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WohnungsbauPolitik will Baukosten in Köln auf eigene Faust senken

4 min
Bauarbeiter errichten einen Rohbau für Eigentumswohnungen in Ehrenfeld.

Bauarbeiter errichten einen Rohbau für Eigentumswohnungen in Ehrenfeld.

Wohnen ist für viele das zentrale Thema dieses Wahlkampfs. Doch in Köln wirkt die aktuelle Debatte wie ein Hemmnis für den Wohnungsbau.

Der Stadtrat hat sich in seiner letzten Sitzung dieser Wahlperiode gegen einen neuen Prozess entschieden und will Baukosten in Eigenregie senken, um den Wohnbau wieder anzukurbeln.

Die Mehrheit möchte keine 664.000 Euro ausgeben, um den Prozess „Bezahlbar Bauen und Wohnen“ von einer externen Beraterfirma durchführen zu lassen. Die Idee dahinter ist aber nicht vom Tisch. Der Ansatz der Verwaltung war, dem Hamburger Modell zu folgen. In der Hansestadt sind die selbstauferlegten Baustandards reduziert worden, um günstiges Bauen und auch Wohnen wieder zu ermöglichen. Die Beraterfirma „PD – Partner der öffentlichen Hand“ setzt diesen Prozess in Hamburg um. Diese Expertise wollte die Verwaltung nach Köln holen. Den Vorschlag dazu hat Baudezernent Markus Greitemann bereits vor über einem Jahr dem Verwaltungsvorstand gemacht.

Verpflichtend niedrigere Kosten

In der Politik stieß das Ansinnen jedoch auf Widerstand. Für die Grünen erklärte die stadtentwicklungspolitische Sprecherin, Christine Seiger: „Ziel ist es, Bauen schneller und günstiger zu machen, ohne dabei die Qualität zu gefährden. Und danach zu streben, dass die Kostensenkungen beim Bauen an die Mieter und Wohnungskäufer weitergegeben werden.“ Diese Ziele seien nicht in dem Beschluss enthalten, so Seiger.

Ein Antrag der Grünen sollte das ändern. Dieser sieht vor, Einsparungspotenzial bei den Baukosten in Eigenregie zu ermitteln. Das sollen Verwaltung, Wohnungswirtschaft und Politik im gemeinsamen Wohnungsbauforum umsetzen. Die Ergebnisse sollen noch in diesem Jahr vorliegen. Zudem soll sich die Wohnungswirtschaft selbst verpflichten, die niedrigeren Kosten auch an Mieter und Käufer weitergeben.

CDU im Rat: Grünen-Vorschlag „total daneben“

CDU-Fraktionsgeschäftsführer Niklas Kienitz sagte dazu: „Ihr Änderungsantrag ist total daneben und fehlgeleitet. Wir haben als Kommune auch an den Baukosten geschraubt. Weil wir Standards verlangen, die über das hinaus gehen, was eigentlich nötig ist.“

Der Vorschlag der Grünen wurde gegen die Stimmen von CDU, Linke, FDP, AfD und die Partei beschlossen. Für die SPD erklärte der wohnungspolitische Sprecher Pascal Pütz: „Wir wollen auch die Kosten senken. Es geht an dieser Stelle einzig und allein um die Finanzierung und dass wir keine externe Expertise einkaufen wollen. Wir haben diverse Initiativen wie die Köln AG, die Wohnungsbauinitiative Köln (WIK) und damit viel Expertise vor Ort.“

Für die stellvertretende Vorsitzende der FDP-Fraktion, Stefanie Ruffen, zählte das nicht als Argument. Sie sagt: „Wir hatten die Chance, auf das Wohnungsbauforum zu hören. Wir haben es nicht getan. Das Einzige, was wir in den letzten Jahren beschlossen haben, waren Restriktionen, Einschränkungen und Auflagen.“

Wohnungsbauforum kurbelt Wohnbau nicht an

Die Zahlen belegen, dass das Wohnungsbauforum in den vergangenen Jahren wirklich kein Motor war. In Köln sind seit 2016 nur zweimal mehr als 3000 Wohnungen in einem Jahr gebaut worden, Ziel waren eigentlich 6000 pro Jahr. 2024 waren es sogar nur 1819. Parallel dazu stieg die Zahl der genehmigten, aber nicht gebauten Wohnungen im sogenannten Überhang auf mehr als 10.000. Die hohen Baukosten spielen dabei nicht die einzige, aber eine bedeutende Rolle, auch für Genossenschaften.

Die Forderung, die selbstauferlegten Standards zu senken, wird im Wohnungsbauforum schon seit Jahren zwischen Stadt, Politik sowie Unternehmern und Genossenschaften diskutiert. Der Ratsbeschluss deutet jedoch daraufhin, dass es weiterhin bei Diskussionen und damit auch bei den derzeitig niedrigen Zahlen der gebauten Wohnungen bleiben wird.

Wirtschaftsdezernent Andree Haack, der derzeit auch das Baudezernat führt, erklärt: „Wir werden selbstverständlich Themen aus dem Hamburg-Standard aufgreifen, die einfach zu übernehmen sind. Wir werden erneut im Wohnungsbauforum über erhebliche Kostentreiber, wie die Standards zum Bau von Tiefgaragen, die Anlage von Straßen und Rettungswegen oder auch die Auslegung im Bereich diverser DIN-Normen am Bau diskutieren.“

Wohnungsbauinitiative fürchtet „verhärtete Fronten“

Für Stefan Rappen aus dem Vorstand der WIK bedeutet der Ratsbeschluss, die Politik nehme an, dass es möglich sei, das ambitionierte Ziel der Baukostensenkung in Köln anders als in Hamburg auch ohne ein Veranstaltungs- und Stakeholdermanagement der externen Berater erreichen zu können. „Diese Annahme verkennt die Komplexität des Prozesses und enthält indirekt den Vorwurf der Ratsmehrheit, die Verwaltung würde finanzielle Mittel zur Umsetzung des Prozesses unnötig zum Fenster rauswerfen wollen.“

Die Bau- und Immobilienwirtschaft habe den angedachten Prozess zum „Köln-Standard“ unter Einbindung neutraler, branchenerfahrener Berater als Chance begriffen. Nur mit einem konsensorientierten Dialog von Verwaltung, Wohnungswirtschaft und Politik könnten Ergebnisse erzielt werden, die Wirkung zeigen. Rappen: „Der Verzicht auf die professionelle Regie externer Moderatoren birgt die Gefahr, dass sich die Fronten in Köln weiter verhärten.“