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Konzert in Lanxess Arena KölnMumford & Sons beeindruckt mit einzigartigem Mix aus Folk und Rock

4 min
Mumford & Sons in der Lanxess-Arena

Mumford & Sons in der Lanxess-Arena

Mumford & Sons lieferten ein mitreißendes Konzert in Köln mit Songs aus verschiedenen Alben und beeindruckendem Lichteffekten.

Es wäre, zur Abwechslung, mal schön, etwas richtig schlecht finden zu können. Mit Schmackes draufzuhauen. Es in der Luft zu zerfetzen. In Grund und Boden zu schreiben. Immer nur loben ist langweilig. Leider bieten Mumford & Sons am Mittwoch keinerlei Anlass, derlei destruktive Wunschvorstellungen in die Tat umzusetzen. Ihr zweistündiges Konzert in der ausverkauften Lanxess Arena ist großartig, furios, fantastisch. Es gleicht einer Endorphin-Explosion.

Der Spruch „Die Mischung macht’s“ trifft auf die Briten, die klingen, als kämen sie von ganz woanders, unbedingt zu. Ihre musikalischen Wurzeln reichen weit über den großen Teich, bis tief hinein nach Tennessee, man hört das blaue Gras wachsen und wähnt sich knietief durch Maisfelder am Mississippi watend. Beim ersten Album „Sigh No More“ (2009) war das noch die Hauptintention, später klang das zunehmend rockiger. Den Fans war’s dann doch irgendwann zu viel des Elektroklanggewitters. Mit „Rushmere“ (2025) besinnen sich Mumford & Sons jetzt wieder auf ihre Ursprünge.

Rock trifft Folk

Liefern aber beispielsweise mit „Truth“ den Beweis ab, dass man das eine tun kann, ohne das andere zu lassen. Im folkigen Rahmen den Rocktiger loslassen, der sich erst langsam anschleicht, um dann zum gewaltigen Sprung anzusetzen. In den Textzeilen „There’s a fire in the almost places, leaves us nowhere else to go“ erreicht die Stimme von Mumford eine suggestive Kraft. Der Mann mit der Gitarre und der Fußtrommel (der auch kurz am Schlagzeug reüssiert) versteht es ansonsten, die Melodiebögen so weit zu spannen, als würfe er ein Lasso nach den Sternen. Und noch viel mehr.

Er hat genau das Quäntchen Barden-Heroismus in der Kehle, das es braucht, um zu ergreifen, ohne in Kitsch abzudriften. Bei Bedarf packt der 38-Jähige auch die Raspel aus, um allzu Glattes anzurauen, er kann Verse lustvoll zerdehnen oder ihnen einen metallischen Klang verleihen. Metallisch im Sinne von Metall, nicht von Heavy Metal. Genauso gerne lässt man sich den dichten, beschwörenden Chorgesang gefallen, dessen Wiederkehr auf „Rushmere“ ein weiterer Grund zur Freude für Fans der ersten Stunde ist.

Jungs aus Londons Südwesten

Wenn um 21.07 Uhr Mr. Mumford und „seine Söhne“, Keyboarder Ben Lovett (39) und Kontrabassist Ted Dwane (41), ihren Einstand mit „Run Together“ geben, bricht gewaltiger Jubel los. Obwohl das mitnichten ein Hit ist, sondern „nur“ einer der Appetitmacher aufs nächste Album „Prizefighter“, das am 13. Februar 2026 herauskommen soll. Aber die aus Spielfreude geborenen Funken, die die drei (ehemals vier) Mumforder aus dem Londoner Südwesten und ihre Live-Band versprühen, springen sofort über. Die Ränge stehen.

Wunderschön: die Lichtkonstruktion, die sich bei „Rubber Band Man“ vor der Bühne herabsenkt. Von der Form her erinnert sie an eine Weihnachtspyramide, die Kopf steht. Auf sich nach unten verjüngenden Rondellen sind Sterne, Herzen, fliegende Tauben, Blüten und Zweige angeordnet, die abwechselnd oder alle zusammen rot, golden und messingfarben aufleuchten.

Pathetisches und Poetisches

Noch opulenter wird es beim Debüt-Album-Klassiker „Little Lion Man“. In Dreifachbögen gespannte LED-Lampenketten bilden unter der Hallendecke einen Baldachin. Dazu singt das Publikum lustvoll mit. Nicht nur den Refrain. Alles. Aber den Refrain besonders lustvoll. Schande über alle, die denken, weil darin das F-Wort vorkommt. Und dafür, um das zu tun, wovon im Song die Rede ist, sei man ja schließlich nicht hergekommen, wie Marcus Mumford im Vorfeld klarstellt: „We didn’t come to f*** around!“

Es gibt poetische Minuten: „Believe“ zur sich drehenden Spiegelkugel, deren Lichtpunkte ihr optisches Echo im Handy-Taschenlampen-Meer finden. Intime Momente: das Trio auf der Mittelbühne im Innenraum mit „Where It Belongs“, „Ghosts That We Knew“ und „Feel The Tide“. Überraschendes: Bei „Ditmas“ taucht Mumford von der Bühne ab – und oben auf einem der Ränge direkt unter den Logen wieder auf. Pyrotechnisches: Feuerfunkenwasserfall und rotglühende Lichttropfen bei „The Wolf“. Zwei weitere neue Stücke: „Here“ und die grandiose „Conversation With My Son (Gangsters & Angels)“. Drei Männer an einem Mikro: das sich Lovett, Mumford und Dwane für die erste Zugabe „Timshel“ teilen. Und, last, but not least, den einen Überhit: „I Will Wait“. Kurz vor Schluss, um 22.56 Uhr.

Immer nur loben ist langweilig? Stimmt. Aber nicht, wenn, wie in diesem Fall,   Lob absolut angebracht ist. Wie Mumford & Sons am Mittwoch in der Lanxess Arena waren? Großartig, furios, fantastisch. Und endorphin-satt.