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Schulbau immer teurer334 Millionen Euro Miete für ein neues Gymnasium in Köln

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Eine landwirtschaftlich genutzte Fläche in Porz-Urbach.

Auf diesem Acker in Porz-Urbach soll ein Gymnasium gebaut werden, außerdem Wohnungen, eine Kita und Einzelhandel.

Hohe Kosten für neue Schulen belasten zunehmend die Kölner Stadtkasse.

Die Schaffung neuer Schulplätze wird für die Stadt Köln zu einer immer größeren finanziellen Belastung. Weil es der Stadt sowohl an Grundstücken mangelt als auch an personellen Kapazitäten in der städtischen Gebäudewirtschaft, um angesichts stark gestiegener Schülerzahlen zeitnah Schulen   in ausreichender Zahl zu bauen, greift man zunehmend auf das so genannte Investorenmodell zurück.

Dabei errichtet ein Investor die Schule auf seinem eigenen Grundstück und vermietet den fertigen Neubau für Jahrzehnte an die Stadt. Das verkürzt in der Regel die Bauzeit, da Privatfirmen im Gegensatz zu öffentlichen Auftraggebern die Bauleistungen nicht ausschreiben müssen. Doch dieses Verfahren hat seinen Preis. Nach Rundschau-Informationen soll allein der Bau eines neuen Gymnasiums in Porz-Urbach die Stadt mindestens 334,3 Millionen Euro kosten – über eine Mietdauer von 30 Jahren. Nicht eingerechnet sind dabei die fest vereinbarten Mietanpassungen. Der Vertrag sieht vor, dass sich die Grundmiete jedes Jahr ab 1. Januar automatisch gemäß dem Verbraucherpreisindex erhöht, jedoch maximal um sechs Prozent pro Jahr.

Investor hatte Teile des Grundstücks von der Stadt gekauft

Heute soll der Stadtrat in nicht-öffentlicher Sitzung grünes Licht für das Projekt geben. Auf einem Acker östlich der Straße Im Falkenhorst soll neben einem neuen Wohnviertel mit 200 Wohnungen auch ein viergeschossiges Schulgebäude mit rund 25.100 Quadratmetern Fläche, Sporthalle und 10.000 Quadratmeter großem Schulhof entstehen. Das neue Gymnasium soll sechs Züge in Sekundarstufe eins und acht Züge in Sekundarstufe zwei haben. Mietbeginn ist frühestens am 1. Mai 2028, bis 31. Dezember 2028 soll das Gebäude komplett übergeben werden.

Laut Gebäudewirtschaft wird die Miete den städtischen Haushalt mit 11,6 Millionen Euro pro Jahr belasten. Darin enthalten sind 1,3 Millionen für Nebenkosten inklusive Reinigung, Hausmeister und Hallenwart. Anfangs wird eine Mietvorauszahlung in Höhe von 4,8 Millionen Euro für die Projektentwicklung und öffentliche Erschließung des Schulgeländes fällig. Hinzu kommen 1,1 Millionen Euro für eine Photovoltaikanlage samt Batteriespeicher, die der Investor baut und an dann die Stadt verkauft. Die Anlage werde sich bei einem Strompreis von 35 Cent nach zehn Jahren amortisieren, so die Gebäudewirtschaft.

Auffällig ist: Ein Teil des 34.700 Quadratmeter großen Grundstücks für den Schulbau gehörte früher der Stadt Köln. Sie hatte es an den Investor verkauft, will sich dort nun eine Schule bauen lassen und diese dann mieten. Einen Verstoß gegen die Gemeindeordnung NRW, wonach die Gemeinde nur Vermögensgegenstände veräußern darf, „die sie zur Erfüllung ihrer Aufgaben in absehbarer Zeit nicht braucht“, sieht die Gebäudewirtschaft darin nicht. Die Begründung dafür lautet, dass die Vermieterin „bereits vor Erwerb der städtischen Grundstücke über das Schlüsselgrundstück verfügt hat, ohne welches der Neubau nicht errichtet, beziehungsweise erschlossen werden kann“.

