NRW-Staatspreis „Manufactum“Museum für Angewandte Kunst zeigt Spitzenstücke

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Dirk Krülls vierteilige Fotoserie "Plastic Army" gewann in der Sparte "Medien".

Köln – Für dieses zwölf Meter lange „HautHemd“ ist selbst die hohe Halle des Museums für Angewandte Kunst Köln zu niedrig. Claudia Merx hat ihr hauchzart von der Decke schwebendes Werk ursprünglich für die Propsteikirche in Kornelimünster aus Hunderten von Mullbinden genäht.

Die Aachenerin will dieses filigrane Kleid als Gleichnis auf Häutungen, Endlichkeit sowie Verwundbarkeit verstanden wissen und hat damit die Jury von „Manufactum“, dem NRW-Staatspreis für das Kunsthandwerk, überzeugt.

So bekam sie als Siegerin der Sparte „Skulptur“ eine von sechs mit je 10.000 Euro dotierten Auszeichnungen. Dauerte hier allein die Fertigung fünf Monate, so brauchte auch der Kölner Hans Paul Pümpel (Jahrgang 1992) etliche Studien, Pappmodelle und verworfene Prototypen, bis sein ebenso schlichter wie dynamischer Stuhl aus Eschenholz den Sieg in der Möbelkategorie errang. Wobei die Jury befand, dass das Stück ebenso augen- wie rückenschmeichelnd sei.

Eine strudelnde Dynamik verströmen die Ballonvasen, die Maria Wieding-Kalz den Staatspreis fürs „Wohnen“ einbrachten. Die 2990 reliefartig hervorstechenden Dreiecke hat die Keramikerin aus der lederharten Oberfläche geschnitzt und nachher weiß gefärbt – Präzisionsarbeit, die keinen Fehler duldet.

Als beste Schmuckdesignerin setzt sich die Dortmunderin Andrea Schmidt mit dem zweiten Leben der Trauringe nach Tod oder Trennung auseinander. Ihre „Trilogie einer Verwandlung“ zeigt, wie der Ring als Medaillon, Rand eines Gefäßes oder einer Brosche wiedergeboren wird. Wobei das Medaillon im Inneren eine Leerstelle hat, eine ausgesägte Figur, die nach dem Foto von Schmidts Vater entstand.

Die beste Augentäuschung glückt zweifellos Dirk Krüll. Aus der Ferne bestaunt man auf seinen vier Fotografien schöne Bojen, ins Meer watschelnde Pinguine oder blühende Bach- und Strandlandschaften. Tritt man näher, entpuppen sich die Attraktionen als Teil der „Plastik Army“, als massenhafter Müll. Dieser hintersinnige Nachhaltigkeitsappell brachte dem Düsseldorfer den Sieg in der Disziplin „Medien“.

Der siegreichen Kollegin bei „Kleidung & Textil“ dürfte dieser umweltbewusste Blick gefallen. Denn Veronika Moos aus Bensberg nimmt mit ihrer 21 Meter langen, sanft über ein Holzgestänge geschwungenen Arbeit „Von der blauen Blume“ die Leinengewinnung und Verarbeitung unter die Lupe.

Ernten aus acht europäischen Gärten sind hier miteinander verknüpft. „Die unterschiedliche Länge der Stoffe verdankt sich den unterschiedlichen Erträgen“, erklärt die Künstlerin. Und betont, dass sich diese Naturfasern rückstandsfrei verarbeiten lassen. Das Schöne an der Kölner Schau: Sie zeigt all jene 128 Exponate, die von der Jury aus 381 Bewerbungen für die Endrunde nominiert wurden.

Da bestaunt man eine Granitskulptur, aus der die „aufkeimende Saat“ bläulich schimmert oder ein Lichtobjekt, das einer Meeresschnecke nachgebildet ist.

Oft verschwimmen die Grenzen zwischen Kunsthandwerk und Konzeptkunst, wobei Schmuckstücke aus dem 3D-Drucker schon ein Extrem markieren.

Ein Lichtkleid aus Seide und Japangold, ein „Shawl“ aus Ziegelsteinen, der doppelköpfige „Domhammer“ oder das anmutige „Schaukeltier“ fürs Kinderzimmer – diese Ausstellung ist eine Wunderkammer.

Bis 13. Oktober, Di-So 10-18 Uhr, jeden 1. Do bis 22 Uhr. An der Rechtschule. www.makk.de

Die Verleihung

Am Samstag wurden die sechs Preisträger/innen von NRW-Kulturministerin Isabel Pfeiffer-Poensgen persönlich ausgezeichnet. In ihrer Rede betonte sie, dass dieser Wettbewerb das Unikat ins Zentrum rücke. „Etwas mit dem eigenen Kopf und den eigenen Händen zu gestalten, zeigt in unserer hochabstrahierten und spezialisierten Welt eine große Kompetenz“, die dieser Preis belohne. (EB)

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