Galeristin Andrée Sfeir-Semler erhielt den Art Cologne-Preis, Künstlerin Evelyn Taocheng Wang den Wolfgang-Hahn-Preis. Beide verbindet die Brückenfunktion zwischen Kulturen und Generationen.
PreisverleihungKöln ehrt zwei bemerkenswerte Frauen der Kunstwelt

Evelyn Taocheng Wang erhielt den Wolfgang-Hahn-Preis.
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Zwei Frauen der Kunst standen am Freitag im Zentrum der Aufmerksamkeit: Zuerst erhielt die Hamburger Galeristin Andrée Sfeir-Semler von Oberbürgermeister Torsten Burmester in der Piazzetta des Historischen Rathauses den Art Cologne-Preis. Abends zeichnete die Gesellschaft für Moderne Kunst am Museum Ludwig Evelyn Taocheng Wang mit dem Wolfgang-Hahn-Preis aus.
Auf der Biennale in Venedig
Zwei Generationen sind damit vertreten, die der interkulturelle Dialog verbindet. Sfeir-Semler, 1953 in Beirut geboren, fördert diesen als couragierte Fürstreiterin Bildendender Künstler. Vor 20 Jahren gründete sie eine zweite Galerie in ihrer Heimatstadt und macht Künstler aus dem Nahen Osten international bekannt. Auf der Biennale in Venedig werden im kommenden Jahr drei Künstlerinnen ihrer Galerie einen Pavillon bespielen.
Taocheng Wang, 1981 im chinesischen Chengdu geboren, arbeitet und lebt in Rotterdam und erhielt im vergangenen Jahr auf der Biennale internationale Aufmerksamkeit. Beiden Geehrten wurde nichts geschenkt, sie fallen durch eine ganz eigene Herangehensweisen auf.
Mirjam Varadinis, Kuratorin des Kunsthauses Zürich, betonte in ihrer Laudatio für Sfeir-Semler, dass sie sich engagiere, nicht einfach nur dekoriere. Schon als 13-Jährige habe sie an ihrer Schule in Beirut eine Gruppe eingerichtet, die sich für Menschenrechte engagierte. Sfeir-Semler habe ein untrügliches Gespür für Qualität, betonte Varadinis.
Kunst aus der arabischen Welt
Mit Katharina Grosse schaffte sie den Durchbruch, hat ihren Schwerpunkt im Lauf der Jahre auf zeitgenössischer Kunst aus der arabischen Welt verlagert. Darunter Namen wie Etel Adnan oder Wael Shawky. Anlässlich des 40-jährigen Bestehens ihrer Galerie, die erst in Kiel ansässig war und dann nach Hamburg zog, gab sie jetzt das Buch „The Rise of Arab Art“ bei Hatje Cantz heraus. In Zusammenarbeit mit international renommierten Autoren legt Andrée Sfeir-Semler mit dieser Publikation die erste umfassende Gesamtschau auf die Entwicklung der Kunstszene des Nahen Ostens seit den 1990er-Jahren vor.
Burmester bezeichnete Sfeir-Semler als Brückenbauerin, sie sei Vorbild. Eine kleine Spitze musste sich der neue OB beim ersten öffentlichen Auftritt aber von Kristian Jarmuschek gefallen lassen: „Sie stehen für den Breiten- und Spitzensport. Etwas Vergleichbares gibt es auch in der Kunst. Bitte unterstützen Sie uns“, sagte der Vorsitzender des Bundesverbands Deutscher Galerien und Kunsthändler.
„Schön, dass der Art Cologne-Preis schon an so viele Frauen ging. Ich bin nun die erste Preisträgerin, die nicht in Europa geboren wurde. Danke Deutschland, dass ich Deutsche sein darf“, sagt Sfeir-Semler sichtlich bewegt.
Elefant geht in die Knie
Mit einer Wolfgang-Hahn-Preis-Edition bedankte sich Evelyn Taocheng Wang bei der Gesellschaft für Moderne Kunst am Museum Ludwig. Das Motiv: Die Maus tritt im Abendkleid auf, der Elefant geht in die Knie. Das Augenmerk bei ihren minimalistischen Zeichnungen sollte auch auf den Bildhintergrund gerichtet werden, mit dem die Künstlerin ihr großes Vorbild, die US-amerikanische Malerin Agnes Martin (1912 bis 2004), imitiert.
„Nicht kopiert“, wie sie betont. Denn das Kopieren habe in der Kunstgeschichte seine eigene Tradition. Das Imitieren gebe den Spielraum, den Gedanken weiterzuführen. „Es ist performativer. Wir sind Menschen, machen Fehler.“
Zwölf Werke hat sie um eine Rauminstallation von cineastisch anmutenden kreisrunden Toren gruppiert. Auf den Bildern, deren Hintergrund jeweils Martins rasterartige „Grids“ zitiert, hat sie Stücke traditionell Deutscher Kuchen wie der Schwarzwälder Kirschtorte, der Zitronen-Rolle oder der Herren-Schnitte gelegt.
Kuchenkreationen
Für letzteren konnte sich besonders Yilmaz Dziwior erwärmen. Den Direktor des Museum Ludwig amüsiert es, dass die Konditoren mit ihrer Erfindung offenbar ihre Kuchenkreation geschlechtlich zuordneten. Wang wiederum erforscht in ihren Arbeiten kulturelle Identitäten und soziale Beziehungen. Sie beobachtet Einwanderung und Zugehörigkeit, Selbstdefinition des Einzelnen und Geschlechter- und Klassendarstellung in Mode und Stil.
„Friendship“ heißt ihre Installation im Ludwig, die aber nicht an die dort parallel zu sehende Ausstellung „5 Freunde“ anknüpft, sondern in Anlehnung an ein gleichnamiges Bild von Agnes Martin zu verstehen ist, das groß und golden im MoMa in New York hängt.
Bis 18. Januar, Di bis Sa 10:30 –17 Uhr, So 11 –18 Uhr, Bischofsgartenstr. 1

