Kritik am Niederflurmodell der KVB„Geplante Kölner Bahnen sind nicht barrierefrei“

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Für viele Menschen im Rollstuhl nicht eigenständig nutzbar, lautet die Kritik am neuen Niederflurmodell. Die rot-weiß lackierte Straßenbahn wurde in der Halle des Bahnhofs Thielenbruch neben dem deutlich kleineren hellgelben Modell aus den Anfangsjahren der KVB gezeigt.

Für viele Menschen im Rollstuhl nicht eigenständig nutzbar, lautet die Kritik am neuen Niederflurmodell, das im Bahnhof Thielenbruch präsentiert wurde.

Ohne Hilfe sind die geplanten Niederflurmodelle der KVB für Rollstuhlfahrer nicht nutzbar, kritisieren Behindertenvertreter. „Wir müssen dringend ändern, was noch möglich ist. So dürfen die Bahnen nicht auf die Schiene.“

Nicht barrierefrei und wesentlich schwerer ohne Hilfe zu nutzen als die alten Bahnen ist die geplante neue Niederflurbahn der Kölner Verkehrsbetriebe. Zu dieser Einschätzung kam der „Arbeitskreis Barrierefreies Köln“ bei einem Ortstermin im Thielenbrucher Bahnhof. Dort hatten die Behindertenvertreter ein Modell des vorderen Teilbereichs der geplanten neuen Bahnen in Originalgröße getestet. 62 solcher Niederflur-Langzüge der Unternehmen Alstom und Kiepe sollen die alten Bahnen ab 2025 nach und nach ersetzen.

Über die fünf Zentimeter hohe Schwelle an der Wagentür kommt man nur mit sehr großem Schwung.
GHorst ladenberger vom Arbeitskreis Barrierefreies Köln

„Über die fünf Zentimeter hohe Schwelle an der Wagentür kommt man nur mit sehr großem Schwung“, kritisiert Horst Ladenberger vom AK Barrierefreies Köln. Kraft koste es auch, direkt hinter der Schwelle eine Schräge von gut sechs Prozent Anstieg zu überwinden. Gefährlich sei die Neigung überdies beim Ausstieg. Bei einem Rollstuhl mit kleinen, wendigen Vorderrädern versuche man, diese bei Überfahren von Hindernissen zu entlasten, um Unfälle zu verhindern. „Das ist nicht möglich, wenn man Richtung Ausstieg nach unten fahren muss“, sagt der 63-Jährige. Man habe die Behindertenvertreter bereits frühzeitig einbezogen und nehme ihre Einwände sehr ernst, so ein Sprecher der KVB. „Das ist für uns ein wesentliches Element bei der Entwicklung neuer Fahrzeuge.“ Bei einem Termin im Juli 2021 habe man auch drei Mitglieder des AK Barrierefreies Köln vor Ort gehabt. Sämtliche Anregungen seien in die Konstruktion eingeflossen.

Die Entwicklung des 450-Millionen-Projektes weit fortgeschritten.
Martin Süß, KVB-Bereichsleiter

Mittlerweile sei die Entwicklung des 450-Millionen-Projektes weit fortgeschritten und der Auftrag vergeben, teilte KVB-Bereichsleiter Martin Süß mit. Auch halte das Fahrzeug alle DIN-Normen, technische Regeln und Vorschriften ein, so ein Sprecher der KVB. Bei dem Termin im Juli mit anderen Testpersonen sei ganz deutlich geworden, dass das geplante Niederflurmodell nicht „ohne besondere Erschwernis und ohne fremde Hilfe“ genutzt werden könne, sagte Ladenberger. „So können die Bahnen auf keinen Fall bleiben.“ Er hofft, dass trotz des fortgeschrittenen Planungsstadiums noch Änderungen umgesetzt werden.

Mehr als sechs Prozent Steigung sollen nicht sein

Schließlich müsse eine eigenständige Nutzung laut Behindertengleichstellungsgesetz NRW in „gestalteten Lebensbereichen“ wie dem Personennahverkehr möglich sein. Zudem seien in Gebäuden Steigungen von mehr als sechs Prozent per Landesbauordnung verboten. Das sei für Fahrzeuge nicht gesetzlich verankert, aber eine sechsprozentige Steigung sei dort ebenso schwer zu bewältigen. Die KVB bieten jetzt ein Gespräch unter Beteiligung eines externen Gutachters an. Das will Ladenberger nutzen und die Agentur Barrierefrei NRW hinzuziehen. Man habe in der Vergangenheit gut mit den KVB zusammengearbeitet.

Aber im Bezug auf Barrierefreiheit könne sich die KVB nicht allein auf einen Ortstermin mit Betroffenen verlassen sondern müsse aus eigener Verantwortung eine barrierefreie Bahn in Auftrag geben, sagte der AK-Sprecher. Auch wenn die Planungen schon weit fortgeschritten seien, müsse man jetzt „ändern, was noch zu ändern ist. Und unbedingt verhindern, dass ein Fahrzeug auf die Schiene kommt, das viele mobilitätsbeeinträchtigte Kölnerinnen und Kölnern über Jahrzehnte hinweg nicht eigenständig nutzen können. “

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