Die vier großen Verbände der Wohnungswirtschaft gehen zum ersten Mal gemeinsam an die Öffentlichkeit, um ihren Forderungen Nachdruck zu verleihen.
PositionspapierSenkung der kommunalen Standards im Kölner Wohnungsbau gefordert

Es bleibt die große Frage in Köln: Wohin steuert der Wohnungsbau?
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„Wir sind frustriert über das, was in den letzten Jahren nicht passiert ist.“ Der Vorstandsvorsitzende des Kölner Haus- und Grundbesitzervereins, Anton Bausinger, setzte die Überschrift über einen bemerkenswerten Vorgang in der Kölner Immobilienbranche. Die vier großen Akteure der heimischen Wohnungswirtschaft, die Wohnungsbau Initiative Köln (WIK), die Köln AG, der Bundesverband Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen (BFW) sowie Haus und Grund gehen erstmals gemeinsam an die Öffentlichkeit, um den neuen Rat und den neuen Oberbürgermeister Torsten Burmester zu mehr Wohnungsbau in Köln zu drängen.
Zusammen repräsentieren sie den überwiegenden Teil der Bauwirtschaft in Köln, von Projektentwicklern und Ausführenden über Bestandshalter bis hin zu Genossenschaften und der in städtische Mehrheit gehaltenen GAG. „Wir sind nicht guter Dinge, aber frohen Mutes, dass wir den Wohnungsneubau besser vorantreiben können, als das in der Vergangenheit gelungen ist“, erklärt Elisabeth Gendziorra vom BFW. Dazu haben die vier Verbände ein Zehn-Punkte-Papier formuliert, das von allen gemeinsam getragen wird.
Positionspapier mit zehn Thesen
Die aus Sicht der Beteiligten wesentlichen Punkte werden ganz am Anfang postuliert: Bauen muss als überragendes öffentliches Interesse anerkannt und die Baustandards möglichst schnell gesenkt werden. Ersteres könnte durch eine Ansiedelung der Bauleitstelle an das OB-Büro erfolgen, wie es auch der unterlegene OB-Kandidat Markus Greitemann vorhatte. Zweiteres geschähe in Anlehnung an den sogenannten Hamburger Standard, den man zu einem Kölner Standard umformulieren will.
Was, so WIK-Vorstand Holger Coers, kein Problem wäre: Zwar hat Hamburg als Stadtstaat ein anderes Baurecht als Köln, „aber mindestens 80 Prozent aller Komponenten könnte man übernehmen“ – am besten binnen Jahresfrist. Der Hamburger Standard besagt in Kurzform eine Standard-Senkung etwa beim Bau von Tiefgaragen, beim Schallschutz oder des energetischen Haushalts. Zudem eine beschleunigte Planung und eine frühzeitige Zusammenarbeit der Ämter. Ein Vorstoß des Baudezernats, die mögliche Umsetzung des Hamburger Modells auf Köln durch einen externen Dienstleister prüfen zu lassen, scheiterte erst kürzlich im Rat.
Wir laufen unserem eigenem Satzungszweck zuwider.
„Wenn wir zu viele Standards haben, laufen wir letzten Endes unserem eigenen Satzungszweck zuwider“, sagt der Vorsitzende der Köln AG, Rouven Meister. Zwar ist die Köln AG eher im Bestand tätig, baut aber ebenfalls und hat vor allem bei der Sanierung viele Vorgaben zu beachten. „Noch liegen wir bei 7,66 Euro Miete für den Quadratmeter im Schnitt aller Mitglieder“, so Meister. Wenn aber Bauen und Sanieren immer teurer werde, ließe sich diese Zahl nicht mehr auch nur annähernd halten. Zur „Arbeitsgemeinschaft Kölner Wohnungsunternehmen“ (Köln AG) zählen 57 Wohnungsunternehmen sowie 13 Unternehmen aus dem Umfeld.
Zudem weisen alle vier Verbände auf die Notwendigkeit zur Flächenausweisung hin. „Durch Nachverdichtung ist mehr Wohnungsbau nicht zu erreichen“, sagt Coers. Der Regionalplan – er gibt die theoretisch mögliche städtische Neubebauung vor – ließe das Errichten neuer Quartiere in der Fläche zu, und dies sei auch unabdingbar zum Erreichen wenigstens eines Teils der einstmals formulierten Ziele. Von den ursprünglich einmal ausgegebenen 6000 Wohnungen pro Jahr war die Stadt schon vor drei Jahren im Rundschau-Interview abgerückt.
Kommune ist wichtigster Ansprechpartner
„Es ist ganz einfach“, sagt Elisabeth Gendziorra. „Die Kommune ist unser wichtigster Ansprechpartner. Wenn hier der politische Wille nicht da ist, wird auch nicht gebaut.“ Landesförderung und Bundes-„Bauturbo“ hin oder her. Bleibe man bei der bisherigen Flächenvergabe, „wird es extrem ungemütlich“.
Im Einzelnen beinhaltet der Zehn-Punkte-Plan folgende Bereiche: Bauen muss als überragendes öffentliches Interesse anerkannt werden, die Baukosten müssen über eine Reduzierung der vorgeschriebenen Standards ähnlich dem Hamburger Modell reduziert werden. Der von der Bundesregierung aufgesetzte „Bauturbo“ sei umzusetzen, wofür die Verwaltung umgehend die Voraussetzungen zu schaffen habe. Dem Klimaschutz will man nicht mehr allein über die Effizienz der Wohneinheiten Rechnung tragen, sondern über eine nachweisbare CO2- Reduktion. Mehr Bauland soll ausgewiesen und das Baurecht beschleunigt werden.
Die Quote von 30 Prozent gefördertem Wohnungsbau beim kooperativen Baulandmodell bleibt bestehen, so lange das Land weiter zu seinen Förderbestimmungen steht. Ansprüche der Stadt, bei Grundstücksvergaben preisgedämpften Wohnungsbau zu verwirklichen, seien ohne Förderung nicht umsetzbar, auch müsse das Erbbaurecht umgestaltet werden. Was Grünflächen und Spielplätze angehe, sei von den tatsächlichen Bedarfen auszugehen und nicht von starren Vorgaben. Und schließlich dürften Eigentümer von Bestandsimmobilien nicht über Gebühr belastet werden.