„Wir sind zurück“Philharmonie-Intendant über den Kölner Saisonbeginn

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Langevoort

Louwrens Langevoort, Intendant der Philharmonie Köln

  • Ende des Monats nimmt die Philharmonie Köln ihren Konzertbetrieb wieder auf.
  • Über die durch Corona geschaffenen Rahmenbedingungen und das Programm sprach Hartmut Wilmes mit dem Intendanten Louwrens Langevoort (63).

Am 27. August beginnt Ihr Haus mit dem „Felix!“-Festival. Felix heißt ja vom Glück begünstigt – kann man das momentan wirklich sagen? Langevoort: Wenn Musik erklingt, ist man immer glücklich. Und ich bin froh, dass wir mit einem barocken Originalklang-Festival starten, weil das eher kleine Besetzungen auf der Bühne erfordert. Wir bieten höchste Qualität mit internationaler Strahlkraft an, aber nun müssen sich natürlich die Kölnerinnen und Kölner und das Publikum der Region zum Konzertbesuch unter den jetzigen Umständen entschließen. Wie sind diese Umstände? Wir haben einen mit dem Gesundheitsamt der Stadt Köln abgestimmten Hygieneplan, achten auf Distanz, wobei wir laut Verordnung des Landes NRW d ie Besucher sogar nebeneinander platzieren dürften. Wie viele Zuhörer/innen sind pro Konzert erlaubt? Sogar 2000, wenn die Registrierung ordnungsgemäß erfolgt. Damit das Publikum sich nicht unwohl fühlt, haben wir uns entschlossen, nur die Hälfte, also bis zu 1000 Plätze zu besetzen. Natürlich sind die Konzerte noch nicht ganz so wie gewohnt, es gibt keine Pausen, keine Gastronomie. Die Leute gehen noch mit Mundschutz zu ihrem Patz und dürfen ihn dann, wenn alle im Saal sind, für die 70 bis 80 Minuten der Aufführung abnehmen. Ist diese Dauer jetzt die Regel? Wir haben auch ein Konzert mit Brahms’ erstem Klavierkonzert und Dvoráks siebte Sinfonie, das kommt auf knapp anderthalb Stunden. Das ist schon ein fast normales Programm, wenn man die sonst übliche Pause und vielleicht eine Zugabe dazu addiert.

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Mussten Sie technisch etwas ändern – Stichwort Be- und Entlüftung? Wir haben ohnehin ein sehr gutes Belüftungssystem, das wird natürlich aktiviert, auch zwischen den Konzerten. Gleiches gilt für die ohnehin gründliche Reinigung. Da ist alles in Ordnung. Und wie sieht es für die Musiker auf dem Podium aus? Wir wahren die vorgeschriebenen Distanzen, also anderthalb Meter, bei Bläsern etwas mehr. So können wir bis 50 Künstler auf der Bühne unterbringen, die wir für viele Programme auch brauchen. Was ich hoffe: dass man in NRW wenigstens die Streicher an ein Pult ansetzen kann. Das ist noch Wunschdenken, aber es ist für mich nicht nachvollziehbar, dass im Flugzeug alle nebeneinander sitzen dürfen, aber nicht zwei Streicher an einem Pult. Sollte sich das ändern, wären wir mit sehr viel mehr geplanten Programmen gerettet. Also gibt es erst einmal keinen „Zarathustra“ von Richard Strauss… Romantisches Repertoire, etwa Brahms-Sinfonien oder -Klavierkonzerte oder Werke von Dvorák wird es geben, auch manches aus dem 20. Jahrhundert, aber tatsächlich erst einmal kein „Heldenleben“ und keine Mahler-Sinfonien. Inwiefern schlagen die Quarantänepflichten für Einreisende aus Risikoländern für Ihr Haus durch? Aktuell nicht. Sicher, Künstler aus Amerika oder Russland dürfen nicht kommen, aber wir haben ja ohnehin ein modifiziertes europäisches Programm konzipiert. So kommt etwa das Mahler Chamber Orchestra anstelle des vorgesehenen Cleveland Symphony Orchestra. Überhaupt haben wir unglaublich gute Ersatzorchester verpflichtet. Und der Vorverkauf? Wir haben keine Abos für große Konzerte bis zum 31. Dezember aufgelegt, weil die Erstattung bei etwaigen Ausfällen se hr kompliziert wäre. Aber die Kammermusik ist wieder ordentlich in den Vorverkauf gegangen. Ich bin glücklich, wenn ihre Leser jetzt wissen, dass sie Karten für die Konzerte der Sächsischen Staatskapelle unter Myung-Whun Chung mit András Schiff am 23. September und der Münchner Philharmoniker mit Valery Gergiev am Pult und der Geigerin Janine Jansen als Solistin am 12.9. kaufen können. Auch die Berliner Philharmoniker sollen noch kommen (vorgesehen ist der 5. November, an dem eigentlich die russische Nationalphilharmonie hätte gastieren sollen, d. Red.). Wie bekommt man Karten? Die Eintrittskarten werden momentan nur frei verkauft und zwar pro Monat. Sie können also jetzt Karten bis zum 30. September kaufen, und ab 1. September bis zum 31. Oktober. Unsere Abonnenten können allerdings jetzt schon mit Rabatt Karten bis zum Jahresende erwerben. Statt unserer üblichen Jahresvorschau legen wir übrigens entsp rechend stets eine Monatsvorschau aus. Aus Salzburg konnte man lesen, dass es im Saal ruhiger geworden sei, weil jeder Huster als Virus-Attacke gesehen wird. Das wäre ein positiver Nebeneffekt, oder? Schon, aber ruhige Konzerte hat es auch vor Corona gegeben. Ein konzentriertes Publikum ist immer sehr leise. Sie haben schon früh gesagt, dass man sich aufgrund des Lockdowns um die freischaffenden Künstler sorgen müsse. Wie sieht es da aus? Wir geben ihnen nun wieder Auftrittsmöglichkeiten, nicht nur auf klassischem Gebiet, sondern wir holen auch einige der ausgefallenen „Acht-Brücken“-Termine nach. Wenn die Krise jedoch länger dauert, könnte es neben großen Problemen für die Musiker auch ein Sterben der Konzertsäle geben. Denn wenn wir nicht vermieten können, geraten wir in die Miesen. Aber jetzt haben wir sehr schöne Konzerte vor – so, wie man das von uns gewohnt ist und einige Monate lang nicht erleben konnte. Wir sind zurück und hoffen, dass das Publikum auch kommt.

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