Erste von Investoren gebaute Schule startet nach den Sommerferien

Die geplante Maßnahme in Porz ist nur eines von zahlreichen Schulbauprojekten, die den städtischen Haushalt in den kommenden Jahren erheblich belasten werden (siehe Infotext unten). Bereits die Anmietung der früheren Unity-Media-Zentrale an der Aachener Straße 744-750 im Jahr 2021 schlägt über 30 Jahre mit einem dreistelligen Millionenbetrag zu Buche. Hier ist seit 2022 das Gymnasium Müngersdorf untergebracht, die geplante separate Turnhalle wurde bisher nicht errichtet.

Auch die geplante Gesamtschule im Wissenschaftsmuseum „Odysseum“ in Kalk soll vom Eigentümer eingerichtet und dann für 25 Jahre an die Stadt vermietet werden. Als erste im Investorenmodell errichtete Schule startet nach den Sommerferien das Gymnasium Brügelmannstraße in Deutz mit 120 Schülern der fünften Klasse. Es wurde vom Unternehmer Ulrich Beckmann auf eigenem Grundstück errichtet und für 28 Jahre an die Stadt vermietet.

Sanierung von drei Schulen soll 760 Millionen Euro kosten

Die Mietmodelle ermöglichen einen schnellen Bau, haben aber den Nachteil, dass sie im Laufe von rund 30 Jahren dreistellige Millionenbeträge verschlingen, ohne dass der Stadt am Ende die Schule gehört. Zum Vergleich: Der Bau des Gymnasiums Zusestraße in Lövenich durch einen Totalunternehmer kostete 69 Millionen Euro.

Doch die Stadt hat trotz der angespannten Haushaltslage wenig Alternativen. Der Schulbau ist eine gesetzliche Pflichtaufgabe, und 2020 wurde laut Schulentwicklungsplanung ein Bedarf von 54 neuen Schulen in Köln ermittelt. Auch Sanierungen verschlingen Unsummen. Allein die Generalinstandsetzung von drei Schulen – Gesamtschule Holweide, Heinrich-Böll-Gesamtschule in Chorweiler und das Gymnasium Kaiserin-Theophanu-Schule in Kalk – soll sage und schreibe 760 Millionen Euro kosten.

Alles gleichzeitig anzupacken, wird nicht möglich sein. In der Vorlage zum Gymnasium in Porz heißt es, die Finanzierung der Maßnahmen aus dem Etat des Schuldezernats sei „ohne Priorisierungsentscheidungen zu Lasten anderer sowie zukünftiger Investitions- und Sanierungsbedarfe der Stadt und ohne zusätzliche mittelfristige Konsolidierungen in zwei- bis dreistelliger Millionenhöhe nach derzeitigem Stand nicht darstellbar. Dies gilt umso mehr, als im Zuge weiterer Schulbau- und Schulsanierungs-Maßnahmen mit weiteren, bisher noch nicht bezifferten Haushaltsmehrbelastungen zu rechnen ist.“


Kosten für Schulbauten explodieren

2,8 Milliarden Euro will die Stadt Köln in den nächsten Jahren für Schulbauprojekte ausgeben. Bis Mai war man noch von Kosten in Höhe von 1,7 Milliarden ausgegangen.

Nun sollen statt 50 Schulbaumaßnahmen an 20 Standorten insgesamt 60 Projekte an 30 Standorten umgesetzt werden. Betroffen davon sind jetzt insgesamt 16.808 Schulplätze. Außerdem haben sich die Baukosten stark erhöht. Daher steigen die Kosten von 126.000 Euro auf rund 166.500 Euro je Schulplatz. Die Stadtverwaltung empfiehlt, die Baumaßnahmen „auf das zwingend notwendige Maß zu begrenzen“. (fu)