichkeit gefunden.

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