Ende gut, alles gut? Nach jahrelangem Rechtsstreit zeichnet sich eine Lösung für eines der letzten Trümmergrundstücke in der Kölner Innenstadt ab.
Stadt einigt sich mit EigentümernIn Kölns bekanntester Baulücke soll ein Hotel entstehen

Auf diesem Areal an der Richard-Wagner-Straße 6 bis 10 in Köln soll bis Ende 2031 ein Hotel gebaut werden.
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Mit mehr als 30 Jahren Verspätung soll Kölns bekannteste Baulücke nun doch noch geschlossen werden. Ein Investor will auf dem Areal an der Richard-Wagner-Straße 6 bis 10 ein Hotel errichten. Das hat die Stadt Köln nach Rundschau-Informationen dem Liegenschaftsausschuss des Stadtrats mitgeteilt. Er soll die Pläne am Montag, 16. Juni, in nicht-öffentlicher Sitzung absegnen.
Um die Baulücke in der Nähe des Rudolfplatzes hatte der ehemalige Eigentümer Eberhard Stöppke jahrelang einen bizarren Streit mit der Stadt Köln geführt. Die Stadt hatte das ehemals städtische Grundstück mit der Hausnummer 6 (Flur 35, Flurstück 348) im Jahr 1996 an einen Investor verkauft, mit der Verpflichtung, dort ein Wohn- und Geschäftshaus zu errichten. Doch das Projekt kam nicht voran. Im Januar 2007 erwarb eine Baufirma aus Much das 418 Quadratmeter große Grundstück, verkaufte es aber fünf Monate später an Eberhard Stöppke, einen pensionierten Polizeibeamten aus Stuttgart. Ihm gehörten bereits die Nachbargrundstücke Nummer 8 und 10, auf denen sich heute eine Ballettschule, ein Tätowierstudio und Parkplätze befinden. Das gesamte Areal war im Zweiten Weltkrieg zerstört worden. Es handelt sich um eines der letzten Trümmergrundstücke in der Kölner Innenstadt.
Kölns bekannteste Baulücke beschäftige jahrelang die Gerichte
Auch Stöppke kam der Verpflichtung, das Areal bis Ende 2009 zu bebauen, nicht nach – obwohl ihm ab Januar 2010 eine Vertragsstrafe in Höhe von 10.000 Euro pro Monat drohte. 2012 wollte Hochtief alle drei Grundstücke von Stöppke kaufen, um sie zusammenhängend zu bebauen – auf einer Gesamtfläche von 1565 Quadratmetern. Doch der Deal kam nicht zu Stande.
Die Stadt wartete zunächst ab. Im Dezember 2016 fordert sie schließlich 710.000 Euro Vertragsstrafe von Stöppke. Weil er nicht zahlte, verklagte sie ihn – und bekam vor Gericht Recht. Derweil führte Stöppke eine öffentliche Kampagne gegen die Stadt. An der Baulücke, die zurzeit als Gemeinschaftsgarten genutzt wird, hing er große Transparente auf, darauf stand zum Beispiel: „Diese Kölner Baulücke ist ein Kriminalfall des Kölner Klüngels.“ Daneben zwei Fotos, die ihn mit Polizeimütze zeigen. Einen Brief, den er an Oberbürgermeisterin Henriette Reker geschrieben hatte, ließ er auf meterhohe Planen drucken und hängte diese ebenfalls dort auf.
Stöppke hielt die Strafzahlungen für unrechtmäßig und versuchte sie zu umgehen, indem er auf dem Grundstück einen Scheinbau aus Holzbalken errichten ließ. Den ließ die Stadt aber wegen Statikproblemen zurückbauen. Am 24. Juni 2022 verstarb Eberhard Stöppke im Alter von 87 Jahren.
Eigentümer zahlten 1,8 Millionen Euro Vertragsstrafe an die Stadt Köln
Seine beiden Erben mussten die Vertragsstrafe weiterhin bezahlen. Die Stadt wollte sich auf Anfrage nicht dazu äußern und verwies auf „Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse“. Doch laut der Information für den Liegenschaftsausschuss hat die Stadt „bis heute Vertragsstrafen in Höhe von insgesamt 1.800.000 Euro realisiert, ohne dass die Schließung der Baulücke erfolgt ist“. Die beiden Erben hätten sich nach Stöppkes Tod an die Stadt gewandt, „um eine einvernehmliche Lösung des jahrzehntelangen städtebaulichen Missstands zu erarbeiten“.

Die Grafik zeigt die Lage der Baulücke an der Richard-Wagner-Straße 6 bis 10 in Köln.
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Inzwischen wurde eine Vereinbarung getroffen, die noch notariell beurkundet werden soll. Demnach besteht „Einigkeit, dass die gesamte Baulücke Richard-Wagner-Straße 6-10 in einer Baumaßnahme geschlossen wird“. Die bestehende Bauverpflichtung wird auf die Grundstücke Richard-Wagner-Straße 8 und 10 erweitert. Im Gegenzug gestattet die Stadt, dass dort statt der geplanten Wohnungen ein Hotel errichtet wird. Es muss bis zum 31. Dezember 2031 bezugsfertig sein, also in sechseinhalb Jahren. Sollte dies nicht der Fall sein, werden die Vertragsstrafen in Höhe von 10.000 Euro pro Monat wieder fällig – aber nur für maximal fünf Jahre. Danach erlischt die Vertragsstrafenregelung ersatzlos.
Hotel mit 7000 Quadratmetern Bruttogeschossfläche geplant
Laut Liegenschaftsamt wollen die Erben das Grundstück an einen Investor zur Errichtung eines Hotels verkaufen. Man befinde sich „in aussichtsreichen Verhandlungen“, der Abschluss stehe unmittelbar bevor. Eine Zustimmung des Liegenschaftsausschusses vor der Sommerpause sei dringlich, denn sonst „besteht die Gefahr, dass die Interessenten abspringen und der Status quo mit der seit Jahrzehnten bestehenden Baulücke weiter fortbesteht“.
Eine Bauvoranfrage wurde bereits bei der Stadt eingereicht. Laut den der Politik präsentierten Plänen sollen 1308 von 1565 Quadratmetern bebaut werden. Das Hotel hätte eine Bruttogeschossfläche von rund 7000 Quadratmetern – verteilt auf das Erdgeschoss, sechs Obergeschosse und ein Dachgeschoss. Vorgesehen ist eine Tiefgarage mit 37 Plätzen, ein kleiner Hof mit Fahrradstellplätzen und eine Terrasse.