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Moskau droht nach US-Angriff auf Iran„Eine Reihe von Ländern ist bereit, Iran ihre Atomsprengköpfe zu liefern“

Lesezeit 4 Minuten
RUSSIA-POLITICS-HISTORY
Russian President Vladimir Putin and Deputy Head of Russia's Security Counsil Dmitry Medvedev (2nd L) attend a wreath-laying ceremony at the Tomb of the Unknown Soldier by the Kremlin wall to mark the Defender of the Fatherland Day in Moscow on February 23, 2020. The Defender of the Fatherland Day, celebrated in Russia on February 23, honours the nation's army and is a nationwide holiday.
YURI KOCHETKOV / POOL / AFP

Kremlchef Wladimir Putin und der Vizechef des russischen Sicherheitsrates Dmitri Medwedew (links hinten) bei einer öffentlichen Veranstaltung (Archivbild).

Nach dem US-amerikanischen Angriff auf iranische Atomanlagen warnt Russland vor dem Dritten Weltkrieg – und droht mit Atomlieferungen.

Russland hat mit scharfen Worten und Warnungen auf die amerikanischen Militärschläge gegen iranische Atomeinrichtungen in der Nacht auf Sonntag (22. Juni) reagiert. Teheran gehört zu den engsten Verbündeten des Kremls und hat Russland im illegalen Angriffskrieg gegen die Ukraine massiv unterstützt.

Die „verantwortungslose Entscheidung“ der USA den Iran zu bombardieren, verstoße gegen das Völkerrecht und die Charta der Vereinten Nationen, teilte das russische Außenministerium in Moskau mit. Der UN-Sicherheitsrat müsse darauf reagieren. Der Angriff habe auch der Nichtverbreitung von Atomwaffen einen Schaden zugefügt. Moskau erwarte daher eine klare Reaktion der internationalen Atomenergieorganisation IAEA.

Lawrow: Warnung vor Beginn des Dritten Weltkriegs

Während Außenminister Sergej Lawrow die amerikanische Einmischung in die bereits zuvor begonnene Militäroperation Israels nicht direkt kommentierte, warnte der russische Top-Diplomat am Sonntag nach Angaben der Zeitung „Lenta“ vor der Entstehung eines Dritten Weltkriegs.

Israel habe mit seinem Angriff auf den Iran, der „ohne die Berücksichtigung der UN-Charta“ erfolgt sei, lediglich „Chaos“ produziert, kritisierte Lawrow, der dabei nicht erwähnte, dass Russland mit seinem Krieg gegen die Ukraine ebenfalls gegen Völkerrecht und UN-Charta massiv verstoßen hat – und das weiterhin tut. Lawrow erinnerte laut russischen Medienberichten außerdem an vorherige Aussagen von Kremlchef Wladimir Putin: „Wie der Präsident sagt, könnte der Dritten Weltkrieg sehr nahe bevorstehen“, wurde der Außenminister dort zitiert.

ARCHIV - 03.04.2025, Russland, Moskau: Der russische Außenminister Sergej Lawrow nimmt nach seinem Treffen mit den Außenministern der Konföderation der Sahel-Staaten an einer gemeinsamen Pressekonferenz teil. (zu dpa: «Moskau: Bereit zu Ukraine-Gespräch am Montag in Istanbul») Foto: Pavel Bednyakov/Pool AP/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

Sergej Lawrow ist der russische Außenminister. (Archivbild)

„Die Folgen der Eskalation drohen über die Region hinauszugehen. Washington ist sich der Unvermeidlichkeit der Reaktion Teherans bewusst. All dies bringt die Spirale der Konfrontation auf eine neue Ebene und erhöht das Risiko eines Dritten Weltkriegs“, schrieb auch Leonid Slutsky, der Vorsitzende des Ausschusses für internationale Angelegenheiten der Staatsduma, in seinem Telegram-Kanal.

Russischer Ex-Präsident äußert sich zu US-Angriffe auf Iran

Noch drastischere Worte wählte unterdessen der russische Ex-Präsident Dmitri Medwedew, ein langjähriger Weggefährte Putins und nunmehriger Vizechef des russischen Sicherheitsrates. Medwedew, der seit Kriegsbeginn immer wieder mit schrillen Drohungen und vulgären Worten an die Öffentlichkeit tritt, äußerte sich auch am Sonntagmorgen in seinem Telegram-Kanal in der von ihm bekannten Manier – und ließ dabei mit einigen Aussagen aufhorchen.

