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Im PorträtSo tickt Kölns neuer Oberbürgermeister Torsten Burmester

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Torsten Burmester nach seinem Wahlsieg am Sonntagabend

Torsten Burmester nach seinem Wahlsieg am Sonntagabend

„Entscheidend ist die zweite Halbzeit“, hat Torsten Burmester beim ersten Wahlgang vor zwei Wochen gesagt. Er hat recht behalten. Wir stellen den neuen Oberbürgermeister von Köln vor.

Mit seinem Sieg in der Stichwahl um das Oberbürgermeisteramt gegen die Grüne Berivan Aymaz hat der 62-Jährige viele überrascht, auch in der eigenen Partei. „Torsten wer?“, fragte sich mancher Kölner, als Burmester im November 2024 erstmals an die Öffentlichkeit trat und verkündete, er wolle OB werden.

Seit 39 Jahren lebt der gebürtige Niedersachse in Köln, seit 42 Jahren ist er Mitglied der SPD, doch im Politik-Betrieb der Domstadt war er bis vor zehn Monaten ein völlig unbeschriebenes Blatt. Dass man ihn in Köln nicht kenne, wisse er, räumte Burmester damals ein. Aber das werde er ändern, versprach er.

Wahlkampf: Gespräche am Arbeitsplatz

Dafür legt er sich mächtig ins Zeug. 10.000 Gespräche wolle er im Wahlkampf führen und viele Menschen an ihren Arbeitsplätzen aufsuchen, um zu erfahren, wo der Schuh drückt, kündigt Burmester an. „Veedelsschicht“ nennt er seine Besuche in Betrieben und Organisationen. Wo mancher Politiker nur kurz auftaucht, um sich werbewirksam fotografieren zu lassen, nimmt er sich Zeit, spricht mit den Menschen, stellt Fragen und arbeitet zum Teil selbst mit. Er schleppt Koffer am Flughafen Köln/Bonn, steht in der Werkzeugmaschinenfabrik Schütte an der Bohrmaschine und geht nachts mit der Polizei am Drogen-Hotspot Neumarkt auf Streife. Sein Interesse an der Arbeitswelt der Kölnerinnen und Kölner wirkt authentisch, nicht aufgesetzt.

Herkunft und Werdegang

Vielleicht ist das so, weil er selbst ein Arbeiterkind ist. Geboren im Flecken Uchte zwischen Hannover und Osnabrück, wächst er in Remscheid auf, rund 30 Kilometer von Köln entfernt. Sein Vater ist Wäscher und Plätter im Städtischen Krankenhaus, seine Mutter arbeitet als Reinigungskraft im Rathaus. „Es war einfach, aber es war gut“, sagt Burmester über seine Kindheit und Jugend. Nach Abitur und Offiziersausbildung bei der Bundeswehr studiert er ab 1986 Sportwissenschaft an der Kölner Sporthochschule. Bis zu seinem 35. Lebensjahr spielt Burmester als Torwart aktiv Handball, unter anderem beim HSV Bocklemünd in der Regionalliga.

Von der Sportpolitik zur Stadtpolitik

Seine berufliche Karriere entwickelt sich zwischen den Polen Sport und Politik. 1998 ist er Teil des Wahlkampfteams (Kampa) des späteren Bundeskanzlers Gerhard Schröder (SPD), wird 2002 dessen persönlicher Referent. Ab 2005 ist Burmester Vizechef der Sportabteilung im Bundesinnenministerium unter Wolfgang Schäuble (CDU). Von 2012 bis 2020 arbeitet er als Abteilungsleiter im NRW-Wirtschaftsministerium, danach wird er Generalsekretär des Deutschen Behindertensportverbands (DBS).

Herausforderung Oberbürgermeisteramt

Er fühle Demut vor der Herausforderung, für das Oberbürgermeisteramt in Köln zu kandidieren, sagt Burmester bei seiner Vorstellung am 22. November 2024. „Demut, weil ich weiß, was es bedeutet, eine Stadt dieser Größe zu regieren.“ Zu dieser Zeit ist er Vorstandsvorsitzender des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) und verantwortet die operative Leitung des Dachverbands des deutschen Sports mit mehr 28 Millionen Mitgliedern. Für die heiße Phase des Wahlkampfs wolle er sich von seinen beruflichen Verpflichtungen freistellen lassen, sagt er. Noch während die Pressekonferenz läuft, gibt der DOSB bekannt, dass man sich von Burmester trennen werde. „Unabhängig vom Wahlausgang wird es an der Spitze des DOSB-Hauptamtes einen Wechsel geben“, heißt es in einer Mitteilung. Kurz darauf wird er als Vorstandschef abberufen. Mitte Dezember trennt man sich einvernehmlich. Jetzt werde er sich mit voller Kraft auf den Wahlkampf konzentrieren, betont Burmester.

Ein kämpferischer OB-Kandidat

Bei seinen ersten Auftritten spricht er leise und bedächtig, gibt sich betont sachlich und nüchtern. Für einen Wahlkämpfer wirkt er anfangs eindeutig zu ruhig. Doch mit der Zeit wird sein Tonfall kämpferischer – etwa als er beim SPD-Parteitag im Mai mit 99,6 Prozent Zustimmung offiziell zum OB-Kandidaten gekürt wird und den Genossen zuruft: „Schluss mit dem Stillstand in unserer Stadt, Schluss mit einer Politik, die Verwahrlosung der öffentlichen Räume hinnimmt und nichts dagegen unternimmt.“

Gerade beim Thema Drogenelend am Neumarkt reagiert Burmester emotional und fordert schnelle Lösungen: Man dürfe die Menschen nicht weiter vertrösten und Entscheidungen erneut hinauszögern.

Privatleben in Köln

Sein Privatleben musste in den vergangenen Monaten zurückstecken. Burmester ist verheiratet und hat zwei Töchter (16 und 17), die beide in Köln zur Schule gehen. Die Familie lebt in Bayenthal.

Handball und Fußball sind seine Leidenschaft, er ist Anhänger des 1. FC Köln. Außerdem geht er gern ins Kabarett, ist Fan von Hagen Rether, Dieter Nuhr, Lars Reichow „und allen anderen, die man so kennt“. Entspannen könne er bei einem guten Hörspiel. Oder er spaziere zum Pumpwerk Schönhauser Straße und schaue auf den Rhein. Als OB hat er sich einiges vorgenommen. „Ich will diese Stadt nicht nur führen, sondern ich will auch zusammenführen“, sagt Burmester.