ARCHIV - 23.12.2024, Russland, Residenz Gorki: Der stellvertretende Vorsitzende des russischen Sicherheitsrates und Chef der Partei "Geeintes Russland", Dmitri Medwedew, leitet eine Sitzung des Präsidiums des Präsidialrates für Wissenschaft und Bildung in der staatlichen Residenz Gorki außerhalb von Moskau. (zu dpa: «Krim-Brücke zerstören? Medwedew nennt Merz einen Nazi») Foto: Ekaterina Shtukina/Sputnik Pool/AP/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

Dmitri Medwedew behauptet, die Atomanlagen des Iran hätten kaum Schaden genommen. (Archivbild)

In zehn Stichpunkten äußerte sich Medwedew zu den US-Angriffen und behauptete dabei, dass die Atomanlagen des Iran „wenig oder gar keinen Schaden“ genommen hätten. Dann folgten brisante Worte: „Die Anreicherung von Nuklearmaterial, und jetzt können wir es direkt sagen – und die künftige Produktion von Atomwaffen – wird fortgesetzt“, verkündete Medwedew. „Eine Reihe von Ländern ist bereit, Iran direkt mit ihren Atomsprengköpfen zu beliefern“, behauptete Medwedew außerdem.

Medwedew glaubt, dass das Regime in Teheran gestärkt wurde

Der Moskauer Lautsprecher stellte noch weitere Thesen in den Raum – und prophezeite, dass die USA nun in einen neuen Konflikt „mit der Aussicht auf eine Bodenoperation hingezogen“ würden. Auch neue Angriffe auf Israel würden nun folgen, schrieb Medwedew weiter. Das Regime in Teheran sei wiederum „mit hoher Wahrscheinlichkeit stärker geworden“, prophezeite Medwedew zudem. Durch die US-Angriffe werde sich die Bevölkerung hinter Ajatollah Ali Chamenei versammeln, so die Prognose aus Moskau.

Die „große Mehrheit der Welt“ sei strikt gegen das Vorgehen von Israel und USA, fügte der Sicherheitsratsvize an – und beendete seine Ausführungen mit einem persönlichen Nadelstich in Richtung von US-Präsident Donald Trump. „Mit solchen Erfolgen wird Trump niemals den Friedensnobelpreis gewinnen, auch wenn die Nominierung korrupt ist. Ein guter Anfang, herzlichen Glückwunsch, Herr Präsident“, schrieb Medwedew in Richtung des Amerikaners, der sich bereits seit Jahren darüber beklagt, dass er nie den Friedensnobelpreis bekommen hat.

Trump hatte sein Klagen darüber vor wenigen Tagen auf seiner Plattform Truth Social wiederholt. „Nein, ich werde keinen Friedensnobelpreis bekommen, ganz egal, was ich tue, ob bei Russland und der Ukraine oder Israel und dem Iran, egal wie das Ergebnis sein wird“, hatte Trump dort geschrieben.

Bei Experten sorgen die Worte aus Moskau unterdessen für Warnungen: „Ein nachhaltiges Ende der nuklearen Bedrohung durch die Mullahs wird es erst geben, wenn gegen die globale ‚Achse des Bösen‘ vorgegangen wird“, ordnete der Historiker und Russland-Experte Matthäus Wehowski die Äußerungen Medwedews am Sonntagmorgen ein. Diese Achse bestehe derzeit aus Russland, dem Iran und China.

Trump wolle allerdings vorrangig „schnelle Erfolge, die ihn kurzfristig als Sieger dastehen lassen“, erklärte Wehowski. Das iranische Nuklearprogramm sei lediglich „verzögert, aber nicht gestoppt“ worden. Auch das islamistische Regime in Teheran sei erst einmal nur „geschwächt, aber nicht beseitigt“ worden, führte der Historiker aus und fügte an: „Das wird alles noch üble Folgen haben.“

Währenddessen kündigte Irans Außenminister Abbas Araghtschi an, zu Gesprächen mit Kremlchef Wladimir Putin nach Moskau zu reisen. Das Treffen sei für Montag geplant, er reise bereits heute nach Russland, sagte er am Sonntag. (mit dpa)